Banken: Stresstest:Jetzt sogar mal ernsthaft

Die europäischen Banken müssen sich auf einen neuen Stresstest einstellen. Diesmal sollen die Szenarien härter ausfallen als im Sommer. Experten kritisieren aber die geplante Veröffentlichung der Ergebnisse.

Harald Freiberger

Europas Banken müssen sich auf einen neuen Stresstest einstellen. Ab Februar sollen die größten Institute einer weiteren Belastungsprobe unterzogen werden, beschlossen die Staats- und Regierungschefs der EU auf ihrem Gipfel in Brüssel. Der Test soll diesmal schärfer ausfallen als der vom vergangenen Sommer, den viele als zu zahm kritisierten.

Stresstest für Banken - Frankfurter Bankenskyline

Die Banken müssen sich auf einen neuen Stresstest einstellen.

(Foto: dpa)

EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy sagte am Donnerstagabend nach den Beratungen, der neue Stresstest werde "in völliger Transparenz durchgeführt". Schon vor einer Woche hatte EU-Währungskommissar Olli Rehn angekündigt, die Simulation, wie Banken Krisensituationen verkraften, solle "strenger und umfassender" ausfallen. Das könnte dazu führen, dass mehr Banken durch den Stresstest fallen als im Juli. Der Druck auf die Branche wird dadurch größer, sie dürfte gezwungen sein, ihr Kapital schneller aufzustocken.

Wie groß der Handlungsbedarf der Institute ist, zeigen jüngste Zahlen des Baseler Ausschusses für Bankenregulierung: Er macht bei 94 europäischen Großbanken aus 23 Ländern eine Kapitallücke von 577 Milliarden Euro aus. Das ergebe sich aus den verschärften Eigenkapitalregeln von Basel III. Die Banken haben aber bis 2019 Zeit, um die Lücke zu füllen. Zum Vergleich: 2009 erwirtschafteten die 94 Institute 209 Milliarden Euro Gewinn.

Details über die neuen Kriterien für den Test sind noch nicht bekannt. Die EU teilte bisher nur mit, dass diesmal auch die Liquidität der Banken, also die kurzfristige Verfügbarkeit von Geld, geprüft werden soll, während der letzte Test ausschließlich auf die Kapitalausstattung abzielte.

In der Finanzkrise zeigte sich, dass einige Banken deshalb in die Bredouille kamen, weil sie von der Geldversorgung abgeschnitten waren. Ein Beispiel war die Hypo Real Estate. Wie sich Liquidität belastbar überprüfen lässt, ist aber nicht klar. So wissen die Bankenaufseher auch noch nicht, wie sie den Liquiditätspuffer definieren sollen, den jede Bank künftig nach dem Regelwerk von Basel III vorhalten soll.

Der neue Stresstest ist auch eine Reaktion auf das negative Echo, das die letzte Belastungsprobe im Juli hervorrief. Damals hatten die europäischen Aufseher die 91 größten Banken Europas drei unterschiedlich harten Stressszenarien ausgesetzt. Nur sieben Institute bestanden den Test nicht, darunter einige spanische Sparkassen und die Hypo Real Estate.

Dieses Ergebnis war aber keine große Überraschung, da man bereits vorher um den kritischen Zustand der Institute wusste. Daher gab es danach Kritik von vielen Seiten, die Kriterien der Prüfung seien zu lasch gewesen. So wurde der derzeit größte Belastungsfaktor für die Finanzbranche, ein Ausfall von Anleihen europäischer Krisen-Staaten, gar nicht untersucht.

Sollen die Ergebnisse veröffentlicht werden?

Wie wenig Aussagekraft der Stresstest hatte, zeigte sich, als im November Irland 85 Milliarden Euro aus dem europäischen Rettungssystem brauchte. Das war vor allem deshalb nötig, weil der irische Staat für seine Großbanken garantiert, bei denen wegen der geplatzten Immobilienblase in dem Land neue Milliarden-Abschreibungen anfielen. Im Juli waren die irischen Kriseninstitute Bank of Ireland und Allied Irish Bank aber noch ohne Probleme durch den Stresstest gekommen.

Eine Verbesserung des Stresstests erhofft sich die EU auch dadurch, dass dafür nun ein neues Gremium zuständig ist, die European Banking Authority (EBA). Die EBA verfügt über deutlich mehr Kompetenzen als das Committee of European Banking Supervisors (CEBS), das den letzten Stresstest verantwortete.

Einige Experten befürchten allerdings, dass auch der neue Test nicht die Wahrheit über den Zustand der Banken ans Tageslicht bringen wird. "Das Grundproblem ist, dass die Ergebnisse des Tests veröffentlicht werden", sagt Martin Faust, Professor an der Frankfurt School of Finance and Management.

Das Ziel, mit Transparenz Ruhe in die Finanzmärkte zu bringen, sei ein Widerspruch in sich. Die Idee, viele verschiedene, auch harte Szenarien zu testen, sei an sich gut. Doch wenn negative Ergebnisse an die Öffentlichkeit kämen, würde das die Märkte eher beunruhigen.

Die Ergebnisse sollten daher nach Ansicht von Faust "besser hinter den Mauern der Aufsichtsbehörden bleiben". Diese könnten dann in Ruhe nötige Veränderungen bei den Instituten veranlassen. "Wird ein Stresstest veröffentlicht, werden die Annahmen tendenziell immer weniger rigoros gesetzt werden", sagt der Bankenprofessor.

Ähnlicher Ansicht ist Daniel Gros, der Leiter des Center for European Policy Studies: "Auf die zentrale Frage, die alle bewegt, wird der Stresstest keine Antwort geben können, wollen und dürfen: auf einen Zahlungsausfall eines Landes und mehrerer Banken."

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