Banken werden nervös:Sparer umfahren Liechtenstein

Die Steueraffäre beschädigt das Vertrauen in den Finanzplatz Liechtenstein. Sparer meiden die Banken des Fürstentums - dort beginnt das Zittern.

Uwe Ritzer

Der Heilige Stefan in Gestalt einer mehr als 400 Jahre alten Holzfigur brachte 12.000 Euro ein, eine Riemenschneider-Statue 18.000, und für zwei hölzerne Weltkugeln aus dem 17. Jahrhundert zahlte ein Niederländer 680.000 Euro. Die etwa 450 Kunstgegenstände und Antiquitäten, die diese Woche im Auktionshaus Christie's in Amsterdam unter den Hammer kamen, wurden für ihren Verkäufer zum lukrativen Geschäft. Der Liechtensteiner Fürst Hans Adam II. habe sich von ihnen getrennt, um Platz bei sich zu schaffen, hieß es.

Banken werden nervös: Ortsschild von Vaduz: Dunkle Wolken über dem Finanzplatz Liechtenstein.

Ortsschild von Vaduz: Dunkle Wolken über dem Finanzplatz Liechtenstein.

(Foto: Foto: AP)

Finanzielle Gründe für einen Ausverkauf hatte der Monarch sicher nicht. Hans Adam II. gilt als reichster Adeliger Europas und seine Kunstsammlung als eine der wertvollsten weltweit. Auch die deutsche Steueraffäre trifft die vielfältigen fürstlichen Geschäfte bislang allenfalls marginal. Offenkundig im Gegensatz zu denen mancher Banken des Fürstentums. Denn die Anzeichen mehren sich, dass der Finanzplatz Liechtenstein unter der Steueraffäre zu leiden beginnt.

Darauf lassen Äußerungen von Stefan Laternser schließen, dem Vorstandschef der Centrum Bank AG. Mit einem verwalteten Anlegervermögen von 9,25 Milliarden Schweizer Franken ist sie das viertgrößte Geldhaus des Fürstentums. "Anleger machen momentan vorsichtshalber einen Bogen um Liechtenstein", beklagte Laternser in einer für den ansonsten verschwiegenen Finanzplatz außergewöhnlichen Offenheit. Die "öffentliche Vorführung" des deutschen Ex-Post-Chefs und mutmaßlichen Steuersünders Klaus Zumwinkel durch die deutschen Behörden habe "für Schrecken und Panik" unter Anlegern gesorgt, sagte Laternser.

Imageschaden für das Steuerparadies

Dass Mitarbeiter der fürstlichen LGT Treuhand und der Landesbank sensible Kundendaten gestohlen haben, hat den Ruf Liechtensteins als besonders diskreten Finanzplatz schwer erschüttert. Laternser beklagte, selbst seine bislang in die Affäre nicht involvierte Centrum Bank leide darunter. Der Zufluss an Anlagevermögen sei seit Beginn der Steueraffäre Mitte Februar praktisch zum Erliegen gekommen. Ein ausländischer Finanzinvestor habe deswegen sogar ein größeres Fondsprojekt auf unbestimmte Zeit zurückgestellt.

Nach Ansicht von Peter Marxer, dem Verwaltungsratspräsidenten der Centrum Bank, geht es inzwischen für den Finanzplatz als Ganzes um sehr viel. "Liechtenstein hat einen schweren Reputationsschaden erlitten", wird Marxer in einer Vaduzer Zeitung zitiert. Nun ist Peter Marxer nicht irgendwer. Der betagte Jurist und Privatbankier "ist einer der einflussreichsten Liechtensteiner Banker mit einem sehr guten Namen und sehr guten Beziehungen", sagt Michael Lauber, Geschäftsführer des Liechtensteinischen Bankenverbandes (LBV).

Lauber beschreibt die aktuelle Situation zwar zurückhaltender, widerspricht Marxer aber auch nicht. "Es stimmt, dass Kunden im Moment mit neuen Anlagen warten und zögern", sagte der LBV-Geschäftsführer der Süddeutschen Zeitung. Ein Sprecher der VP Bank formulierte noch vorsichtiger, man registriere "eine größere Sensibilität bei bestehenden und potentiellen Kunden, was sich vor allem in Fragen äußert". Die fürstliche LGT Treuhand ließ auf Anfrage verlauten, "die Zuflüsse namentlich in Liechtenstein" hätten sich seit Mitte Februar reduziert und lägen unter denen des ersten Jahresquartals 2007. Andere Banken hüllen sich bei dem unangenehmen Thema lieber ganz in Schweigen.

Banken werden nervös

Kein Wunder, meint die Oppositionsführerin im Liechtensteiner Parlament, Andrea Matt von der Freien Liste (FL): "Das Fernbleiben der Anleger bestätigt hier niemand offiziell, auch wenn es hundertmal stimmt." Doch nicht nur in den Geldhäusern wächst die Nervosität. Auch Liechtensteiner Treuhänder, die weitgehend von jenen Privatstiftungen leben, welche Kritiker wiederum als Instrumente zur Steuerhinterziehung ansehen, beklagen hinter vorgehaltener Hand das Fernbleiben vor allem deutscher Kundschaft.

Die Banken sagen, daran sei aber nicht in erster Linie die Steueraffäre schuld, sondern die weltweite Finanzkrise. "Sie hat die Anleger generell stark verunsichert", sagt LBV-Geschäftsführer Lauber und verweist vor allem auf die großen Probleme der Schweizer UBS-Bank. So etwas rüttle "am generellen Vertrauen der Anleger in die Bankenwelt". Dabei dürfte dies für Liechtenstein eigentlich kaum ein Argument sein. Schließlich betreiben die dortigen Banken in erster Linie keine Investment-, sondern klassische Anlagegeschäfte.

Wer sein Geld bereits nach Liechtenstein geschafft hat, scheint hartgesotten. Wegen der Steueraffäre verzeichne man "keinen signifikanten Abfluss von Kundengeldern", heißt es bei LGT. Vor einem Monat bezifferte Vorstandschef Prinz Max von und zu Liechtenstein den Netto-Abfluss von Anlagevermögen auf 63,4 Millionen Euro und sagte, gemessen am Gesamtvolumen der LGT-Geschäfte seien das "Peanuts". Die Fürstenbank verwaltet weltweit mehr als 100 Milliarden Schweizer Franken Anlagevermögen.

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