Ausstellung:Neue Stühle

Ausstellung: Von Walter Papst stammen innovative Stühle ebenso wie diese Schaukelskulptur.

Von Walter Papst stammen innovative Stühle ebenso wie diese Schaukelskulptur.

(Foto: Museum August Kestner)

Der Designer Walter Papst hat innovative Stühle entworfen. Eine Veranstaltung in Hannover zeigt einige davon.

Von Joachim Göres

"Es gibt nichts Schwereres als einen neuen Stuhl zu erfinden." Dies ist ein Satz aus der Ausstellung "Sitzen beim Papst", die bis zum 4. Oktober im Museum August Kestner in Hannover Sitzmöbel des Designers Walter Papst zeigt. Ein Satz, der die Leistung von Papst unterstreichen soll, der sich in den Fünfziger- und Sechzigerjahren aufmachte, neue Stuhlmodelle zu entwerfen.

Besonders ins Auge springt beim Rundgang der dreibeinige Holzstuhl für das Klassenzimmer. "Die Sitzschädigung durch das Stillsitzen unserer Schulkinder für eine ständig zunehmende Stundenzahl ist seit langem als eine der wichtigsten Ursachen für die Haltungsschädigung und den Haltungsverfall unserer Jugendlichen erkannt", schreibt Oskar Hepp, Professor an der Universitätsklinik Kiel 1954 - um dann die Vorzüge des Papstschen Dreibeinstuhls zu loben. Den kann man nämlich ganz unterschiedlich nutzen: Er stützt den Rücken ab, aber Schüler können sich auch umgekehrt darauf setzen und sich mit den Armen oder der Brust auf der gebogenen Lehne abstützen - so fördern die Stühle den Wechsel der Haltung.

Papst experimentierte auch gerne mit Farben und Materialien. Er war einer der Ersten, der glasfaserverstärkten Kunststoff einsetzte - in Hannover kann man es sich auf einer Bank gemütlich machen, die das Gewicht eines Bären aushält und dennoch leicht ist. Aus dem Holzschaukelpferd wurde bei Papst eine Schaukelplastik in leuchtendem Orange, Rot, Blau und Gelb. Der Pferdekopf mit Haltegriffen ist aus Kunststoff, wie auch die farbigen Kinderstühle mit gerundeten Ecken und Kanten. Er entwickelte aus Polyester eine nur 52 Kilo schwere Alternative zum Strandkorb. Die Designzeitschrift form lobt: "Papst hat dem Strandkorb Sitzeigenschaften im Komfort eines Ruhesessels mitgegeben", wovon sich der Besucher bei einer Sitzprobe überzeugen kann. Doch der 2008 verstorbene Designer stellte angesichts der geringen Resonanz resigniert fest: "Die Leute wollen nur das, was sie kennen." Was zu der Feststellung verleitet: Noch schwerer als das Erfinden eines neuen Stuhls ist seine erfolgreiche Vermarktung.

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