Berliner Baustadtrat:"Entscheidend ist, dass die Mieten bezahlbar sind"

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Florian Schmidt (Bündnis 90/Grüne) ist Baustadtrat für den Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg. Von 2012 bis 2016 koordinierte er den runden Tisch im Abgeordnetenhaus für die Neuausrichtung der Berliner Liegenschaftspolitik. (Foto: oh)

Florian Schmidt hält die Kritik an Milieuschutzgebieten für unbegründet - und wünscht sich andere Vermieter.

Interview von Lars Klaaßen

Wohnungspolitik muss Mieter vor Verdrängung schützen, fordert Florian Schmidt, Berliner Lokalpolitiker.

SZ: In Milieuschutzgebieten werden sogenannte Luxussanierungen nicht genehmigt. Hält das im Zweifel nicht Eigentümer davon ab, ihr Haus energetisch zu ertüchtigen?

Florian Schmidt: Modernisierungen auf den normalen Standard oder Instandsetzungen sind davon nicht betroffen. In Milieuschutzgebieten gucken wir jedoch darauf, dass die Mieten durch Modernisierungen nicht unnötig nach oben getrieben werden. So hat der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg kürzlich mit der Deutsche Wohnen SE einen Vertrag geschlossen, der eine Reihe von Maßnahmen vorsieht, um die sozialverträgliche Umlage von Modernisierungsmaßnahmen sicherzustellen. Die Modernisierungsumlage für die Fassadendämmung etwa wird auf 40 Prozent des sonst üblichen Anteils begrenzt. Außerdem können die betroffenen Mieter einen finanziellen Härtefalleinwand geltend machen. So kann bei keinem Haushalt die Bruttowarmmiete mehr als 30 Prozent des Haushaltseinkommens betragen.

Der Einbau von Aufzügen wird in Milieuschutzgebieten in der Regel nicht genehmigt. Führt das angesichts einer alternden Bevölkerung nicht schnell zu einer Verdrängung?

Diese Behauptung kommt nicht von Betroffenen, sondern von der Immobilienlobby. Zum einen werden Aufzüge, die nur geringe Mieterhöhungen zur Folge haben, durchaus genehmigt. Zum anderen haben wir im Bezirk das akute Problem der Altersarmut in erheblichem Umfang. Viele der davon betroffenen Menschen könnten ihre Miete nicht mehr bezahlen, würde in ihrem Haus ein teurer Aufzug eingebaut. Entscheidend ist, dass die Mieten bezahlbar sind. Um das sicherzustellen, soll der Anteil der Wohnhäuser im Bezirk, die gemeinwohlorientiert betrieben werden, deutlich steigen. Dabei hilft der Milieuschutz, aber es braucht auch neue Strategien.

Das bringt uns zum Vorkaufsrecht. In solchen Fällen wird Geld ausgegeben, um bestehende Wohnungen zu kaufen, statt neue zu bauen. Ist das sinnvoll?

Das Vorkaufsrecht üben wir gemeinsam mit städtischen Wohnungsbaugesellschaften aus. Es können auch Stiftungen, Genossenschaften oder die Mietergemeinschaft selbst sein oder private gemeinwohlorientierte Eigentümer, die sich dem Milieuschutz verpflichten. Das Volumen der Zuschüsse ist im Vergleich zum Bedarf für Neubau marginal. Nicht immer braucht es einen Zuschuss, und Abwendungsvereinbarungen gibt es ohne Kauf. Im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg wurde bislang in 14 Fällen das Vorkaufsrecht ausgeübt, und Abwendungen in 15 Fällen, für insgesamt 571 Wohnungen. Zusammen mit Ankäufen ohne Vorkaufsrecht haben wir seit einem Jahr rund 1000 Wohnungen gesichert, das sind etwa 0,8 Prozent des Wohnungsbestandes im Bezirk. In den kommenden vier Jahren ist im Bezirk zudem der Neubau von rund 6500 Wohnungen geplant, davon etwa 3000 durch gemeinwohlorientierte Träger wie die gerade von mir genannten. Von diesen Wohnungen soll wiederum etwa die Hälfte sozialverträglich, zu maximal 6,50 Euro, vermietet werden. In einem Innenstadtquartier ist Neubau aber mangels Bauland nur begrenzt möglich. Umso besser ist es, wenn der Anteil gemeinwohlorientierter Vermieter durch Vorkaufsrecht steigt. Unser Ziel ist es, den Anteil an gemeinwohlorientierten Häusern im Bezirk von 25 auf 50 Prozent zu steigern. Ein neues Konzept hierfür ist eine Bürgerstiftung, die mit Spenden arbeitet.

© SZ vom 11.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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