Bankenkrise:Das Ende der Glamourbanker

Mit Marcel Ospel geht nicht nur der Chef der größten Schweizer Bank - sondern auch ein Wegbereiter des aggressiven Investmentbankings.

Hans von der Hagen

Marcel Ospel, Chef der Schweizer Großbank UBS, muss gehen. Damit fordert die Bankenkrise in Europa nicht nur irgendein weiteres Opfer, sondern das bedeutendste auf diesem Kontinent überhaupt.

Die UBS ist der weltgrößte Vermögensverwalter, aber auch einer der großen Spieler im Investmentgeschäft und auf dem Markt für Ramsch-Hypotheken.

Die treibende Kraft hinter dieser Strategie war Ospel. Er war es, der Mitte der neunziger Jahre zunächst den biederen Schweizerischen Bankverein und dann auch die Schweizerische Bankgesellschaft zu einem Bankenriesen formte, der mit Investmentbanking das ganz große Rad drehen sollte.

Sein früherer Schweizer Kollege Josef Ackermann tat es ihm bald darauf gleich: Gefeuert bei der damaligen Schweizerischen Kreditanstalt, kam er in den neunziger Jahren zur Deutschen Bank und baute den Konzern ebenfalls zur Investmentbank mit angeschlossenem Kreditgeschäft um. Vorbild war Amerika, wo die Bankchefs auf solche Weise für goldene Bilanzen sorgten.

Damit gaben beide, Ospel und Ackermann, die Richtung vor, in die später auch viele andere Geld-Institute auf dem europäischen Festland zu folgen versuchten: Es ging nur noch um Big Deals, um Geschäfte mit großen Konzernen und neuen Produkten, die schnelle Gewinne verhießen. Und da die Big Deals in London gemacht werden, diktierte fortan die City mit Billigung Zürichs und Frankfurts den Kurs.

Es begann die Blütezeit des Großgeschäfts: Illustre Zukäufe von Investmenthäusern und teure Abwerbungen von Mitarbeiterteams gehörten zum Rausch. Selbst im deutschsprachigen Raum fühlten sich Banker plötzlich als Stars, die Gehälter explodierten - und das kleinteilige Privatkundengeschäft erschien nur noch grau in grau.

Unsichtbarer Eisberg

Die Gewinne der Banken schnellten nach oben, und viele Institute konnten dank des Investmentbankings eindrückliche Renditen erzielen.

Allein: Das Investmentbanking ist ein sensibles Geschäft. Es fallen schnelle Gewinne an - aber auch schnelle Verluste. Es ist genau das Gegenteil vom Privatkundengeschäft, wo die Erträge langsam, aber stetiger erzielt werden.

Doch der Glaube an das Investmentbanking und die Gier nach immer rascheren Erträgen waren zum Schluss derart groß, dass sie blind machten.

Die Gefahren sind gar nicht mehr wahrgenommen worden: "Wir haben zwar Eisblöcke gesehen ... aber keinen Eisberg, weil es ja auch keinen gab", sagte Ospel noch im Herbst.

Mittlerweile ist klar: UBS-Kapitän Ospel hat den für ihn nicht sichtbaren Eisberg mit großer Wucht gerammt. Und Ackermann, der schweizerische Landsmann, hat ihn gestreift.

So kommt Ospels Abgang nicht unerwartet - und dennoch ein wenig überraschend: Der Verwaltungsrat der UBS hatte erst am Abend zuvor entschieden, dass Ospel entgegen allen bisherigen Aussagen nicht mehr tragbar sei.

Josef Ackermann ist bislang glimpflich davongekommen - obschon auch die Deutsche Bank peu à peu einräumt, dass sie größere Blessuren davongetragen hat. Die Freude darüber, weniger als andere betroffen zu sein, macht vergessen, dass andere Banken sehr wohl besser dastehen.

Der Abgang von Marcel Ospel markiert eine Wende: Sein Nachfolger ist Peter Kurer, der Chefsyndikus des Konzerns - und damit das Gegenteil eines Glamourbankers.

So geerdet will die UBS gleich noch einen weiteren Schlussstrich ziehen und das Geschäft mit den US-Hypotheken, das einst so wundersam sichere und hohe Renditen versprach und ihr am Ende mehr Verluste bescherte als jeder anderen Bank, aus dem Konzern ausgliedern.

Eilig trat die Bank Gerüchten entgegen, dass sie das Investmentgeschäft gleich ganz abstoßen wolle. Doch klar ist: Von den flotten Geldvermehrern möchte man im Unternehmen nichts mehr wissen. Vorerst zumindest.

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