Banken: Strafabgabe in den USA:Eine Steuer, die nichts bringt

Große Banken sollen für die Folgen der Finanzkrise zahlen - sagt US-Präsident Obama. Aber die neue Steuer trägt nichts zur Lösung der Probleme bei.

Nikolaus Piper

Es ist angewandtes Verursacherprinzip: Die Rettung der großen US-Banken hat die Steuerzahler bisher unmittelbar 90 bis 120 Milliarden Dollar gekostet, und es ist nur recht und billig, wenn sich die Steuerzahler diese Summe wieder von den Banken zurückholen.

Manhattan, dpa

Je mehr man die Abgabe für Banken spezialisiert, desto willkürlicher wird sie. Warum fallen zum Beispiel nur die 50 größten Finanzinstitute unter die Steuer und nicht die 60 oder 70 größten?

(Foto: Foto: dpa)

So jedenfalls sieht die Logik hinter der Sondersteuer aus, die Präsident Barack Obama am Donnerstag vorstellte. Nun funktioniert Steuergerechtigkeit in der Theorie besser als in der Praxis. Die Finanzgeschichte ist auch eine Geschichte der unbeabsichtigten Konsequenzen.

Konkret hat eine allgemeine Abgabe auf Banken fast notgedrungen zur Folge, dass auch deren Kundschaft, also der Rest der Wirtschaft, belastet wird. Das gilt etwa für eine Transaktionssteuer, die viele Europäer, unter ihnen die deutsche Bundesregierung, gerne erheben würden.

Je mehr man die Abgabe aber spezialisiert, desto willkürlicher wird sie, wie Obamas Pläne zeigen. Warum fallen zum Beispiel nur die 50 größten Finanzinstitute unter die Steuer und nicht die 60 oder 70 größten? Warum muss die US-Tochter der Deutschen Bank zahlen, nicht aber der Konzern General Motors, der mit Milliarden Dollar vor dem Zusammenbruch bewahrt wurde? Zugunsten der Obama-Steuer lässt sich immerhin anführen, dass sie die Wirtschaft kaum schädigen dürfte - ganz einfach, weil sie so klein ist.

Nach den Plänen soll sie in zehn Jahren 90 Milliarden Dollar bringen; rein statistisch macht das 180 Millionen Dollar pro Institut und Jahr. Das ist nicht ganz irrelevant, aber fast. Goldman Sachs zahlt in normalen Jahren zwischen fünf und sechs Milliarden Dollar Steuern. Unter solchen Bedingungen bleibt der Schaden für den Rest der Wirtschaft begrenzt, und Obama hat zumindest Verständnis dafür verdient, dass er mit einer eher symbolischen Aktion dem Gerechtigkeitsgefühl seiner Landsleute nachkommt.

Der eigentliche Einwand gegen die Sondersteuer ist ein anderer: Sie trägt nichts zur Lösung der Folgeprobleme der Finanzkrise bei, sie lenkt im Gegenteil von dieser Lösung ab. Tatsächlich ist die Nach-Krisenpolitik auf gefährliche Weise ins Stocken geraten.

Eigentlich wollten die Regierungen international abstimmen, ob und wie sie die Banken für einen Teil der Krisenkosten haftbar machen können. Daraus dürfte angesichts von Obamas Steuer erst einmal nichts werden. Eigentlich sollten die sehr klugen Beschlüsse des Weltfinanzgipfels von Pittsburgh schnell in nationales Recht umgesetzt werden und 2011 in Kraft treten. Bisher ist aber nichts Gesetz geworden.

Eine wesentliche Ursache dafür ist: Obama verliert zusehends den Rückhalt für seine Wirtschaftspolitik. Die Republikaner haben längst auf Fundamentalopposition geschaltet; die Demokraten im Kongress werden immer unberechenbarer. Begonnen hat alles zwar mit der umstrittenen Gesundheitsreform, aber die Grabenkämpfe betreffen nun auch die Fragen der Bankenregulierung.

Das Repräsentantenhaus hat zwar ein relativ weitreichendes Reformpaket beschlossen, dem stimmte jedoch kein einziger Republikaner zu. Im Senat ist ein konkurrierender Entwurf anhängig, der sich in wichtigen Punkten unterscheidet.

Der demokratische Senator Christopher Dodd, der einen Kompromiss hätte aushandeln sollen, hat inzwischen auf eine Wiederwahl verzichtet, weil er angesichts der verheerenden Stimmung keine Chancen mehr für sich sah. Damit wurde er zur "lahmen Ente", wie man in Washington sagt; er hat keine Verhandlungsmacht mehr.

Teile des Kongresses führen zudem einen verbissenen Kampf um die Entmachtung der Notenbank Federal Reserve. Der politische Prozess in Washington trägt zunehmend irrationale Züge, und niemand vermag vorauszusagen, wie das Ergebnis am Ende aussieht.

In dieser Situation hat Obama nun mit der Bankensteuer eine neue Front eröffnet. Man kann nur hoffen, dass dies zur Klärung beiträgt und nicht das Chaos noch vergrößert.

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