Banken in der Krise:Ackermann und die anderen

Ist Selbstreinigung möglich? Die Chefs der größten deutschen Banken haben höchst unterschiedliche Auffassungen über die Lehren aus der Krise.

Martin Hesse

Die Vorstandschefs der größten deutschen Banken sind uneins darüber, welche Lehren die Branche aus der Finanz- und Wirtschaftskrise ziehen sollte.

Während Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann am Donnerstag betonte, die Kreditinstitute setzten die Lehren aus der Krise bereits um, glauben die Chefs der Commerzbank und der Hypovereinsbank, Martin Blessing und Theodor Weimar, nicht an eine Selbstreinigung der Banken. Weimer sieht eine Spaltung der Branche in aggressive Investmentbanken und Kreditinstituten mit vorwiegend kundenorientiertem Geschäft.

Keine normalen Zeiten

Ackermann wehrte sich gegen den Vorwurf, die Banken machten nach der Krise einfach weiter wie bisher. "Die Behauptung, es herrsche wieder business as usual, entspricht nicht den Tatsachen", sagte er bei einer Konferenz der Wochenzeitung Die Zeit.

Er reagierte damit auf Vorwürfe aus der Politik, die Banken kehrten zu riskanten Praktiken zurück, die in die Krise geführt hätten. Auf dem Weltfinanzgipfel Ende September in Pittsburgh sollen härtere Bonus- und Eigenkapitalregeln auf den Weg gebracht werden. Die Regierungen Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens veröffentlichten am Donnerstag einen Brief an die schwedische EU-Ratspräsidentschaft, in dem sie verbindliche Regeln, vor allem für die Vergütung von Spitzenbankern fordern.

Auch Ackermann sprach sich für eine internationale Regulierung aus. Er hob aber hervor, "dass die Banken bei der Umsetzung der Lehren aus der Finanzkrise gut vorankommen". So hätten sie ihre Verschuldungsgrade reduziert, ihr Risikomanagement verbessert und arbeiteten an nachhaltigeren Bonussystemen.

Ackermann hob hervor, dass der Aufsichtsratschef der Commerzbank, Klaus-Peter Müller, eine wichtige Rolle dabei spiele, die Selbstregulierung weltweit durchzusetzen. Umso erstaunlicher ist, wie sich Commerzbankchef Blessing zu den Versuchen einer Selbstreinigung äußerte: "Die Hoffnung, dass man sich auf die Selbstbeschränkung von einzelnen Banken verlassen kann, habe ich hinter mir gelassen", sagte Blessing. Es werde eine neue Welle der Regulierung geben. Unterstützung erhielt Blessing von HVB-Chef Theodor Weimer: "Selbstbeschränkung läuft in der Gruppe nie."

Das neue Investbanking

Weimer forderte, Banken müssten weniger Risiken eingehen. Alle hätten schmerzlich lernen müssen, dass man nicht alles über Kapitalmärkte abwickeln könne und dass diese Märkte auch versagen könnten. "Es war nicht gut, von allen Banken eine Eigenkapitalrendite von 25 Prozent zu fordern", sagte Weimer, ohne sich ausdrücklich auf Ackermann zu beziehen.

Neue Steuerungsgrößen

Der Deutsche-Bank-Chef hatte eine solche Vorsteuerrendite stets zum Ziel erklärt und darauf verwiesen, dies sei internationaler Standard. Weimer forderte, man müsse andere Steuerungsgrößen entwickeln. Es werde künftig einerseits Banken geben, die lediglich kundenorientiertes Investmentbanking betreiben.

So definieren sich die Commerzbank und die HVB-Mutter Unicredit. Weiterhin werde es aber auch Investmentbanken geben, die aggressiv handelten und hohe Risiken eingingen. "Diese Hochrisikoanbieter müssen auch kaputtgehen können, ohne dass das System gefährdet wird", sagte Weimer. Als Häuser, die stark von Handelsgeschäften leben, gelten Goldman Sachs und auch die Deutsche Bank, die jedoch selbst angibt, vorwiegend für Kunden zu handeln

Unterschiedlich argumentierten die Bankchefs auch in der Frage der Regulierung von Boni. Während Blessing und selbst Ackermann für global einheitliche Vergütungsregeln plädierten, warnte Alexander Dibelius, Deutschlandchef von Goldman Sachs, vor einer zu starken Einmischung der Politik. "Die Entscheidung über leistungsabhängige Bezahlungen sollte nicht der Staat treffen, das ist eine Aufgabe des Aufsichtsrats und der Aktionäre." Man dürfe nicht unter dem Deckmantel der Bonusfrage eine verteilungspolitische Diskussion führen.

Einig waren sich die Bankchefs, dass es nicht sinnvoll sei, die Größe von Banken zu begrenzen. Ackermann warnte außerdem vor einer Renationalisierung der Regulierung. "Als regelrecht bedrückend empfinde ich die Tatsache, dass wir selbst in der EU dabei sind, die Errungenschaften des europäischen Finanzbinnenmarktes preiszugeben."

Schließlich warf Ackermann Deutschland und anderen EU-Staaten Kleinstaaterei vor. "Während man in Deutschland noch über eine Konsolidierung der Landesbanken diskutiert, machen Banken aus Schwellenländern heute schon mehr als ein Viertel der Marktkapitalisierung der Top-25 Banken weltweit aus."

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