Architektouren 2009:Überaus aufschlussreich

Am Wochenende wird es wieder Architektouren geben: 300 beispielhafte neue Häuser, Gärten und Gewerbebauten stehen zur Besichtigung offen.

Von Hans Kratzer

Auf den saftigen Äckern entlang der Isar sind findige Bauern vor 7000 Jahren auf die Idee gekommen, das Nomadenleben aufzugeben und sich bequem in Häusern niederzulassen. Dieser Hang zur Sesshaftigkeit hat in der bayerischen Landschaft den Keim für eine stolze Bautradition gelegt, die bereits in der Römerzeit und dann im späten Mittelalter eine erstaunliche Qualitätshöhe erreichte. Die städtische wie auch die bäuerliche Baukultur waren für Bayern über Jahrhunderte hinweg eine Zierde.

Erst im Wohlstandsfieber der Nachkriegsjahre obsiegte im Bauwesen ein von Geschmacklosigkeit, ja sogar von Hässlichkeit dominiertes Kraut-und-Rüben-Prinzip, das mit der Zeit selbst den Architekten sauer aufstieß. Grässliche Bausünden hatten viele Dörfer, Märkte und Stadtteile grausam verschandelt. Doch langsam dreht sich der Wind wieder. Eine Fülle von neuen, innovativen Bauwerken belegt, dass in der städtischen und ländlichen Landesarchitektur Hopfen und Malz doch noch nicht verloren sind.

Immer mehr Menschen sehen mittlerweile ein, dass ihre Lebensqualität ganz entscheidend von einem guten Wohnumfeld abhängt. Das wachsende Interesse an diesem Thema spiegeln auch die Architektouren wieder, jene ehrenwerte Veranstaltung, die alljährlich das letzte Juni-Wochenende bereichert.

Diesmal präsentiert die Bayerische Architektenkammer fast 300 Objekte im gesamten Freistaat, mehr als jemals zuvor. Die Bürger bekommen am Samstag und am Sonntag die Gelegenheit, vorbildliche, aber auch umstrittene neue Bauwerke hautnah zu erleben. "Es ist uns wichtig, dass man auch mit den Urhebern, also Architekten, Stadtplanern und Bauherren ins Gespräch kommen kann", sagt Lutz Heese, der Präsident der Bayerischen Architektenkammer. Sogar die alte Streitfrage, was denn qualitätsvolles Bauen sei, spiegele sich in den Architektouren wieder. "Denn die Architektur ist die öffentlichste aller Künste", sagt Heese.

Licht und Natur als Bauelemente

Vom abschreckenden Beispiel Amerika seien wir weit entfernt, betont Heese. Dort sei es ganz normal, dass ein Toskanahaus neben einem finnischen Holzhaus und einem griechischen Tempelchen stehe. "Dieses Durcheinander haben wir hier nicht." Heese ist überzeugt davon, dass das Architekturverständnis in der bayerischen Bevölkerung sehr hoch ist. Mehr denn je achteten die Bauherren auf Licht und eine energetische Bauweise, auf natürliche Baustoffe und eine multifunktionelle Nutzbarkeit ihrer Häuser.

Programm für Kinder

Ihnen komme zugute, dass Bayern das modernste Baurecht in Deutschland habe, das inzwischen von vielen Bundesländern nachgeahmt werde. Es setze Vertrauen in den mündigen Bürger. Der Staat mische sich kaum noch ein.

Selbst in den Gewerbegebieten, bislang flächendeckend besonders krasse Horte der Hässlichkeit, sieht Heese einen Hoffnungsschimmer. Die Firmen erkennen, dass ihnen eine gelungene architektonische Präsentation einen Wettbewerbsvorteil beschert. Die Architektouren warten auch diesbezüglich mit beispielhaften Bauwerken auf.

Und zum ersten Mal stehen bei den Architektouren Veranstaltungen auf dem Programm, die sich explizit an Kinder wenden.

Informationen unter Tel.-Nr. 089 / 139880-0 und unter http://www.byak.de/start/architektur/architektouren Das Programm kann auch direkt bei der Bayerischen Architektenkammer abgeholt werden, und zwar bis spätestens Freitag um 17 Uhr: Waisenhausstraße 4, 80637 München

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