Bertelsmann:Jagd nach Punkten

Bertelsmann will im Geschäft mit Kundenkarten mitmischen - obwohl die Geldbörsen vieler Verbraucher schon mit Plastikrechtecken überquellen.

Stefan Weber

Der Wettstreit der Anbieter von Kundenkarten um einen Platz in den Portemonnaies der Verbraucher geht in eine neue Runde. Denn die beiden führenden Bonusprogramme in Deutschland, Payback und Happy Digits, erhalten in Kürze starke Konkurrenz. Die Bertelsmann-Tochter Arvato will ein drittes branchenübergreifendes Kartensystem aufbauen. "Wir starten im ersten Halbjahr 2008", bestätigte ein Unternehmenssprecher der Süddeutschen Zeitung.

Bertelsmann

Noch ein Plastikkärtchen mehr im Geldbeutel - das wünscht sich Bertelsmann von den Verbrauchern.

(Foto: Foto: dpa)

Die Betreiber von Payback und Happy Digits wetteifern seit Jahren um Kunden und Partnerunternehmen, bei denen die Karteninhaber Punkte sammeln und diese später gegen Prämien eintauschen können. Nach einer Studie des Marktforschungsunternehmens GfK ist Payback mit Partnern wie Aral, der Drogeriekette dm, Kaufhof und Real das am meisten verbreitete Bonusprogramm in Deutschland. Etwa 61 Prozent aller Haushalte besitzen eine Payback-Karte, gefolgt von Happy Digits mit einer Verbreitung von 42 Prozent.

Der Branchenzweite, dessen Gesellschafter die Deutsche Telekom und der inzwischen als Arcandor firmierende Karstadt-Quelle-Konzern sind, hat den Abstand zum Marktführer zuletzt deutlich verkleinert. "Mit monatlich 150 000 neuen Kunden wachsen wir sehr viel schneller als Payback", sagte Thorsten Franz, Geschäftsführer von Costumer Advantage Programm (CAP), dem Betreiber von Happy Digits, der SZ.

An der Grenze

Beide Konkurrenten sind sich einig, dass der deutsche Markt für Kundenkarten die Sättigungsgrenze erreicht hat: "Die Geldbörsen vieler Verbraucher quellen über mit Plastikrechtecken. Marktanteile lassen sich nur noch auf Kosten von Mitbewerbern gewinnen", heißt es. Mit Arvato betritt aber nun ein neuer Mitspieler das Feld. Die Bertelsmann-Tochter ist bisher unter anderem bekannt als Anbieter verschiedener Dienstleistungen rund um die Kundenbeziehung - vom Adresshandel über Bonitätsprüfungen, Direktmailings bis zu Inkassodiensten. Unter anderem wickelt das Unternehmen das Miles & More-Programm der Lufthansa ab.

Für das Projekt mit dem Namen "DeutschlandCard" hat Arvato nach eigenen Angaben bisher die Edeka-Gruppe, die Deutsche Bank, den Pharmagroßhandel Gehe, die Reisebürokette L'Tour sowie die Porta-Einrichtungshäuser gewonnen.

"Markt mit Potential"

Mit weiteren möglichen Partnern sei man im Gespräch, verlautet aus der Firmenzentrale in Gütersloh. Die Konkurrenz gibt sich gelassen. "Wenn ein Unternehmen wie Bertelsmann künftig auch Bonusprogramme betreiben will, so zeigt dies, dass der Markt noch gehöriges Potential besitzt", sagte CAP-Geschäftsführer Franz. Auch bei Loyality Partner, dem Betreiber des Payback-Programms, heißt es selbstbewusst: "Als Marktführer fürchten wir keinen neuen Mitbewerber."

Jagd nach Punkten

Allerdings haben die Konkurrenten großen Respekt vor der Finanzkraft, mit der Bertelsmann die DeutschlandCard in den Markt drücken könnte. Dafür müsste es dem neuen Kartenbetreiber allerdings zunächst gelingen, deutlich mehr Firmen vor allem aus dem Handel an sich zu binden. Das erweist sich offensichtlich als sehr schwierig.

"Spreu trennt sich vom Weizen"

Nach Informationen aus der Branche hat Arvato aus diesem Grund den Zeitplan für das Projekt DeutschlandCard bereits einmal korrigieren müssen. Mit dem größten deutschen Lebensmittelhändler Edeka verfügt die Bertelsmann-Tochter zwar inzwischen über einen zugkräftigen Partner. Aber bei weitem nicht alle Händler der genossenschaftlich organisierten Gruppe sind Insidern zufolge daran interessiert, bei dem Bonusprogramm mitzumachen. Vor allem in der Region Rhein-Ruhr sollen sich die Karteninitiatoren zahlreiche Absagen von Edeka-Händlern eingehandelt haben. Arvato nimmt zum Stand des Projekts keine Stellung. Zu Beginn des nächsten Jahres würden Einzelheiten bekanntgegeben, heißt es.

Mit dem Markteintritt von Bertelsmann wird sich der Wettbewerb erheblich erhöhen. Schätzungen zufolge sind derzeit etwa 100 Millionen Karten in Umlauf. Jeder erwachsene Bundesbürger besitzt mindestens zwei solcher Plastikstücke. "Im nächsten Jahr trennt sich die Spreu vom Weizen", prognostiziert ein Sprecher von Loyality Partner, zu deren Gesellschaftern die Metro und Roland Berger gehören. Bedroht sind nach seiner Einschätzung vor allem Karten, die der Kunde nur bei einer Einkaufsstätte einsetzen kann. Allenfalls hochspezialisierte Bonusprogramme wie Miles & More von der Lufthansa würden auch künftig stark gefragt sein.

Die Pläne von Arvato treiben die Betreiber von Payback und Happy Digits an, ihr Partnernetz zu vergrößern. "Jeder spricht mit jedem", heißt es in der Kartenbranche. Payback hatte in diesem Juni die Kündigung der Baumarktkette Obi zu verkraften und sucht nun nach Ersatz in der Heimwerkerbranche. Kooperationspartner wünscht sich der Marktführer zudem im Elektronik-, Möbel- und Textilhandel sowie in der Systemgastronomie. Happy-Digits-Betreiber CAP sieht Handlungsbedarf vor allem in den Bereichen Drogerien, Tankstellen und Baumärkte.

Von mehreren Seiten intensiv umworben wird die Rewe-Gruppe, der zweitgrößte deutsche Lebensmittelhändler. Die Discounter werden die Betreiber von Kundenkarten nach eigener Einschätzung so rasch nicht für ihre Programme gewinnen können. "Aber in ein, zwei Jahren könnte dies ein Thema werden, denn auch der Wettbewerb im Discount nimmt zu", meint Franz. Für Happy Digits setzt er künftig verstärkt auf lokale und regional tätige Händler, von denen er in den nächsten Jahren mehr als 10000 als Partner gewinnen will.

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