Banken: Wer Kundendaten sehen darf:Blick aufs Konto meist tabu

Es ist eine Provokation: Der laxe Umgang der Postbank mit Kundenangaben alarmiert die Verbraucher. Viele fragen sich, wer eigentlich Zugang zu ihren Daten hat. So regeln es andere Institute.

Harald Freiberger

Manchmal müssen Bankchefs die Probleme von Kunden am eigenen Leib erfahren, bis sie handeln. Vor Jahren, so erzählt man es sich in Sparkassenkreisen, stellte der Vorstand einer Sparkasse fest, dass der Stand seines Girokontos immer am Tag vor und am Tag nach der Gehaltsüberweisung vermehrt intern abgefragt wurde.

Banken: Wer Kundendaten sehen darf: Die Postbank steht in der Kritik. Nun sperrte das Institut den Zugriff seiner rund 4000 freien Vermittler auf die Girokonten seiner Kunden.

Die Postbank steht in der Kritik. Nun sperrte das Institut den Zugriff seiner rund 4000 freien Vermittler auf die Girokonten seiner Kunden.

(Foto: Foto: ddp)

Auf diese Weise, vermutete er, ermittelten Lehrlinge, wie viel er verdient. Der Vorstand stellte daraufhin sofort die Praxis ab, dass alle Mitarbeiter auf Kontodaten zugreifen können. Seitdem ist das System nur noch für Kundenberater freigeschaltet.

Mit dem Fall der Postbank, bei der laut Stiftung Warentest freie Vermittler Zugriff auf Kontostand und Kontobewegungen hatten, ist ein sensibles Thema in den Blickpunkt gerückt.

Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) kritisierte die Postbank für ihren laxen Umgang mit Kundendaten scharf: "Es darf nicht sein, dass aus Umsatzgründen Kundeninteressen massiv verletzt werden", sagte Aigner am Dienstag der Süddeutschen Zeitung.

"Ein Schritt in die falsche Richtung"

"Als Bankkunde muss ich berechtigterweise darauf vertrauen können, dass meine Bankdaten vertraulich behandelt werden." Bei der Finanzkrise sei viel Vertrauen in die Branche verloren gegangen. Die jetzt bekannt gewordenen Vorgänge bei der Postbank seien "ein weiterer Schritt in die falsche Richtung", sagte die Ministerin. "Ich fordere die Postbank auf, die Vorwürfe unverzüglich zu klären."

Die Postbank lenkte am Dienstag ein: Sie sperrte den Zugriff ihrer rund 4000 freien Vermittler auf die Girokonten. Das gelte, bis die Rechtslage mit dem Datenschutz geklärt sei. "Parallel werden wir unsere Regeln und deren Anwendung nochmals überprüfen und gegebenenfalls ändern", teilte die Bank mit. Möglicherweise würden zusätzliche Hürden vor dem Abruf der Daten eingebaut.

Auch die Kunden anderer Institute fragen sich inzwischen, wie viele Mitarbeiter eigentlich Zugriff auf ihre Kontendaten haben. Die SZ fragte bei Banken und Verbänden nach.

Die Sparkassen

"Früher waren die Regelungen weniger rigide, inzwischen haben nur noch Mitarbeiter Zugriff auf Kontodaten, die auch wirklich im Kundenkontakt stehen", sagt ein Sprecher aus dem Sparkassenbereich. Das sei etwa jeder dritte Sparkassen-Mitarbeiter.

Für Individualkunden, also vermögendere Kunden, denen ein eigener Berater zugeordnet ist, gibt es eine eigene Regelung: Bei ihnen können nur der jeweils zuständige Mitarbeiter und dessen Vorgesetzter Kontodaten, Wertpapierdepots oder laufende Kredite einsehen.

Einen Datentransfer von einer Sparkasse zur anderen oder zu einem Verbundpartner wie der Fondsgesellschaft Deka oder einer Landesbausparkasse gebe es nicht.

Die Genossenschaftsbanken

Bei den Volks- und Raiffeisenbanken ist es ähnlich geregelt: "Nur Mitarbeiter, die in der Beratung arbeiten, haben Zugriff auf Kundendaten", sagt ein Sprecher des Bundesverbands BVR. Ein Transfer von einer Bank zur anderen sei nicht möglich.

Eine Sonderregelung gibt es für Verbundunternehmen wie der Bausparkasse Schwäbisch Hall, der Fondsgesellschaft Union Investment oder der R+V-Versicherung: Unterschreibt der Kunde eine Klausel, haben auch die Vertriebsleute der Verbundpartner Zugriff auf die Daten.

Um die Unterschrift wird er zum Beispiel bei der Eröffnung eines Kontos gebeten. Innerhalb des gesetzlichen Rahmens können die einzelnen Genossenschaftsbanken auch individuelle Regelungen treffen.

Die Frankfurter Volksbank gibt zum Beispiel an, ihre Mitarbeiter hätten im Arbeitsvertrag stehen, dass sie Kundendaten nur abrufen, um Aufträge zu erledigen; andernfalls droht die fristlose Kündigung. Auch würden die Daten im Haus bleiben, es gebe keine Laptops, auf denen Kundendaten gespeichert seien.

Die Deutsche Bank

Bei Deutschlands größter Privatbank werden Kunden gebeten, der internen Weitergabe von Daten schriftlich zuzustimmen. Dann haben all jene Mitarbeiter darauf Zugriff, die im Beratungsgeschäft tätig sind.

Dazu zählen auch die mobilen selbständigen Handelsvertreter der Deutschen Bank. Einen Austausch zwischen einzelnen Regionen gibt es nicht. "Es ist nicht so, dass ein Berater in Hamburg die Daten eines Kunden in Frankfurt einsehen kann", sagt eine Sprecherin.

Die Commerzbank

Die zweitgrößte deutsche Privatbank, die vor einem Jahr die Dresdner Bank übernahm, wollte mit ihrem Statement nicht zu sehr ins Detail gehen: "Datenschutz hat für uns eine hohe Priorität. Zugang zu Kundendaten haben nur unsere Mitarbeiter im Vertrieb", teilte die Commerzbank knapp mit.

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