BayernLB:Aus der Bank wird ein Bänkchen

BayernLB-Chef Kemmer stellt die neue Strategie der Landesbank vor. Die Bank wird kleiner - so viel steht fest. Wie sie aber tatsächlich aussehen wird, bleibt unklar.

Tobias Dorfer

Der Löwe wacht noch. Vor der Zentrale der BayernLB in der noblen Brienner Straße, nicht weit vom Münchner Odeonsplatz, steht das in Stein gehauene Wappentier des bayerischen Freistaats.

BayernLB: Sparkassenpräsident Naser, Finanzminister Fahrenschon und BayernLB-Chef Kemmer (v. l. n. r.) bei der Pressekonferenz in München.

Sparkassenpräsident Naser, Finanzminister Fahrenschon und BayernLB-Chef Kemmer (v. l. n. r.) bei der Pressekonferenz in München.

(Foto: Foto: Reuters)

Es wacht als letztes Relikt einer vergangenen Zeit, in der die BayernLB noch groß und mächtig war. Eine Bank, weltweit aktiv, ein Global Player, mit der sich die Vertreter des Freistaates und der Sparkassen gerne brüsteten.

Die optischen Eindrücke spiegeln diese Zeit noch immer wider, doch die Realität ist inzwischen eine andere. Die BayernLB braucht zehn Milliarden Euro als Sofortspritze und sie bekommt das Geld komplett vom Freistaat.

Dazu kommt eine Bürgschaft in Höhe von 15 Milliarden Euro, die der Bund bereitstellt. Verbunden sind diese Hilfe mit einem Versprechen - einem Versprechen, von dem man an diesem trüben Montagvormittag noch nicht viel sieht: "Die BayernLB wird eine andere Bank sein", sagt ein sichtlich nervöser Bankchef Michael Kemmer.

Die Daltons aus Bayern

Die Miene des Bankchefs ist versteinert, seine Mundwinkel zeigen nach unten, unruhig bewegt er sich von links nach rechts.

Auch in den Gesichtsausdrücken der zwei Männer zu seiner Rechten ist keine Regung zu sehen: In abnehmender Körpergröße stehen rechts von Kemmer der bayerische Finanzminister Georg Fahrenschon (CSU) und Sparkassenpräsident Naser. Stünde noch ein vierter Redner neben Naser, die Gruppe sähe aus wie die "Daltons", die legendären Bankräuber aus den Lucky-Luke-Comics.

Das Trio erzählt einer wartenden Journalistenschar, wie die neue BayernLB aussehen wird. Was blühen würde, war absehbar. Die Landesbank wird zusammengestutzt, die Geschäfte zurückgefahren, aus einer ehemals stolzen Bank wird ein Bänkchen.

"Fokussierung auf Bayern"

Die Maßnahmen sind auf einer fünfseitigen Pressemitteilung niedergeschrieben, Kemmer hält sich an seinem Aufschrieb fest, er liest ab. Bereits im Frühjahr hatte er ein Restrukturierungsprogramm angekündigt, nun wird es ein neues Programm - verbunden mit einer neuen Strategie. Details will die Bank bis März 2009 nennen.

Vorerst spricht Kemmer daher nur von "signifikanten Kosteneinsparungen", von einer "Fokussierung auf Bayern" und von einer klaren Konzentration auf die vier Geschäftsfelder Mittelstand, Großkunden, gewerbliche Immobilien und Privatkunden.

Und all das geschehe natürlich in enger Zusammenarbeit mit den Sparkassen. Konkret vermeldet Kemmer ("Ein Weiter-so kann es nicht geben") den kompletten Rückzug aus Asien. Die Standorte Hongkong, Shanghai sowie die Repräsentanzen in Peking, Tokio und Mumbai werden geschlossen.

Auch in New York und London, den einst so blühenden Zentren des Investmentbankings, fährt die Landesbank ihre Aktivitäten zurück. Dafür werden die riskanten Geschäfte um rund ein Drittel zusammengestrichen. Zudem werden 5600 Stellen bis zum Jahr 2013 abgebaut, das sind nahezu 30 Prozent der Belegschaft.

Kemmer wird leise als er davon redet. Mindestens 1000 Jobs fallen bei der BayernLB in München sowie in den weiteren Niederlassungen weg, davon 200 im Ausland. In welchen Bereichen die restlichen 4600 Arbeitsplätze gekappt werden, sagte Kemmer nicht.

Lesen Sie im zweiten Teil, warum sich die BayernLB nicht von ihren Beteiligungen trennt - und wie die Zukunft von Bankchef Kemmer aussieht.

Aus der Bank wird ein Bänkchen

Wahrscheinlich trifft ein großer Teil die Hypo Group Alpe Adria (HGAA). Selbst betriebsbedingte Kündigungen sind nicht ausgeschlossen. 670 Millionen Euro sollen diese Maßnahmen bis zum Jahr 2013 insgesamt einsparen. Die Mitarbeiter, die nach diesem Job-Kahlschlag übrig bleiben, arbeiten für eine Bank, die ihre Strategie zwar geändert haben mag, ihre Struktur jedoch an die neuen Gegebenheiten nicht angepasst hat.

BayernLB: BayernLB: "Teile der Mitarbeiterschaft müssen umdenken".

BayernLB: "Teile der Mitarbeiterschaft müssen umdenken".

(Foto: Foto: dpa)

Statt Peking, London und New York wird der Fokus der Bank künftig wieder häufiger auf Miesbach, Regensburg und Passau liegen. "Das bedeutet auch ein Umdenken für Teile der Mitarbeiterschaft", sagt Bankchef Kemmer.

Kein akzeptabler Käufer für HGAA

Die Struktur der Bank wird dagegen nicht angetastet. Im Vorfeld war über einen stärkeren Umbau spekuliert worden: Die BayernLB könne, so wurde gemunkelt, die Tochterbank Hypo Group Alpe Adria verkaufen, auch die Beteiligung an der SaarLB stand angeblich zur Disposition.

Diese Pläne, so es sie gab, sind vorerst vom Tisch. Beide Beteiligungen bleiben erst einmal im Konzern - auch wenn die HGAA einem Restrukturierungsprogramm unterzogen wird und deutlich verschlankt wird.

Die offizielle Begründung für diesen Schritt ist, dass sich die BayernLB den Kontakt zu den Wachstumsmärkten Osteuropas nicht verschließen will. Doch Bankchef Kemmer sagt auch, der Markt für einen Verkauf sei derzeit nicht da. Konkret heißt das: Die Landesbank hätte ohnehin keinen akzeptablen Käufer gefunden.

Nun muss die Führung der Bank versuchen, die ungeliebten Töchter aufhübschen - und später verkaufen. "Wir haben noch ein wenig Zeit", sagt Kemmer vielsagend. Die "andere Bank", von der Kemmer sprach, gibt es bislang also nur in den Köpfen des Vorstandes.

Konkrete Maßnahmen fehlen bislang weitgehend, vorsichtig redet der Bankchef von "Projekten" mit den Sparkassen. Was genau er damit meint, bleibt im Dunkeln.

Einfluss der Sparkassen sinkt

Für Außenstehende sieht die neue Landesbank aus wie die alte - nur dass ziemlich viel Luft herausgelassen wurde.

Am deutlichsten wird der Wandel der BayernLB noch an ihrem Chef selbst. Sagte Kemmer noch im August vollmundig, die "akute Krise ist überstanden", so nimmt er nun sogar seine Prognose für 2008 zurück, beschwört die Kundennähe und preist die Zusammenarbeit mit den Sparkassen. Deren Vertreter Siegfried Naser steht versteinert ganz rechts, die Arme hinter dem Rücken.

Der Einfluss der bayerischen Sparkassen sinkt, nachdem nun die bayerische Staatsregierung mit zehn Milliarden Euro aushilft, deutlich. Auch wenn Kemmer betont, die Sparkassen hätten weiterhin einen starken Einfluss, "als Anteilseigner und Kunde", die Vorgaben kommen künftig aus der Staatskanzlei. Immerhin, so freut sich Naser, sei die Situation der Sparkassen nun sicher. Ihnen bleibt erspart, der BayernLB mit Milliardenzahlungen aus der Patsche zu helfen.

Ob Kemmers Maßnahmen reichen, um die Bank wieder in ruhigere Gewässer zu leiten, bleibt abzuwarten: Noch tobt die Finanzkrise, noch sind die Zeiten unsicher. Und für den Bankchef brechen nun schwere Zeiten an. Sein Programm muss greifen, es ist seine letzte Chance. Denn die Sparkassen sind nicht mehr stark genug, um ihn, wie noch vor Wochen geschehen, zu stützen.

Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) hat dem Konzernchef zwar sein Vertrauen ausgesprochen, doch Vertrauen ist - gerade in der heutigen Zeit - ein Gut mit geringer Halbwertszeit. Deshalb spricht Kemmer auch von sich selbst, wenn er über die Neupositionierung der Bank spricht: "Wir müssen es hinkriegen."

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