BayernLB: Formel-1-Affäre:Guter Rat für Bernie

So viel Cash: Zeugenaussagen nähren den Verdacht, dass Formel-1-Chef Ecclestone der heimliche Geldgeber von BayernLB-Vorstand Gribkowsky war.

Klaus Ott und Nicolas Richter

Im Dezember 2007 soll Bernie Ecclestone, der Herr der Formel 1, wütend bei einem Anwalt in Salzburg angerufen haben. Der Advokat hatte ihm zuvor einen Brief geschickt, den Ecclestone offenbar unverschämt fand: Herr Ecclestone zahle nie pünktlich, hieß es darin, das sei schon lange ein Ärgernis. Ecclestone schulde dem Berater Gerhard Gribkowsky, damals Vorstandsmitglied von Bayerns Landesbank, noch einige Millionen Dollar.

Formel 1 - GP Kanada - Bernie Ecclestone

Bernie Ecclestone bestreitet alle Vorwürfe.

(Foto: dpa)

Diese Mahnung, "streng persönlich und vertraulich" an ihn gerichtet, soll Ecclestone so geärgert haben, dass er am Telefon eine Weile geschimpft und dann sinngemäß gefragt habe: "Wissen Sie, was ich von Ihrem Brief halte?"

Der Anwalt will dann im Telefon ein elektrisches Summen, ein Rascheln und Knistern vernommen haben. Bernie Ecclestone soll den Hörer nah an einen Papier-Schredder gehalten haben.

So hat es der Anwalt später im Beisein seines Mandanten Gribkowsky und einiger Vertrauter erzählt. Und das wiederum haben einige der damaligen Vertrauten jetzt bei der Münchner Staatsanwaltschaft als Zeugen ausgesagt.

Für die Ermittler ist jedes Detail dieser Anekdote wichtig, denn der Mahnbrief und das offenbar unschöne Telefonat sind wichtige Indizien dafür, dass Bernard Charles Ecclestone die Zahlung jener 50 Millionen Dollar veranlasste, die Gribkowsky dann in Österreich versteckte und wegen derer er seit einem Monat in Untersuchungshaft sitzt.

Staatsanwaltschaft prüft Beweislage

Die Strafverfolger vermuten, Gribkowsky sei geschmiert worden, damit die Landesbank ihren Formel-1-Anteil unter Marktpreis an einen Investor verkauft habe und Ecclestone Chef der Rennserie bleiben konnte. Gribkowskys Verteidiger will sich während der Ermittlungen grundsätzlich nicht äußern.

Ecclestone wiederum bestreitet, von solchen Zahlungen an Gribkowsky zu wissen. Doch rückt der 80-jährige Formel-1-Chef immer mehr ins Zentrum der Ermittlungen. Offenbar prüft die Staatsanwaltschaft, ob sie genügend Belastungsmaterial hat, um ihre britischen Kollegen um Rechtshilfe bitten und gegen Ecclestone vorgehen zu können.

Denn der Staatsanwaltschaft liegen inzwischen noch mehr Hinweise auf Ecclestone vor. Die Fahnder haben ein halbes Dutzend Geschäftsleute und Anwälte vernommen, die früher für Gribkowsky tätig waren, vor allem in dessen österreichischer Privatstiftung "Sonnenschein". Dort hat der Banker die vielen Millionen aus der Formel 1 angelegt.

Gribkowsky will Ecclestone beraten haben

Die Zeugen haben übereinstimmend ausgesagt, was ihnen Gribkowsky über die Herkunft des Geldes berichtet habe: Das Vermögen stamme von Ecclestone, es handele sich um Honorare. Er, Gribkowsky, berate den Formel-1-Herrscher in finanziellen Angelegenheiten, und er sei dessen "Verbindungsmann" zur deutschen Autoindustrie. Gribkowsky habe mit seinen guten Kontakten zu "Bernie" geprotzt.

Die BayernLB hatte, auf Vorschlag von Vorstandsmitglied Gribkowsky, ihre Formel-1-Anteile Ende 2005 an den Investor CVC verkauft und mitgeteilt, dass der umstrittene Ecclestone Chef der Rennserie bleibe. In den folgenden Jahren erhielt der Münchner Banker dann von zwei Briefkastenfirmen ein Beratungshonorar in Höhe von etwa 50 Millionen Dollar.

Man sei davon ausgegangen, dass es sich bei den beiden Gesellschaften um "Ecclestone-Firmen" handele, haben Gribkowskys frühere Vertraute als Zeugen bei der Justiz ausgesagt.

Ecclestone hätte keinen Berater gebraucht

Wenn das stimmen sollte, dann wäre das viele Geld vom Formel-1-Chef gekommen, aber wohl kaum als Beraterhonorar, wie der Banker seinen Helfern offenbar weismachen wollte. Ecclestone ist gewieft und gerissen, er hätte wohl keinen Landesbank-Manager aus Bayern gebraucht, der ihm Investment-Tipps gibt oder Kontakte zu deutschen Autokonzernen verschafft. Die hat er selbst.

Der Brite lag Mitte des vergangenen Jahrzehnts in einem zehrenden Streit mit Mercedes, BMW und fast allen anderen Unternehmen aus dem Rennzirkus. Die Konzerne verlangten höhere Anteile an den Erlösen und mehr Mitsprache; sie drohten sogar, ohne Ecclestone eine eigene Rennserie aufzubauen. Allerdings scherte Anfang 2005 der Traditionsrennstall Ferrari aus, es folgten weitere, bis Mitte 2006 alle Konzerne ankündigten, mit Ecclestone im Geschäft zu bleiben.

Gribkowsky soll später im Freundeskreis damit angegeben haben, dass er "die Formel 1 wieder auf die Schiene" gebracht habe. Er habe dafür gesorgt, dass die Rennserie weiterhin mehrere Milliarden Euro wert sei, und dafür habe er eine "Maklerprovision" bekommen.

Eine unwahrscheinliche Version. Im kleinen Zirkel der Formel 1 kennt man sich seit Jahren. Ecclestone und die Autobosse haben oft hart verhandelt und gestritten, aber es herrschte auch Respekt. Ein Verbindungsmann aus Bayern wäre überflüssig gewesen.

Gribkowsky, ein Neuling in der Szene, stieß erst dazu, als der Landesbank nach der Pleite ihres größten Kreditkunden, des Medienunternehmers Leo Kirch, dessen Formel-1-Anteile zufielen. "Für Gespräche mit Ecclestone brauchten wir doch keinen Gribkowsky", sagt ein Automanager, "er war doch derjenige, der lernen und sich die Sachen erklären lassen musste."

So bleibt der Verdacht, die BayernLB habe auf Betreiben Gribkowskys die Formel 1 weit unter Wert verkauft. Davon hätten sowohl der Käufer CVC als auch der alte und neue Manager Ecclestone profitiert.

Leo Kirch fühlt sich betrogen

Diesen Verdacht hegt inzwischen auch Leo Kirch. Seine Anwälte Peter Gauweiler und Wolf-Rüdiger Bub haben der Landesbank geschrieben, das Geschäft schädige auch den Alt-Eigentümer Kirch massiv. Der unter "sittenwidrigen Bedingungen" zustande gekommene Deal müsse rückgängig gemacht werden.

Kirchs Formel-1-Anteil sei 2001 von der Wirtschaftsprüfgesellschaft KPMG mit zwei Milliarden Euro bewertet worden. Die BayernLB habe erklärt, dass die Formel 1 mehrere Milliarden wert sei, und habe dann "in einem radikalen Kurswechsel" ihren Anteil für nur 860 Millionen Dollar "verschleudert".

Ob das wahr ist, prüft nun die Staatsanwaltschaft. CVC und Ecclestone jedenfalls erklären, es sei alles in Ordnung gewesen. Das hat auch Gribkowsky beteuert, bevor er verhaftet wurde.

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