Süddeutsche Zeitung

Bankenkrise trifft München:Ende eines Finanzplatzes

HVB, Hypo Real Estate, BayernLB - Münchens Herrlichkeit ist vorbei. Die Bankenträume sind wie Seifenblasen zerplatzt. Und es könnte noch schlimmer kommen.

Martin Hesse

München ist die Nummer eins in Deutschland. Das ist das Selbstverständnis vieler Menschen in der Landeshauptstadt, und das hat auch die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft in ihrem Regionalranking der Wirtschaftsräume jüngst ermittelt. Nun ja, die Bankwirtschaft können die Forscher nicht gemeint haben.

Noch 2001 träumte man zwar am Finanzplatz München davon, Frankfurt den Rang ablaufen zu können. Damals hatte die Allianz die Dresdner Bank übernommen, Hypo- und Vereinsbank waren frisch fusioniert und hatten sich die Bank Austria einverleibt. Doch nur acht Jahre später sind Münchens Bankenträume wie Seifenblasen zerplatzt. Das Debakel, das die BayernLB mit der Hypo Alpe Adria erlebte, ist der vorläufige Tiefpunkt eines langen Niedergangs. Aber es könnte noch schlimmer kommen.

Die Hypo-Vereinsbank (HVB) wurde 2005 von der italienischen Unicredit übernommen und damit zu einer Landesgesellschaft degradiert. Die strategische Richtung gibt Mailand vor. Schlechter erging es der Hypo Real Estate, einem Ableger der HVB, der 2003 an die Börse ging. Die Immobilienbank fiel im stürmischen Lehman-Herbst um und wurde ein Jahr später verstaatlicht. Ob sie auf Dauer überlebensfähig ist und wieder privatisiert werden kann, ist fraglich. Und die Allianz hat ihr Bankabenteuer gerade noch rechtzeitig beendet, um nicht von der Dresdner Bank mit in den Strudel der Finanzkrise gerissen zu werden.

Und jetzt also die BayernLB. Sie hat sich zwar - spät, aber immerhin - aus dem Kärntner Bankensumpf befreit, indem sie ihre Mehrheit an der Hypo Alpe Adria samt Mitgift an den österreichischen Staat abgegeben hat. Doch die Erleichterung darüber, das größte Sorgenkind los zu sein, wird bald der Ernüchterung weichen.

Ihre Eigentümer, die 2007 mit dem Kauf der Hypo Alpe Adria am Ziel ihrer europäischen Ambitionen angelangt zu sein glaubten, müssen feststellen, dass sie im Kreis gelaufen sind. Die EU-Kommission wird als Gegenleistung für staatliche Hilfen verlangen, dass die BayernLB auf die Hälfte schrumpft und ihr Auslandsgeschäft abstößt. Damit ist die Landesbank wieder eine bayerische Regionalbank. Als solche läuft sie Gefahr, zwischen Sparkassen und der HVB zerrieben zu werden.

Es war ja nicht Großmannssucht allein, die Eigner und Manager der BayernLB in riskante Geschäfte mit toxischen Wertpapieren und in ein riskantes Engagement auf den Balkan trieb. Vielmehr fehlte und fehlt der Bank ein breiter Zugang zu mittelständischen Firmenkunden.

Die Kleinen werden von den Sparkassen bedient, die sich von ihrem Spitzeninstitut - an dem sie bis zur Krise maßgeblich beteiligt waren - nicht das Geschäft verderben lassen wollen. Um große Firmenkunden streitet sich die BayernLB mit der HVB und anderen privaten Banken.

Der mörderische Wettbewerb im Kreditgeschäft mit Firmen ist für alle deutschen Banken ein Problem. Die Ausleihungen werfen zu wenig ab, deswegen ließen sich auch andere Landesbanken auf riskante Abenteuer ein. Häuser wie die Deutsche Bank können in dieser Konkurrenz besser bestehen, weil sie größer sind und ihr Kreditgeschäft mit Gewinnen aus dem Kapitalmarktgeschäft subventionieren können.

Eine Landesbank, die wie die BayernLB auf ihre Region zurückgeworfen ist, kann in diesem Wettbewerb kaum überleben. Erst recht nicht, weil nun der Wille der Alteigentümer fehlt, die Bank zu unterstützen. Die Sparkassen haben sich weitgehend aus der BayernLB zurückgezogen, Bayern muss es auf Geheiß der EU ebenfalls tun und CSU-Chef Horst Seehofer will der Vorgabe lieber heute als morgen folgen. Aber für welchen neuen Eigentümer ist die BayernLB in diesem Zustand attraktiv?

Am Ende des Jahrzehnts ist nicht einmal auszuschließen, dass die Stadtsparkasse das führende eigenständige Kreditinstitut am Ort sein wird - wie in Freising oder Fürstenfeldbruck. Ein Drama wäre selbst das nicht. Jeder Standort sollte sich auf seine Stärken konzentrieren. Das Bankgeschäft zählt in München derzeit nicht dazu.

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SZ vom 16.12.2009/mikö/hgn
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