Banken:Weckruf in Frankfurt

Deutsche-Bank-Chef Ackermann schielt nach Sal. Oppenheim - und verpasst damit der Bankbranche einen Warnschuss, die Konsolidierung voranzutreiben.

Caspar Busse

Es war das Jahr der Französischen Revolution: 1789 gründete in Bonn Salomon Oppenheim junior eine Bank. Seitdem war die Unabhängigkeit der höchste Wert der stolzen Privatbankiers aus dem Rheinland - 220 Jahre lang. Doch damit ist jetzt Schluss. Die Deutsche Bank prüft bereits die Bücher von Sal. Oppenheim, will zunächst eine strategische Beteiligung übernehmen und über kurz oder lang wohl auch die Mehrheit. Alles andere wäre für die größte Bank in Deutschland auch nicht sinnvoll. Firmenchef Josef Ackermann will und muss irgendwann die Kontrolle über Europas größte Privatbank bekommen, nur dann kann er den größtmöglichen Nutzen aus der Transaktion ziehen.

Deutsche Bank, AP

Die Deutsche Bank liebäugelt mit dem angeschlagenen Institut Sal. Oppenheim - und Josef Ackermann lässt schon die Bücher prüfen.

(Foto: Foto: AP)

Es ist eine Zäsur für Oppenheim, die tiefer nicht sein könnte. Auch wenn der Einstieg der Deutschen Bank noch nicht endgültig besiegelt ist: Die Vorgänge zeigen, wie schlecht es um Oppenheim bestellt ist, offenbar schlechter noch, als bisher spekuliert wurde. Noch vor Wochen haben die persönlich haftenden Gesellschafter öffentlich betont, dass sie keine Hilfe bräuchten. Nun kommt der Offenbarungseid. Den Privatbankiers, die immer über ein besonders enges Netz in Wirtschaft und Politik verfügten, hat nicht nur die Krise an den Finanzmärkten heftig zu schaffen gemacht.

Auch mit Industriebeteiligungen, vor allem auch beim inzwischen insolventen Handelskonzern Arcandor, haben sie sich kräftig verspekuliert. Die Banker haben einfach ein zu großes Rad gedreht. Die Eigentümer mussten bereits kräftig frisches Kapital einbringen. Jetzt können sie nichts mehr nachschießen, um die Bank weiter zu stabilisieren.

Deutsche-Bank-Chef Ackermann ist, so wie es aussieht, der Retter in der Not und wird damit erneut zum Gewinner der Krise. Er wird sich Oppenheim sicher nicht mehr entgehen lassen - wahrscheinlich wird er zu einem ziemlich günstigen Preis einsteigen.

Ackermanns Verhandlungsposition ist gut. Mögliche andere Interessenten könnten ohnehin nur aus dem Ausland kommen, ist doch die Deutsche Bank das einzige deutsche Kreditinstitut, das überhaupt noch handlungsfähig ist. Die teilweise verstaatlichte Commerzbank kämpft noch immer mit der Übernahme der Dresdner Bank. Die Landesbanken ringen ums Überleben, und auch alle anderen deutschen Institute sind vor allem mit sich selbst beschäftigt. Die Deutsche Bank dagegen hat - bei aller Kritik an überzogenen Renditezielen und arrogantem Gehabe in der Öffentlichkeit - die Finanzkrise noch vergleichsweise glimpflich überstanden. Jetzt beweist der Marktführer, dass er die Konsolidierung am deutschen Bankenmarkt weiter vorantreiben kann. Erst Anfang dieses Jahres ist Ackermann bei der Postbank eingestiegen - übrigens mit derselben Strategie: erst eine Minderheitsbeteiligung, später dann die Mehrheit.

Oppenheim passt gut zur Deutschen Bank. Ackermann kann so insbesondere das lukrative Geschäft mit hochvermögenden Privatkunden ausbauen. Oppenheim ist eine gut eingeführte Marke, die die Deutsche Bank möglicherweise weiterführen wird. Und Oppenheim ist bestens verdrahtet im deutschen Mittelstand, wo große Vermögen schlummern und auch Hoffnungen auf gute Geschäfte mit Firmenkäufen und -verkäufen bestehen. Hier hat die Deutsche Bank jeweils Nachholbedarf. Sie muss jedoch behutsam vorgehen, damit sie die Kunden durch die Übernahme nicht verschreckt, gerade Hochvermögende sind oft extrem scheu. Ackermann wird auch die Oppenheim-Bücher genau durchforsten müssen, damit nicht später noch Risiken hochkommen.

Der Oppenheim-Verkauf ist ein Weckruf, um die Konsolidierung der deutschen Bankbranche voranzutreiben. Die angeschlagenen Landesbanken sollten sich schnell auf Zusammenschlüsse verständigen. Schon jetzt spielt die Deutsche Bank in einer anderen Liga. Wenn die übrigen deutschen Kreditinstitute nicht endgültig abgehängt werden wollen, muss endlich etwas passieren. Ackermann nutzt einmal mehr die Gunst der Stunde - wie einst die Revolutionäre in Frankreich.

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