BayernLB: Schadenersatzforderungen:Alle mal zahlen, bitte!

Bayerns Landesbank hat Milliarden in Österreich und auf dem Balkan versenkt, jetzt soll der alte Vorstand Schadenersatz zahlen. Der letzte Verantwortliche muss außerdem seinen Stuhl räumen. Wer alles bluten soll - ein Überblick.

Klaus Ott

Es war offenbar ein Kauf um jeden Preis, als die BayernLB vor drei Jahren die Hypo Alpe Adria übernahm. Nun wird allen acht damaligen Vorstandsmitgliedern die Quittung dafür präsentiert, in Form von Schadenersatzforderungen und einem Rauswurf. Glimpflich davon kommt dagegen der frühere Verwaltungsrat, obwohl er die Bank nach Erkenntnissen von Gutachtern ziemlich nachlässig kontrolliert hat. Ein Überblick.

Ex-BayernLB-Vorstände sollen Schadenersatz leisten

Die ehemaligen BayernLB-Vorstände sollen Schadenersatz leisten: links im Bild der frühere Vorstandsvorsitzende Werner Schmidt, rechts sein Nachfolger Michael Kemmer.

(Foto: dpa)

Werner Schmidt, von 2001 bis 2008 Vorstandschef, ist nach Ansicht der von der Landesbank eingeschalteten Kanzlei Hengeler Müller der Hauptverantwortliche für das Desaster und soll deshalb am meisten zahlen. Schmidt selbst bestreitet, an dem Desaster schuld zu sein. Nach Angaben aus Regierungskreisen in Bayern ist ein Millionenbetrag fällig. Schmidt wurde 2001 vom damaligen Finanzminister Kurt Faltlhauser im Einvernehmen mit Regierungschef Edmund Stoiber geholt, um Milliardenrisiken der Landesbank beim Medienmulti und CSU-Freund Leo Kirch sowie in Asien zu bewältigen. Er musste im März 2008 vorzeitig gehen, nachdem er ohne Absprache mit der Regierung öffentlich neue Milliardenrisiken bei US-Finanzanlagen eingeräumt und somit Finanzminister und CSU-Chef Erwin Huber blamiert hatte.

An zweiter Stelle bei den Verantwortlichen nennen die Gutachter Michael Kemmer und Gerhard Gribkowsky. Sie sollen als Mitglieder eines für den Kauf der Hypo Group Alpe Adria (HGAA) eingesetzten Lenkungsausschusses zusammen mit Schmidt mehr Informationen über das fragwürdige Geschäft gehabt haben als der übrige Vorstand. Ihnen soll von Beratern explizit gesagt worden sein, die BayernLB müsse sich gegen Altlasten und Risiken bei der HGAA absichern, was nicht geschah.

Kemmer kam Mitte 2006 von der HypoVereinsbank als neuer Finanzvorstand in die BayernLB und wurde im März 2008 Vorstandschef der Landesbank. Ende 2009 musste er vorzeitig gehen, als die BayernLB die Hypo Alpe Adria mit einem Verlust von 3,7 Milliarden Euro an die Republik Österreich abstieß. Inzwischen ist er Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Deutscher Banken. Sollte er zahlen, müsste das nicht automatisch das Ende seiner Karriere bedeuten. Kemmer selbst und sein Anwalt wollten sich nicht zu dem Verfahren äußern. Im Schmiergeldskandal bei Siemens hat der frühere Konzernchef Klaus Kleinfeld zwei Millionen Euro an das Unternehmen gezahlt, aber ohne Anerkenntnis einer Schuld; Kleinfeld blieb Chef des US-Konzerns Alcoa.

Gerhard Gribkowsky musste im Frühjahr 2008 als Risikovorstand der Landesbank nach einem Zerwürfnis zwischen dem Verwaltungsrat und ihm vorzeitig gehen. Er war offenbar auf Empfehlung des früheren Wirtschaftsministers Otto Wiesheu in den Vorstand gekommen. Gribkowsky äußert sich nicht zu den aktuellen Entwicklungen.

Enger Vertrauter Stoibers

An dritter Stelle kommen dem Gutachten zufolge die früheren Vizechefs der BayernLB, Rudolf Hanisch und Theo Harnischmacher. Sie hätten zusammen an mehreren Gesprächen über den Kauf der HGAA teilgenommen und zusammen mit Schmidt mehrere wichtige Schreiben unterzeichnet.

Aufsichtsrat Hypo Group Alpe Adria

Politikum BayernLB - jetzt sollen ehemalige Vorstandsmitglieder zahlen.

(Foto: ag.dpa)

Hanisch war bis 1999 Amtschef in der Staatskanzlei von Ministerpräsident Edmund Stoiber und als solcher einer von Stoibers engsten Vertrauten. Er wechselte dann in die Landesbank und rückte dort zum stellvertretenden Vorstandschef auf. Hanisch galt in der Landesbank aufgrund seiner früheren Tätigkeit bei Stoiber als Verbindungsmann zur Staatsregierung und führte das eine oder andere vertrauliche Gespräch mit dem jeweiligen Ministerpräsidenten. Er musste im Frühjahr 2009 nach Milliardenverlusten bei internationalen Finanzspekulationen vorzeitig gehen. Zur aktuellen Entwicklung äußert sich Hanisch nicht.

Harnischmacher war von 2001 bis 2009 Vorstandsmitglied und schließlich ebenso wie Hanisch Vizechef der Landesbank. Er wurde als Vertreter der Sparkassen, die ursprünglich zur Hälfte an der Landesbank beteiligt waren, in den Vorstand aufgenommen. Seine Berufung war ein Ausgleich dafür, dass die Sparkassen 2001 von der Staatsregierung Werner Schmidt als neuen Bankchef vorgesetzt bekommen hatten. Bei einem Termin mit Stoiber und Faltlhauser forderten die kommunalen Kreditinstitute einen "Sparkassenmann" im Landesbank-Vorstand. Die Wahl fiel auf Harnischmacher, der von der Sparkasse Miltenberg-Obernburg am Untermain kam. Er musste 2009 ebenso wie Hanisch vorzeitig gehen.

Die geringste Schuld von den damaligen Vorstandsmitgliedern trifft den Gutachtern zufolge Stefan Ropers, Dieter Burgmer, und Ralph Schmidt. Sie hätten nicht aktiv am Kauf der HGAA teilgenommen, aber ihre internen Überwachungspflichten bei diesem Geschäft verletzt.

Stefan Ropers ist seit 2002 Vorstandsmitglied der BayernLB. Er ist der einzige Manager, der aus jenen Jahren übrig geblieben ist, als die Landesbank in Übersee und bei der Hypo Alpe Adria Milliarden verlor. Doch nun muss auch der 55-Jährige seinen Posten räumen.

Ropers sei mit sofortiger Wirkung von seiner Tätigkeit entbunden worden, sagte ein Sprecher des bayerischen Finanzministeriums am Dienstag und bestätigte damit Berichte des Bayerischen Rundfunks. Ropers verantwortete seinerzeit in dem Gremium das Geschäft mit großen Firmenkunden, zuletzt war er für das kundenbezogene Kapitalmarktgeschäft im BayernLB-Vorstand verantwortlich.

Burgmer war Mitte 2007 als Vorstandsmitglied fristlos gekündigt worden, nachdem die Landesbank bei einem Aktiengeschäft 45 Millionen Euro verspekuliert hatte. Der damalige Finanzminister Kurt Faltlhauser sagte, in so einem Fall müssten "nicht nur Indianer, sondern auch Häuptlinge" büßen. Burgmer klagte erfolgreich gegen seine Kündigung, die BayernLB musste daraufhin Gehalt nachzahlen.

Von Ralph Schmidt trennte sich die Landesbank im März 2010 "im gegenseitigen Einvernehmen", wie es offiziell hieß, nachdem er erst ein Jahr zuvor neben seiner Tätigkeit als Risikovorstand weitere Aufgaben übernommen hatte. Er war Mitte 2006 in den Vorstand der Landesbank aufgerückt.

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