Bankgeheimnis:Die Schweiz kapituliert

Die Schweizer Großbank UBS hat erst Kunden bei der Steuerflucht geholfen - und zeigt sie jetzt an. Das Bankgeheimnis des Alpenstaates ist nicht mehr viel wert.

Gerd Zitzelsberger

Undenkbar war bis vor kurzem, was jetzt in der bislang verschwiegenen Schweizer Finanzwelt geschieht: Zuerst hat die Zürcher Großbank UBS - wie unzählige andere Institute auch - reichen Ausländern die Steigbügel zur Steuersünde gehalten.

Bankgeheimnis: Die Schweiz kapituliert
(Foto: Foto: Getty)

Manchmal hat sie ihre Kunden wohl sogar regelrecht dazu animiert. Und jetzt zeigt eben diese UBS dieselben Kunden wegen Steuerbetrugs an. Darauf läuft im Kern die "Vereinbarung" hinaus, die UBS und US-Behörden geschlossen haben.

Die Regierung in Bern suggeriert, dass sich dieses Vorgehen mit dem angeblich felsenfesten Schweizer Bankgeheimnis verträgt. Tatsächlich aber ist es eine Kapitulation vor dem Druck aus Amerika.

Bresche wie ein Scheunentor

Das Justizministerium in Washington hat eine Bresche in das Schweizer Bankgeheimnis gesprengt, die so groß ist wie ein Scheunentor. Auf den ersten Blick betrifft die Affäre nur amerikanische Steuerzahler und angeblich nur etwa 300 Fälle.

Doch die Konsequenzen reichen weit darüber hinaus. Zum einen müssen Steuersünder erkennen, dass sie Freiwild sind. Wenn es hart auf hart kommt, gibt ihnen nicht einmal die Schweiz den Rechtsschutz, auf den sie sich verlassen hatten.

Zum anderen werden speziell Deutschland und andere EU-Staaten nun versuchen, die Bresche zu vergrößern. Die Vereinbarung zwischen den amerikanischen Behörden und der UBS, sichtlich abgesegnet von der Regierung in Bern, liefert ihnen einen wirksamen Ansatzpunkt.

Bislang konnte sich die Schweiz einfach hinter den EU-Mitgliedern Österreich oder Luxemburg verschanzen; beide Staaten haben ein ähnliches Bankgeheimnis. Jetzt pocht Brüssel bereits darauf, dass die Schweiz ihre Nachbarländer ähnlich großzügig mit Daten von mutmaßlichen Steuersündern bedienen müsse wie das ferne Amerika.

Schrankenlos ist das Schweizer Bankgeheimnis zwar schon lange nicht mehr. Wenn etwa der deutsche Fiskus einen begründeten Verdacht auf Steuerbetrug hat, kann er von Bern Amtshilfe und damit Auskünfte über Schweizer Konten des Verdächtigen verlangen.

Doch im Fall UBS läuft es genau anders herum: Nicht die Amerikaner fragen gezielt an, sondern die Bank teilt von sich aus dem US-Fiskus die Namen von Kunden mit, die aus ihrer Sicht mutmaßlich Steuerbetrug begangen haben. Nicht einmal den Rechtsschutz, den Kunden bei einem Amtshilfeverfahren haben - sie können zumindest versuchen, gerichtlich die Auskünfte zu stoppen - scheint es in diesem Fall für die Betroffenen zu geben.

Neu ist zudem, dass die Schweiz die mehr als diffuse Grenze zwischen Steuerhinterziehung und Steuerbetrug verschiebt. Bei Hinterziehung leistet Bern keine Rechts- oder Amtshilfe, weil dies nach eidgenössischem Recht kein Straftatbestand ist.

Vermögen in Briefkastengesellschaften

Vielmehr wird Hinterziehung in der Schweiz "nur" mit Geldbußen belegt, die freilich genauso happig ausfallen können wie in anderen Ländern auch. Selbst wenn ein reicher Ausländer Tarnfirmen eingerichtet hat, um sein Vermögen zu verstecken, galt dies den Schweizer Bankiers bislang nur als Hinterziehung. Jetzt ist das offenbar anders. Die UBS nimmt in ihrem Kommuniqué zwar nicht explizit Stellung dazu, aber nach allem, was man weiß, wird sie die Namen solcher Kunden an die USA übermitteln, die ihr Vermögen in Briefkastengesellschaften gebunkert haben.

Wenn aber eine solche Vermögensverschleierung einmal als Betrug gewertet wird, dann muss die gleiche Einstufung auch in anderen Fällen gelten. Damit kommen zumindest auf jene Deutsche, die über Tarnfirmen mit Schweizer Konten verfügen, ungemütliche Zeiten zu.

Als "unverhandelbar" bezeichnet die Schweizer Regierung das Bankgeheimnis immer wieder. Doch inzwischen ist es nicht mehr viel wert, wie der Fall UBS zeigt.

Das Betrugsabkommen zwischen der Schweiz und der EU, das in Kürze teilweise in Kraft tritt, entwertet es noch zusätzlich. Viele Anleger würden in Wirklichkeit ohnehin besser fahren, wenn sie ihr Geld ordentlich versteuerten, anstatt sich erpressbar zu machen und sich auf happige Gebühren oder gewagte Konstruktionen einzulassen.

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