Süddeutsche Zeitung

Banken in der Bredouille:Und nun die Offenbarung

Die deutschen Geldinstitute haben nur wenige Tage Zeit: Sie müssen den Behörden erklären, inwieweit sie sich in Griechenland engagiert haben - und wie sie sich die Umschuldung vorstellen. Doch da gibt es noch ein hässliches Problem: die Bad Banks.

Helga Einecke, Frankfurt

Die Griechen drängen. Die Banken und Versicherer rechnen. Und die Politiker und Lobbyisten verhandeln. Es geht ja um eine große Sache, die lautstark auf dem letzten Europa-Gipfel in Brüssel verkündet worden war - um den Beitrag der privaten Gläubiger, also der Banken und Versicherungen, an der Rettung Griechenlands. Die Hilfe soll über den Euro-Raum hinweg insgesamt 50 Milliarden Euro locker machen.

Demnächst erhalten die deutschen Geldinstitute in dieser Sache Post von der Finanzaufsicht Bafin: Darin werden sie aufgefordert, bis zum 9. September, 17 Uhr, zu offenbaren, wie hoch ihre Engagements in Griechenland aktuell sind und welche Form der Umschuldung sie anstreben. Die Adressaten können unter vier verschiedenen Lösungen wählen.

Doch Streit in dieser Angelegenheit gibt es über die Einstufung der beiden deutschen Bad Banks, also jene finanzpolitischen Sonderdeponien, in denen die verunglückte Hypo Real Estate und die WestLB ihre Griechenland-Milliarden verschoben haben. Sind sie privat? Oder öffentlich? Mit 7,4 Milliarden Euro hat die Bad Bank der HRE in Deutschland bei weitem am stärksten in Griechenland-Anleihen investiert; sie firmiert unter FMS Wertmanagement in München. Die Bad Bank der WestLB in Düsseldorf - getauft auf EAA (Erste Abwicklungs Anstalt) - hält 1,1 Milliarden Euro.

Das Bundesfinanzministerium fordert nun demonstrativ eine Beteiligung der beiden Abwicklungsanstalten. "Wir gehen davon aus, dass sie naturgemäß ihren Beitrag leisten", sagt eine Sprecherin. Die Entscheidung darüber träfen die beiden Bad Banks aber selbst. Die wiederum wollen sich ohne Rückendeckung aus Berlin nicht festlegen. "Wir arbeiten intensiv daran", wiegelt ein Sprecher der FMS ab. "Unser Vorstand hat grundsätzlich Ja gesagt", formulieren die Düsseldorfer. Die Details seien mit den Gremien abzustimmen. Klingt nach: Ja, aber.

Die Gremien, das sind nicht nur die Verwaltungsräte, sondern auch der deutsche Bankenrettungsfond und Politiker. Hinter den Kulissen wird darüber diskutiert, zu welchem Anteil die beiden staatlichen Abwicklungsanstalten dem privaten Sektor überhaupt zuzuordnen sind. Das erklärt auch die Zweifel, in welchem Umfang die FMS und die EAA an dem Tauschprogramm teilnehmen. Solche Überlegungen könnten auch diejenigen Landesbanken anstellen, die Bundesländern gehören. Die Beteiligung der privaten Gläubiger gilt als wichtige Voraussetzung dafür, dass das Parlament dem EU-Rettungspaket zustimmt.

Die griechische Regierung drohte bereits, die Sache platzen zu lassen, wenn nicht mindestens 90 Prozent der fraglichen Papiere gewechselt werden. Besonders das lahme Tempo in Deutschland, bedingt durch die Bad Banks, ärgert Athen. Ende voriger Woche meldete sich die griechische Regierung über die Börse in Athen. Sie listete in einem 13-Seiten-Schreiben die 81 von ihr ausgegebenen Anleihen auf, die bis zum Jahr 2020 laufen und die sie in die Umschuldung mit einbeziehen will. Es geht im Kern um den Tausch in neue Anleihen mit Laufzeiten bis zu 30 Jahren und einen Abschlag auf den bisherigen Bestand um ein Fünftel. Außerdem schickte das Finanzministerium in Athen einen doppelt so langen Brief an die Finanzministerien der Euro-Länder sowie an die Aufseher der Banken und an Versicherungen.

Die Bitte der Griechen: Bitte helft uns, damit aus der Umschuldung etwas wird.

Auch die Banken haben sich europaweit formiert. Der internationale Bankenverband IIF, geleitet vom Deutschbankier Josef Ackermann, plante schon im Vorfeld des EU-Gipfels eifrig mit. Die Federführung der Gespräche mit den Banken der einzelnen Länder liegt bei der britischen HSBC Bank, der französischen BNP und der Deutschen Bank. Ackermanns Institut wird die Hilfsbeträge mit den deutschen Instituten klären.

Der Verzicht auf Forderungen an Griechenland trifft die Bankenwelt keineswegs überraschend. Die meisten Institute haben in ihrer Zwischenbilanz rückwirkend fürs erste Halbjahr ihren Bestand an griechischen Anleihen um 21 Prozent abgeschrieben. Eine entsprechende Vorgabe hatte das Institut der Wirtschaftsprüfer gemacht. Selbst die EAA im WestLB-Umfeld schließt sich der allgemeinen Abschreibungspraxis an. Aber sie schränkte ein, die "gebuchten Abschreibungen könnten die tatsächlichen Auswirkungen überzeichnen." Derzeit sei nämlich offen, in welchem Umfang die EAA an der Umschuldung privater Gläubiger teilnehmen werde.

Die FMS in München hat dagegen bisher nicht einmal einen Zwischenbericht vorgelegt. Sie gibt zu bedenken, dass nur ein Drittel ihrer Forderungen innerhalb der nächsten Dekade fällig werde. Deshalb gehe es auch um weniger dramatische Summen als der Bestand an Griechenland-Forderungen von Ende 2010 - 7,4 Milliarden Euro - vermuten ließen.

Großbanken haben ihre Forderungen an Griechenland teils um mehr als ein Fünftel bereinigt. Die Commerzbank drückte sie um ein Viertel auf 2,2 Milliarden Euro, die DZ Bank um ein Drittel auf 488 Millionen Euro. Nicht zuletzt schrieben Groß-Versicherungen wie Allianz oder Munich Re ihre Engagements bei den Hellenen ab. Über die Teilnahme an der Umschuldung sagt dies noch nichts.

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SZ vom 30.08.2011/hgn
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