Auswirkungen der CIT-Pleite:Die zweite Welle rauscht heran

Die Pleite der CIT-Bank zeigt, wie fragil die Weltwirtschaft noch immer ist. Löst die Insolvenz ein ähnliches Erdbeben aus wie die von Lehman?

Harald Freiberger

Der Fall des US-Mittelstandsfinanzierers CIT ist die größte Pleite einer US-Bank seit der Insolvenz der Investmentbank Lehman Brothers. Bei dem Stichwort läuten bei vielen die Alarmglocken: Denn mit der Lehman-Pleite im Herbst 2008 verschärfte sich die Finanzkrise, die Weltwirtschaft geriet an den Rand des Abgrunds. Muss man auch Ähnliches nun wegen CIT fürchten? Wird das Beben in den USA auch in Europa zu spüren sein?

CIT-Pleite, Banken, Getty Images

Die Insolvenz der CIT-Bank beweist nach Expertenmeinung, dass die Krise noch lange nicht bewältigt ist.

(Foto: Foto: Getty Images)

Bankenexperten in Deutschland sehen die Folgen bei weitem nicht so schlimm wie vor einem Jahr. "Lehman war international viel stärker verflochten als CIT, man sieht es daran, dass heute noch Tausende deutsche Anleger Geld aus Zertifikaten einklagen", sagt Andreas Rathgeber, Professor für Finanzwirtschaft an der UMIT-Universität in Innsbruck.

Auch im Geschäft zwischen den Banken war Lehman wichtig: Institute auf der ganzen Welt hatten Lehman Geld geliehen oder bei Lehman Geld angelegt. Rathgeber: "Die Tragweite war deshalb eine ganz andere als jetzt bei CIT." Die Insolvenz des Mittelstandsfinanzierers sei für die USA zwar ein großes Problem, es sei jedoch nicht zu erwarten, dass sie Schockwellen um den Globus aussende.

Notenbanken sorgen für Liquidität

Martin Faust, Professor an der Frankfurt School of Finance and Management sieht es ähnlich: "Die Lehman-Pleite war deshalb so gravierend, weil die Akteure auf den Finanzmärkten erstmals die Erfahrung machen mussten, dass der Staat eine Bank nicht rettet", sagt er. Danach hätten die Staaten und Notenbanken aus dem Fall gelernt und Instrumente gefunden, um die Folgen einzudämmen, wenn ein Finanzinstitut in Schieflage gerate.

Seitdem erhalten die Staaten weltweit systemrelevante Banken mit Eigenkapitalhilfen und Garantien für toxische Wertpapiere am Leben. Die Notenbanken sorgen für die Liquidität, die nach der Lehman-Pleite zusammenbrach, weil sich die Institute gegenseitig nicht mehr vertrauten und sich kein Geld mehr liehen. "Man hat die Folgen einer Bankenpleite heute im Griff, deshalb ist CIT weit weniger dramatisch als Lehman", sagt Fachmann Faust.

Gefahr durch ausfallende Kredite

Der Frankfurter Professor sieht die Insolvenz von CIT aber als "Indikator dafür, dass die Wirtschaftskrise noch lange nicht vorbei ist". Es sei auffällig, dass es nun ein Institut treffe, das in der Finanzierung von mittelständischen Firmen und Privatleuten tätig war.

"Das zeigt, dass nun die zweite Welle der Finanzkrise beginnt, in der die Banken darunter leiden, dass viele Kredite ausfallen", sagt Faust. Die erste Welle, in der Institute Wertpapiere in Milliardenhöhe abschreiben mussten, sei dagegen weitgehend verarbeitet.

Faust erwartet, dass auch deutsche Banken in den nächsten Monaten zunehmend unter Firmeninsolvenzen und ausfallenden Krediten leiden werden. "Die Folgen werden nicht mehr so schlimm sein wie bei der ersten Welle, aber es kann trotzdem für gehörige Unruhe sorgen", sagt er. Dass deutsche Banken deswegen in Schieflage geraten und erneut Staatshilfe beantragen müssen, sieht er derzeit aber nicht.

Privatwirtschaftliche Lösung

Im Übrigen kann Faust der Pleite von CIT auch etwas Positives abgewinnen: "Banker auf der ganzen Welt sehen, dass ein Institut nicht mehr um jeden Preis vom Staat gerettet wird", sagt er. Das verhindere, dass sie sich zu sehr in Sicherheit wiegten.

Zugleich sei es aber gelungen, die Folgen der Pleite durch eine privatwirtschaftliche Lösung einzudämmen: Der CIT-Großaktionär Carl Icahn gewährt einen zusätzlichen Kredit von einer Milliarde US-Dollar, die US-Bank Goldman Sachs stützt CIT mit zwei Milliarden Dollar. "Das sendet ein wichtiges Signal an die Finanzmärkte: Es kann durchaus sinnvoll sein, auch eine große Bank in die Insolvenz gehen zu lassen, ohne dass die Weltwirtschaft dadurch in Mitleidenschaft gezogen wird", sagt Faust.

Die Börsen sahen das am Montag genauso: Weder in Frankfurt noch in New York gab es bei Bankenaktien nennenswerte Kursverluste.

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