Arzneikosten:Rösler greift Preisdiktat der Pharmaindustrie an

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Die Arzneikosten in Deutschland sind teilweise deutlich höher als im Ausland. Das will Gesundheitsminister Philipp Rösler nicht mehr länger hinnehmen.

C. Hulverscheidt

Die Bundesregierung will die Arzneimittelkosten in Deutschland um ein bis zwei Milliarden Euro pro Jahr drücken. Das ergibt sich aus Überlegungen einer Arbeitsgruppe im Gesundheitsministerium, die derzeit nach Einsparmöglichkeiten in diesem Bereich sucht.

Demnach sollen die Pharmaunternehmen die Preise für neue Medikamente zwar auch künftig mit den Krankenkassen aushandeln können. Kommt es aber zu keiner Einigung, werden Höchstpreise festgelegt.

Das Ministerium wollte sich zu den Vorschlägen nicht äußern, verwies aber auf Aussagen von Ressortchef Philipp Rösler (FDP), wonach der Anstieg der Medikamentenkosten gebremst werden müsse. Sobald das Konzept "spruchreif" sei, werde es der Öffentlichkeit vorgestellt, sagte ein Sprecher. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung könnte das bereits in wenigen Tagen noch im März der Fall sein.

Medikamente teurer als im Ausland

Sollte sich Rösler die Überlegungen seiner Experten zu eigen machen, wäre das für die Pharmaindustrie ein Einschnitt. Sie kann den Kassen die Preise bislang praktisch diktieren. Deshalb sind viele Medikamente in Deutschland teils deutlich teurer als im benachbarten Ausland.

Zudem steht die Politik wegen der hohen Gesamtkosten von zuletzt knapp 31 Milliarden Euro im Jahr permanent unter Druck, den Krankenkassenbeitrag anheben zu müssen. Kostentreiber sind vor allem neue, patentgeschützten Mittel. Kritiker werfen der Industrie zudem vor, viele Medikamente auf den Markt zu bringen, die kaum Zusatznutzen für die Patienten haben.

Nach dem Konzept aus Röslers Haus sollen die Firmen bei neuen Arzneien künftig zudem ein Dossier vorlegen müssen, in dem der therapeutische Nutzen nachgewiesen und der angestrebte Preis begründet wird. Zudem sollen sich die Unternehmen an Kampagnen zur Aufklärung über die entsprechenden Krankheiten beteiligen.

CDU fordert Pharma-Soli

Um auch kurzfristig Geld einzusparen, schlägt die Arbeitsgruppe zudem vor, dass es weiterhin Zwangsrabatte zugunsten der Kassen geben soll.

Der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen (GKV) bezeichneten die Pläne als wichtigen Schritt. Es sei gut, dass das Ministerium "an die oft überhöhten Preise der Pharmaindustrie ran will", hieß es in einer Erklärung. "Für uns ist wichtig, dass künftig auch bei neuen und innovativen Arzneimitteln die Kosten in einem angemessenen Verhältnis zu dem Nutzen stehen und das Preisdiktat der Hersteller ein Ende hat."

Der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jens Spahn, fordert von den forschenden Arzneimittelherstellern einen "Pharma-Soli". "Der Vorschlag ist, den Herstellerrabatt per Gesetz für drei Jahre um zehn Prozent zu erhöhen", sagte Spahn dem Internetdienst Spiegel Online.

Dadurch sparten die Krankenkassen pro Jahr eine Milliarde Euro. Dies sei der einzige schnell wirksame Weg, effizient auf die Kostenbremse zu treten. Langfristig müssten allerdings auch die Strukturen geändert und die Rolle des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen gestärkt werden, das den tatsächlichen Nutzen von Arzneimitteln überprüft.

Merkel: "Der Begriff Kopfpauschale führt in die Irre"

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erteilte unterdessen allen Vorschlägen für einen raschen Umbau des Gesundheitswesens hin zu einer einkommensunabhängigen Kopfpauschale eine Absage. "Der Begriff Kopfpauschale führt in die Irre", sagte sie der Frankfurter Rundschau.

In dieser Wahlperiode gehe es darum, mit den steigenden Kosten im Gesundheitswesen anders umzugehen als bisher und die Arbeit nicht weiter zu verteuern. Die Koalition konzentriere sich dabei auf die Zeit bis 2013. "Wir gehen also bei einer Veränderung schrittweise vor und müssen nicht schon alle Unterschiede, die es zur FDP-Programmatik auf lange Frist gibt, auflösen", sagte die Kanzlerin.

© SZ vom 08.03.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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