Banken nach der Krise:Keine Macht für niemand

Die Finanzinstitute müssen gezähmt werden. Aber eine Zerschlagung ist nur sinnvoll, wo die Marktmacht zu groß ist.

Martin Hesse

"Macht kaputt, was euch kaputt macht." So lautete ein Refrain der Rockgruppe Ton Steine Scherben. Die Zeile wurde zum Slogan für Menschen, die sich als Opfer politischer und wirtschaftlicher Machtkonzentration sehen.

Er lässt sich auf die Stimmung münzen, die sich gegen Banken formiert hat, die eine globale Krise auslösten und viele Menschen um ihre Existenz brachten. Auch angesehene Ökonomen wie der britische Notenbankchef Mervyn King und der frühere amerikanische Zentralbankchef Paul Volcker denken über eine Zerschlagung von Großbanken nach. Das mag in einigen Fällen sinnvoll sein. Als Rezept gegen künftige Krisen taugt es nicht.

Es gibt im Wesentlichen drei Argumente, Banken zu zerschlagen. Erstens sind viele Institute zu groß, um sie ohne verheerende Schäden für die Gesamtwirtschaft pleite gehen zu lassen. Zweitens haben einige Finanzkonzerne zu viel Marktmacht. Drittens sollten Banken, die das Vermögen zahlloser Privatpersonen verwalten, nicht gleichzeitig hochriskante Geschäfte betreiben.

Argument eins wiegt stark. Doch die HRE und selbst die IKB zeigen, dass auch kleine Institute systemisch relevant sein können, weil sie stark mit anderen Banken vernetzt sind. Regulatoren sollten sich daher darauf konzentrieren, Flächenbrände zu vermeiden.

Die Abwicklung riskanter Geschäfte über zentrale Handelsplätze ist dafür ein wesentliches Element. Ein weiterer Ansatz könnte ein Insolvenzrecht für Banken sein. Banken auf ein Maß zu stutzen, das sie für das System ungefährlich macht, ist nicht praktikabel. Solche Banken können nicht globale Konzerne mit hunderten Milliarden Umsatz finanzieren.

Gewichtig ist auch das zweite Argument für eine Zerschlagung von Banken. Einige Finanzkonzerne sind so groß, dass sie ihre Marktmacht zulasten ihrer Kunden ausnutzen können. Die führenden Investmentbanken verdienen im Handel mit Zinspapieren derzeit auch deswegen so viel, weil nur noch wenige Wettbewerber diesen Markt unter sich aufteilen. Es ist daher der falsche Weg, dass die USA und Großbritannien in der Krise noch größere Banken geschaffen haben.

Ein dritter Grund, Banken aufzuspalten, könnte das Anliegen sein, die Einlagen von Privatkunden vor Spekulationsgeschäften zu schützen. King und Volcker wollen daher das amerikanische Trennbankensystem wiederbeleben, das Investmentbanken und Privatkundenbanken unterschied. Aber es war eine reine Investmentbank - Lehman Brothers -, deren Kollaps auch viele Kreditbanken in Schwierigkeiten brachte. Umgekehrt brachen auch Landesbanken zusammen, deren Kerngeschäft gerade nicht die Kapitalmarktspekulation ist.

Banken zu zerschlagen ist sinnvoll, wo die Marktmacht zu groß ist. Um Risiken für das System und die Einlagen zu reduzieren, sind andere Instrumente wirkungsvoller. Banken müssen riskante Geschäfte mit weit mehr Kapital unterlegen. So wird die Spekulation für Finanzkonzerne - egal ob Investmentbank oder Landesbank - unattraktiver. Risiken schrumpfen, der Trend zur Größe wird gebrochen.

Investmentbanken würden auf ihre sinnvolle Rolle reduziert, als Mittler zwischen Firmen und Staaten sowie den Anlegern am Markt. Die Industriestaaten haben strengere Kapitalregeln bereits beschlossen. Nun sollten sie die Regeln streng umsetzen. Geschieht dies, braucht man sich nicht populären Zerschlagungsphantasien hinzugeben.

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