BayernLB: Beratertätigkeit des Ex-Chefs:Trinkgeld inklusive

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Brot und Spiele: Ex-BayernLB-Chef Werner Schmidt genoss nach seinem Rücktritt unvergessliche Ausflüge nach Österreich - als Berater der Hypo Alpe Adria.

Hans Leyendecker und Klaus Ott

Der Lieblingsfilm des Ex-Bankiers Werner Schmidt ist "Casablanca"; der Kultfilm, in dem die Mythen am Ende lebendiger wirken als die Realität: "Wer bist du wirklich? Und was warst du vorher? Was hast du getan, und was hast du gedacht?", fragt der Nachtclubbesitzer Rick seine frühere Geliebte Ilsa, und die antwortet: "Wir haben doch ausgemacht, keine Fragen."

Im wahren Leben verlaufen die Dialoge anders - jedenfalls dann, wenn Strafverfolger mitreden. Wer Schmidt ist, weiß die Staatsanwaltschaft München I, die gegen den 66-Jährigen ermittelt, ganz genau.

Der schwäbische Bankkaufmann war 2001 Chef der BayernLB geworden. Am 1.März 2008 musste er zurücktreten, nachdem er öffentlich und ohne Absprache mit der Landesregierung Milliardenrisiken der BayernLB bei US-Hypothekenpapieren zugegeben hatte. Kurz darauf agierte der Ex-Landesbanker bereits wieder in der Branche, nun als Berater der Hypo Group Alpe Adria (HGAA) aus Kärntens Hauptstadt Klagenfurt. Jener Bank, die im Jahr zuvor von der BayernLB gekauft worden war.

Grandioses Geschäft

Den Beraterkontrakt mit der HGAA unterzeichnete Schmidt am 23.April 2008, für seine "Schmidt Consulting GmbH". Für die HGAA unterschrieben am 19. Mai 2008 der damalige Vorstandschef Tilo Berlin und ein weiterer Manager.

Ein Jahr zuvor hatte die BayernLB, unter Schmidts Führung, bei der Übernahme der HGAA Tilo Berlin zu einem grandiosen Geschäft verholfen: Berlin und private Investoren machten schätzungsweise 130 bis 170 Millionen Euro Gewinn.

Verglichen mit dieser Summe und den Geschäftsusancen im Bankgewerbe war der Vertrag nicht mal üppig dotiert. Allein im vergangenen Jahr soll die HGAA fünfzig Millionen Euro an Berater ausgezahlt haben. Durch die Optik des Normalbürgers betrachtet, bekam Schmidt viel Geld für überschaubare Arbeit: 5000 Euro pro Arbeitstag.

"Stillschweigen"

Das Vertragswerk sah vor, dass er 2008 und 2009 jeweils 20 Tage für die HGAA tätig sein sollte und dafür pauschal 100.000 Euro pro Jahr erhielt. Insgesamt also 200.000 Euro, plus Spesen und 1,25 Euro Kilometergeld für Fahrten mit dem eigenen Auto.

Vereinbart wurden Hinweise und Hilfen zu "ausgewählten Themen der Finanzdienstleistungen". Von dem Abkommen sollte niemand erfahren, "Stillschweigen" war ausgemacht. Über eine etwaige Verlängerung wollte man sich rechtzeitig unterhalten.

Ausweislich seiner Abrechnungen war Schmidt für die Hypo Alpe Adria frühzeitig tätig geworden. So hatte er am 11. März 2007 am Flughafen Wien und drei Tage später in Frankfurt Termine für das Kärntner Geldhaus, kurz nach seinem Rücktritt bei der BayernLB. Die erste Rechnung, die er der Klagenfurter Bank stellte, trägt die Nummer 001; die HGAA war also offenbar Schmidts erster Kunde nach dessen Demission in München. Die ersten 50.000 Euro flossen im Juni 2008.

Zu den Aufgaben des Beraters sollte auch die Berichterstattung der Bank an den Aufsichtsrat gehören. Schmidt sollte also Hinweise geben, wie der HGAA-Vorstand am besten mit dem Kontrollgremium umgehen könnte, in dem auch ehemalige Vorstandskollegen von Schmidt aus der BayernLB saßen. Die war schließlich Mehrheitseigner der Hypo Alpe Adria.

Bei der Landesbank wusste man damals nichts von der Tätigkeit des Ex-Chefs für die eigene Tochtergesellschaft HGAA. Von der BayernLB bezog der langjährige Chef nach dem Rücktritt erst noch sein ausstehendes Vorstandsgehalt, jetzt erhält er seine Pension.

Seine Beraterdienste dürften Schmidt manchmal auch Vergnügen bereitet haben. Im Juni 2008 bedankte er sich bei HGAA-Chef Berlin herzlich für eine Einladung nach Kärnten anlässlich der Fußball-Europameisterschaft. Er habe das Programm und die Betreuung "genossen".

Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Bestechung

Die "am Rande" geführten Gespräche hätten ihm einen tiefen Einblick in die Lage und Entwicklung der Hypo Alpe Adria verschafft. Während Schmidts Aufenthalt in Klagenfurt spielte die deutsche Nationalelf gegen Polen und Kroatien in jenem Stadion, das die HGAA mit Hilfe der BayernLB sponsert. Diese Unterstützung hatte der (inzwischen verstorbene) Kärntner Landeschef Jörg Haider beim Verkauf der Hypo Alpe Adria nach Bayern zur Bedingung gemacht. Nun ermittelt die Münchner Staatsanwaltschaft wegen Bestechung.

Ende Oktober 2008 besuchte Schmidt HGAA-Chef Berlin auf dessen Bauernhof bei Klagenfurt. Die Begegnung sei ein "unvergessliches Erlebnis" gewesen, schrieb Schmidt hinterher dem "lieben Tilo". Das Abendessen: hervorragend. Die Weine: herrlich. Und dann noch die "zielführenden" Gespräche. In schwierigen Zeiten zeigten sich eben "echte Freunde".

Den Aufenthalt in Kärnten rechnete Schmidt als Beratungstage ab, einschließlich Spesen im Hotel Werzer Wallerwirt am Wörthersee, inklusive 2,60 Euro Trinkgeld im Hotelrestaurant.

Nicht mehr "zielführend"

Der Vertrag endete vorzeitig Ende 2008. Angesichts der weltweiten Finanzkrise sei die Beratung nicht mehr "zielführend", notierte Schmidt in seinem Kündigungsschreiben. Die HGAA und ihr damaliger Chef Berlin wollten nicht knauserig sein.

Schmidt erhielt eine E-Mail aus Klagenfurt mit der Aufforderung, das gesamte ausstehende Honorar bis Ende 2009 in Höhe von 150.000 Euro abzurechnen, da bereits alle vereinbarten Leistungen erbracht worden seien. Der frühere BayernLB-Chef schickte aber nur eine Schlussrechnung über weitere 50.000 Euro, die er nach Angaben seines Anwalts auch noch zurückzahlte.

Das hatte Stil, wie übrigens auch in dem Kultfilm "Casablanca" einige der Figuren durchaus Manieren haben. Staatsanwälte allerdings haben für solche Feinheiten manchmal keinen Blick. Sie verfahren dann nach der Devise des Capitaines Louis Renault, der kurz vor Filmende dem Gendarmen sagt: "Verhaften Sie die üblichen Verdächtigen!"

© SZ vom 08.04.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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