Bankenaufsicht:Die Liste der Risiken und Nebenwirkungen

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Die wichtigsten Antworten zur Aufstellung über die Milliarden-Risiken: Wie die Bankenaufsicht die Finanzprobleme von 17 systemrelevanten Instituten bewertet.

Guido Bohsem

Die Veröffentlichung der vertraulichen Liste der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) durch die Süddeutsche Zeitung hat am Wochenende für Aufsehen gesorgt. Die Staatsanwaltschaft München soll nun untersuchen, wie die Liste an die Öffentlichkeit gelangen konnte. Die SZ beantwortet die wichtigsten Fragen zu der Aufstellung über die Milliarden-Risiken deutscher Banken.

Die Skyline der Banken in Frankfurt. Nach einer Bafin-Liste addieren sich die Risiken von 17 großen deutschen Finanzinstituten auf 816 Milliarden Euro. (Foto: Foto: ddp)

Welche Banken stehen auf der Liste?

Aufgeführt sind 17 große Institute, sowohl Landesbanken als auch privat geführte Häuser. Es sind Institute, die als systemrelevant gelten. Das heißt, ihre Pleite würde das gesamte Bankensystem gefährden. Das Ausmaß ihrer Gefährdung durch die Finanzkrise ist offenbar kein Kriterium für die Aufnahme in die Liste. So findet sich auch die Landesbank Hessen/Thüringen in der Aufstellung, deren Gesamtbestand an gefährdeten Wertpapieren und Anlagen mit Null beziffert wird.

Welche Anlagen führt die Bafin auf?

Die Liste unterscheidet insgesamt elf Anlagekategorien. Dazu zählen zum Beispiel sogenannte Derivate, mit denen die Banken beispielsweise Kreditgeschäfte absichern, unter der Kategorie Strukturierte Finanzierungen. Diese Papiere sind besonders von der Krise betroffen. Eine andere Sparte führt gewerbliche Immobilienkredite auf, eine weitere Staatsanleihen. Erfasst hat die Bafin lediglich Schätzungen zum Gesamtbestand der Anlagen in den einzelnen Gruppen, heißt es in den Erläuterungen der Tabelle. Aussagen darüber, welche davon besonders gefährdet sind, macht die Finanzaufsicht nicht. Auch berücksichtigt sie nicht, ob Werte beispielsweise durch Gegengeschäfte abgesichert sind.

Was sagen die Zahlen über die Bonität der Banken aus?

Nach Angaben der Bafin kann man aus der Aufstellung nicht erkennen, wie sehr eine Bank von der Finanzkrise bedroht ist. Es fällt jedoch auf, dass die Schätzungen besonders hoch bei jenen Banken sind, die schon in der Vergangenheit auf staatliche Hilfen angewiesen waren, wie zum Beispiel die Hypo Real Estate, die Landesbank von Hamburg und Schleswig-Holstein und die WestLB.

Wozu braucht die Bafin die Daten?

Aufgabe der Aufsicht ist es, auf die Geschäftsfähigkeit der Banken zu achten. So müssen Außenstände der Institute stets mit Eigenkapital in gesetzlich vorgeschriebener Höhe unterlegt sein. Ist das nicht mehr der Fall, ist die Bafin im äußersten Fall gezwungen, eine Bank zu schließen. Kann die Regierung auf die Daten zugreifen?

Ja. Bevor die Regierung Schritte zur Rettung der Banken unternimmt, braucht sie verlässliche Angaben über ihre Lage. Deshalb ist sie sowohl auf die Bafin als auch auf die Bundesbank angewiesen, die als Bankenaufsichten die Lage am besten beurteilen können.

Welche Rolle spielt die Bafin-Liste bei der Einrichtung der geplanten Bad Banks, in die Schrottpapiere der Banken kommen sollen?

Der Leiter der Arbeitsgruppe, die die Regeln für die Bad Banks ausarbeitet, Finanzstaatssekretär Jörg Asmussen, sagte am Wochenende, er kenne die Aufstellung der Bafin nicht. Jedoch war eine ähnliche Liste Basis für die Grundsatzentscheidung der Bundesregierung, Bad Banks einzurichten. Hier war jedoch noch von einem Gesamt-Risikovolumen von 853 Milliarden Euro die Rede. In die Banken für Schrottpapiere sollen vor allem die strukturierten Finanzierungen eingehen. Deren Bestand schätzt die Bafin auf insgesamt 258 Milliarden Euro. Jedoch dürfte nicht jedes Institut an einer Bad-Bank-Lösung interessiert sein, was die Anzahl der belasteten Papiere einschränkt.

Warum wird zwischen privaten und Landesbanken unterschieden?

Wie mit den schlechten Papieren umzugehen ist, entscheidet sich vor allem an der Frage, in wessen Eigentum eine Bank ist. Bei den Landesbanken sind das die Bundesländer, die allesamt über ein gutes Rating verfügen. Das heißt, der Markt rechnet nicht mit einem Ausfall eines Kredites. Die privaten Banken haben keinen Eigentümer mit vergleichbarer Bonität. Deshalb muss hier nach Einschätzung der Bundesregierung der Staat einspringen und die belasteten Papiere übernehmen. Rechtlich ist das Bad-Bank-Modell für die privaten Banken einfacher zu gestalten als das für die Landesbanken. Beiden Modellen ist jedoch gemein, dass es nicht beides gleichzeitig geben kann - eine Entlastung der Banken von den Schrottpapieren durch den Staat und eine Schonung des Steuerzahlers.

© SZ vom 27.04.2009/af - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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