Baukindergeld:Viel Raum für Verbesserung

Weil der Plan zu teuer wird, muss ein Kompromiss her. Doch der löst Empörung aus.

Von Constanze von Bullion, Berlin

Baukindergeld: Vor den hohen Mieten in den Metropolen weichen viele Familien ins Umland aus – etwa nach Wentorf bei Hamburg. Doch auch dort legen die Preise zu.

Vor den hohen Mieten in den Metropolen weichen viele Familien ins Umland aus – etwa nach Wentorf bei Hamburg. Doch auch dort legen die Preise zu.

(Foto: Holger Weitzel/mauritius images)

Das geplante Baukindergeld, das jungen Familien den Erwerb von Wohneigentum erleichtern soll, sprengt das vereinbarte Budget. Statt der geplanten zwei Milliarden seien vier Milliarden Euro nötig, ließ Bundesinnen- und Bauminister Horst Seehofer (CSU) kürzlich wissen. Eine Verdoppelung der Mittel aber lehnt Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) ab. Scholz und Seehofer haben sich nun auf einen Kompromiss verständigt, vorerst. Um die Kosten im Rahmen zu halten, soll als förderungswürdige Immobilie für eine vierköpfige Familie nur noch ein Haus oder eine Wohnung mit maximal 120 Quadratmetern Wohnfläche gelten. Ab dem dritten Kind können weitere zehn Quadratmeter pro Kind dazukommen. Ungerecht, monieren nun manche. Die Kritik kommt aus CDU, FDP und der Opposition.

Auch im Hause Seehofer heißt es nun, das letzte Wort sei womöglich noch nicht gesprochen. "Wir sind offen dafür, wenn sich im weiteren Verfahren noch etwas ändern sollte. Sowohl was die veranschlagten Haushaltsmittel als auch die damit einhergehende Wohnflächenobergrenze angeht", sagte Baustaatssekretär Gunther Adler der Süddeutschen Zeitung. Da geht noch was, so kann man das verstehen.

Mit dem Baukindergeld will die Bundesregierung junge Familien beim Erwerb von Wohneigentum unterstützen und so zur Alterssicherung beitragen. Über zehn Jahre sollen sie 1 200 Euro pro Kind bekommen, wenn sie bauen, eine Wohnung kaufen oder ein altes Haus auf dem Land zu Wohneigentum umwandeln. Damit nicht Bestverdiener profitieren, sondern Familien mit mittleren und geringeren Einkommen, darf das Haushaltseinkommen 75 000 Euro plus 15 000 Euro pro Kind und Jahr nicht übersteigen. Zwei Milliarden Euro bis 2021 sollte das Baukindergeld kosten, hatten Union und SPD im Koalitionsvertrag festgelegt. Offenbar hatte man sich grob verrechnet.

Mit Nebenkosten, Sonderabschreibungen und energetischer Sanierung werden inzwischen Kosten von vier Milliarden Euro erwartet. Um das Budget nicht zu sprengen, soll nun die Zahl der Antragsteller gesenkt werden, per Wohnflächenobergrenze fürs Baukindergeld. Das löste sogleich Empörung aus. Die neue Beschränkung sei "ungerecht und sorgt für unnötige Bürokratie", sagte der Haushaltsexperte der Unionsfraktion, Eckhardt Rehberg (CDU), dem Handelsblatt.

Gerade auf dem Land, wo viele Häuser mehr Wohnfläche als 120 Quadratmeter haben, würden die meisten Familien so vom Baukindergeld ausgeschlossen: "Das war nicht die Absicht in unserem Wahlprogramm und widerspricht dem Koalitionsvertrag." Als "lebensfremd" bezeichnete er zudem die Beschränkung auf die zusätzlichen zehn Quadratmeter pro Kind: "Solche kleinen Kinderzimmer werden heute gar nicht mehr gebaut." Der Haushaltsexperte der FDP-Fraktion, Otto Fricke, lehnt den geplanten Kompromiss als willkürlich ab. "Wie soll man der vierköpfigen Familie mit 120,1 Quadratmetern Wohnfläche in einer alten Bergmannssiedlung im Ruhrgebiet erklären, dass sie leider komplett rausfällt und die Familie aus München im teuren Glockenbachviertel mit 119 Quadratmetern dagegen gefördert wird?", fragte er im Handelsblatt.

Die SPD hätte lieber mehr sozialen Wohnungsbau

Bundesbauminister Seehofer kommt die Kritik nicht ungelegen. Im Landtagswahlkampf in Bayern lässt sich kaum vermitteln, warum ausgerechnet der CSU-Chef einem Kompromiss zustimmt, der ländliche Räume und Kinderreiche benachteiligen könnte. "Ich halte es für außerordentlich wichtig, dass wir neben den kleineren Familien auch die größeren im Blick behalten", sagte Seehofers Baustaatssekretär Adler. Das Baukindergeld sei für Neubau und Wohnungskauf gedacht, aber auch für schon vorhandene Gebäude, insbesondere in strukturschwachen Regionen. "Wir wollen junge Familien auch ermuntern, alten Baubestand auf dem Land als potenzielles Wohneigentum in den Blick zu nehmen." Ein altes Haus auf dem Land aber habe selten nur 120 Quadratmeter. Eine Sprecherin Seehofers betonte, man werbe im parlamentarischen Verfahren noch für die Ausweitung der Quadratmeterzahl.

Am Donnerstag soll der Haushaltsausschuss bei der Bereinigungssitzung für den Bundesetat 2018 eine Lösung fürs Baukindergeld finden. Das Kompromisspaket von Scholz und Seehofer, das dort vorgelegt wird, könnte dabei noch einmal aufgeschnürt werden. Die CDU will die geplante Wohnraumobergrenze nicht, die SPD lehnt mehr Mittel fürs Baukindergeld ab, das sie nie wollte. Sie würde lieber den sozialen Wohnungsbau weiter aufstocken. Denkbar wäre, dass das eine mit dem anderen verknüpft wird: mehr Geld für Baukindergeld plus Extramittel für sozialen Wohnungsbau. Hier aber winkt bisher der Finanzminister ab. Die Opposition sieht das Baukindergeld ohnehin kritisch. "Das ist eine Reichenheimzulage", sagte der wohnungspolitische Sprecher der Grünen, Chris Kühn. "Wir halten überhaupt nichts davon, in den überhitzten Immobilienmarkt noch Subventionen zu pumpen."

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