Banken: Geldtransfer:33-stelliger Code fürs Hirn

Überweisung als Denksport: Die Europäische Union will unter dem Stichwort Sepa ein einheitliches Zahlungssystem zur Pflicht machen. Kunden müssten sich dann Codes von enormer Länge merken.

Harald Freiberger

Wer gelegentlich Geld ins Ausland überweist, kann ermessen, was in naher Zukunft auch bei Bankgeschäften im Inland auf ihn zukommt: Da gilt es eine endlose Buchstaben- und Zahlenfolge in ein Feld einzutragen, über dem das ominöse Wort "Iban" steht, es sind genau 22 Stellen. Und darunter gibt es noch das Feld "Bic", das aus elf Stellen besteht. Statt der bisher 17 Stellen aus Bankleitzahl und Kontonummer sollen sich die Kunden künftig also wahre Zahlenkolonnen merken - 33 Stellen, zum Beispiel: DE17705400000102132971 (Iban) und RZTIAT22263 (Bic).

Swift-Abkommen

Geht es nach der EU, wird die herkömmliche Kontonummer im Überweisungsverkehr abgeschafft.

(Foto: dpa)

Nach dem Willen der EU wird unter dem Stichwort Sepa in Europa bald ein einheitliches Zahlungssystem zur Pflicht. Das bringt es mit sich, dass Überweisungen nicht mehr nach den nationalen Regeln übermittelt werden, sondern nach dem einheitlichen Sepa-Format. Dafür ist bei Banken eine komplett neue Software nötig, viele Prozesse müssen umgestellt werden. Und es braucht den Zahlensalat von Iban und Bic, weil viel mehr Kennziffern nötig sind als bisher. Die Verbraucherschützer schlagen bereits Alarm: "Bei der Umstellung droht ein Riesenchaos", sagt Frank-Christian Pauli vom Bundesverband der Verbraucherzentralen. Die Banken müssten schnell damit anfangen, ihre Kunden zu informieren, sonst seien diese mit den Zahlenkolonnen überfordert.

Eigentlich trat Sepa für Überweisungen schon Anfang 2008 in Kraft. Doch die EU erlaubte es den Banken, zweigleisig zu fahren. Sie dürfen Überweisungen seitdem weiter nach dem nationalen System abwickeln. Überweist ein Kunde ins Ausland, übertragen sie das per Hand oder mit einer eigenen Software. "Das ist, als hätte man den Ländern nach Einführung des Euro erlaubt, parallel weiter D-Mark oder Franc zuzulassen", sagt Bernd Richter, Zahlungsverkehrsexperte beim Beratungsunternehmen Capco.

Viel Zeit gelassen

Das Ergebnis war, dass die Banken sich Zeit ließen. "Zweieinhalb Jahre nach Einführung sind viele Institute nicht in der Lage, ihren gesamten Zahlungsverkehr auf Sepa abzuwickeln", sagt Richter. In Deutschland läuft maximal ein Prozent des gesamten Zahlungsverkehrs über Sepa. EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier macht nun Druck: Er will den Banken im Herbst eine Frist setzen. Man rechnet damit, dass sie gezwungen werden, vom 1. Januar 2012 an jede Überweisung über Sepa abzuwickeln. "Manche Banken werden rein technisch Schwierigkeiten haben, diesen Termin einzuhalten", sagt Richter. Auch Verbraucherschützer Pauli hält die Zeit für zu knapp: "Die Information der Kunden hätte längst anlaufen müssen." Denn sie müssen erfahren, wie ihre eigene Iban und Bic lauten, die sie künftig immer angeben müssen. Zudem steht die Kontonummer auf vielen Debitkarten (früher: EC-Karten). "Es ist technisch nicht nötig, dass diese mit Sepa umgestellt werden", sagt Richter zwar, aber viele Verbraucher merken sich die eigene Kontonummer über die Karte. Ein anderes praktisches Problem: Alle Briefköpfe von Firmen, auf denen die Kontoverbindung steht, müssen neu gedruckt werden.

Und voraussichtlich ein Jahr nach der Überweisung soll auch die Lastschrift, zum Beispiel die Einzugsermächtigung, vereinheitlicht werden. Das bringt weitere Probleme mit sich. So ist noch nicht klar, ob die alten Lastschriften einfach fortgeführt werden oder der Kunde neu zustimmen muss. "Die Gefahr ist groß, dass die Verbraucher von Sepa überrollt werden", sagt Pauli.

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