Aufschwung an den Börsen:Geborgte Rally

An den Börsen steigen die Kurse, der Dax steht kurz vor der 6000-Punkte-Marke. Doch der Aufschwung steht auf einem wackeligem Fundament.

Simone Boehringer

Nach dem Kursverfall an den Börsen Anfang des Jahres könnte die Bescherung nun kaum besser ausfallen: Um mehr als 60 Prozent hat der Dax seit dem Tief Anfang März aufgeholt. In den Vereinigten Staaten, der immer noch führenden Wirtschaftsmacht der Welt, schafften die Aktienmärkte mit einem Kurssprung von 65 Prozent binnen weniger Monate sogar die schnellste und größte Aktienrally seit mehr als 70 Jahren.

Bulle, Börse, Foto: AP

Bulle und Bär vor der Deutschen Börse in Frankfurt: Der Aufschwung an den Aktienmärkten ist teuer erkauft.

(Foto: Foto: AP)

Der Aufschwung ist verbunden mit der Hoffnung, dass die Konjunktur im nächsten Jahr zu alter Stärke zurückfindet. Anleger, die diesen Optimismus mitgetragen haben und rechtzeitig den (Wieder-)Einstieg an den Börsen wagten, haben alles richtig gemacht. Doch bald könnte die Zeit reif sein, das Erreichte erst einmal einzustecken und die Gier zu begrenzen - denn die Erwartung eines anhaltenden Wirtschaftsaufschwungs kann trügerisch sein.

Zum einen, weil die Gewinnvorhersagen der Investmentprofis zum Teil ohne genaue Informationen aus den Unternehmen erfolgten. So haben Studien zufolge mehr als die Hälfte der Unternehmen im Deutschen Aktienindex Dax bislang nicht einmal für das Gesamtjahr 2009 exakte Prognosen vorgelegt. Die Erwartungen, die an den Märkten derzeit gehandelt werden, fußen daher im wesentlichen auf Konjunkturumfragen, die jüngst teilweise sogar widersprüchliche Aussagen enthielten.

Zum zweiten ist die bisherige Konjunkturerholung teuer erkauft und zum Großteil auf Pump finanziert. Satte 30 Billionen Dollar haben Regierungen und Notenbanken seit Beginn der Finanzkrise aufgebracht, um mit billigem Geld Banken zu retten und auf Kredit (Finanz-)Löcher zu stopfen sowie Konjunkturprogramme anzuschieben. Ein Teil der Gelder wanderte zurück in die Kapitalmärkte. Die Summe entspricht mehr als der Hälfte dessen, was die Weltbevölkerung in einem Jahr erwirtschaften kann. Die Folge: In vielen Ländern trüben zweistellige Staatsdefizite und noch nie dagewesene Schuldenberge die Perspektiven. Die westliche Welt braucht Wachstum, um ihrer Schulden überhaupt noch Herr zu werden zu können.

Trotz mehrfacher Andeutungen haben es daher die Währungshüter - mit Ausnahme der Europäischen Zentralbank (EZB) - noch nicht gewagt, ihre Finanzierungshilfen zurückzufahren. Und auch die EZB will erst 2010 damit beginnen.Sobald sich die Geldzufuhr verringert, wird es auch an den Börsen Kurskorrekturen geben.

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