BayernLB in Not:Bayerische Bad Bank

Verärgerte Mitarbeiter, eine mächtige EU-Kommission und nun auch noch eine Abwicklungseinheit für den Hausmüll: Die vielen Fronten von BayernLB-Chef Kemmer.

Thomas Fromm

Es gab Zeiten, da konnte Michael Kemmer sicher sein, dass seine Belegschaft bedingungslos hinter ihm stand. Nie waren der BayernLB-Chef und seine Mitarbeiter so eng beieinander wie in jener Nacht im Oktober 2008, als über 1000 Banker für ihren Chef demonstrierten - und sich so gegen die bayerische Landesregierung durchsetzten.

BayernLB, dpa

Eine Zeitlang stand die BayernLB-Belegschaft bedingungslos hinter Kemmer - doch es war klar, das irgendwann mit der Harmonie Schluss sein würde.

(Foto: Foto: dpa)

Klar war schon damals, dass irgendwann Schluss sein würde mit der ganz großen Harmonie. Fünf Milliarden Euro Verlust, ein milliardenschweres Hilfsprogramm vom Freistaat, dazu die EU-Kommission in Brüssel, die den Umbau mit Argusaugen beobachtet und einen Rückzug des Freistaats fordert. Dass Kemmer irgendwann sparen und umbauen musste und damit den Rückhalt bei vielen Mitarbeitern in der Münchner Brienner Straße verlieren würde, war klar.

Der Chef streicht Boni, Arbeitsplätze und Geschäftsfelder - jetzt proben erste Mitarbeiter den Aufstand. "Ihre Entscheidungen wirken bereits jetzt als außerordentliches Konjunkturprogramm für die Münchner Anwaltskanzleien", heißt in einem an den Vorstand gerichteten Brief eines Mitarbeiters, der der SZ vorliegt. Es habe sich "noch niemals rentiert, die 'Esel', die den Karren wieder aus dem Dreck ziehen sollen, zu schlagen".

Es geht auch um Boni

Es ist die Geschichte einer schleichenden Entfremdung. Angefangen hatte es Mitte Mai. Damals verkündete Kemmer im firmeneigenen Intranet, dass "die gegenwärtige finanzielle Situation der Bank eine zusätzliche Honorierung in Form einer leistungsorientierten Vergütung" nicht zulasse.

Im Klartext: Es gab keine Boni mehr. Entsetzt waren vor allem diejenigen, deren variable Gehaltsteile nicht viel mehr als das Weihnachts- und Urlaubsgeld ausmachten. Dass ausgerechnet die Manager, die am bankinternen Sanierungsprogramm "Herkules" mitgearbeitet hatten, dafür gesondert honoriert wurden, bringt Mitarbeiter zusätzlich in Wallung. Sonderboni für's Stellenstreichen?

"Dabei handelte es sich doch nur um eine überschaubare Projektprämie für einen überschaubaren Kreis von Mitarbeitern", sagt ein Banksprecher heute. Man sei sich darüber bewusst, dass der Umbau "ein schmerzhafter Prozess" sei. Er sei jedoch "alternativlos". Außerdem arbeiteten trotz aller Kritik "viele Mitarbeiter mit hohem Engagement daran, das Schiff wieder flott zu machen".

Dennoch: Der Druck im Kessel steigt, und er geht bis nach ganz oben. Oft gilt die Wut gar nicht so sehr Kemmer, sondern seinen Vorgängern. "Von den Verantwortlichen für die Situation (...) sind die meisten inzwischen gegangen und im Ruhestand", heißt es in einem Protestbrief an den Vorstand. Bedauerlich sei, dass diese "keine Abstriche bei der Altersversorgung hinnehmen" müssten. Dies müssten nur "diejenigen, die bleiben und aufräumen".

Nicht alles lässt sich für Kemmer in diesen Tagen so einfach zur Seite schieben wie Giftpapiere und unliebsame Geschäfte, die die Bank nun in einer eigenen Einheit zusammenfassen will. Alles, was künftig nicht mehr zum Kern der Bank gehört, soll zum 1. Juli in die sogenannte "Restrukturierungseinheit" gepackt werden:Wackelige Wertpapiere im Wert von zuletzt 19,6 Milliarden Euro, das Geschäft mit Flugzeug- und Schiffsfinanzierungen, ungeliebte Kreditpakete. Insgesamt soll die Einheit 30 Milliarden Euro schwer sein.

"Teile nur gedanklich abgetrennt"

Doch sind die Geschäftsbereiche weder aus den Augen noch aus dem Sinn: Anders als etwa bei der WestLB, die Milliardenrisiken aus der Bilanz ausgelagert hat, hängen sie bei der BayernLB auch weiterhin in der Bilanz. "Wir haben die Teile nur gedanklich abgetrennt", heißt es dazu. Es gehe darum, die künftige Strategie der BayernLB festzuzurren: Die Geschäfte mit dem deutschen Mittelstand, die Zusammenarbeit mit den Sparkassen, der bayerische Heimatraum, das alles wäre die künftige gute BayernLB.

Der Rest eine Art "Bad Bank" - auch wenn das die BayernLB selbst nie so nennen würde. Denn schließlich werden sich auch einige Hundert Mitarbeiter, deren Jobs schon lange nicht mehr zum "Kerngeschäft" des Hauses gehören, am 1. Juli plötzlich in dieser "Restrukturierungsheinheit" wiederfinden. Die Bank legt Wert auf die Feststellung, dass dies nicht automatisch bedeute, dass die Jobs dieser Mitarbeiter gefährdet seien.

Immerhin will Kemmer fast 6000 der 20.000 Mitarbeiter in den nächsten Jahren abbauen. "Wer jetzt Teil der Abwicklungseinheit ist, macht sich da nicht unbedingt große Hoffnungen", so ein Mitarbeiter. Kemmers agiert im Spannungsfeld von bayerischer Politik, europäischer Bürokratie und Mitarbeiterinteressen.

Dazu kommt die offene Zukunft von Großbeteiligungen wie die Klagenfurter Osteuropa-Bank Hypo Alpe Adria (HGAA) oder der ungarischen MKB. Sie sollen früher oder später verkauft werden - sodenn sie jemand für einen angemessenen Preis haben will. Zuletzt hatte Kemmer von der "Kapitalmarktfähigkeit" der Institute gesprochen. Gemeint ist damit wohl, dass irgendwann wieder so gut laufen, dass sie verkäuflich sind oder an die Börse gebracht werden.

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