Apple-Bezahldienst:Die Revolution muss warten

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(Foto: Oliver Berg/dpa)

Bringt das neue iPhone die nächste technologische Wende? Mit dem Gerät soll man bargeldlos zahlen können. Doch die Deutschen lieben Scheine und Münzen. Apple dürfte sich hierzulande ziemlich schwertun.

Von Harald Freiberger, Frankfurt

Wenn der Apfel fällt, wird alles anders: Der US-Konzern Apple hat es mehrmals geschafft, der technologischen Entwicklung weltweit eine entscheidende Wende zu geben. So war es beim PC, so war es beim iPod, so war es beim iPhone, so war es beim Tablet. Wie es aussieht, ist die nächste Generation des iPhone, die am 9. September vorgestellt wird, mit einem Chip ausgestattet, der bargeldloses Bezahlen ermöglicht. Es soll Kooperationen mit den Kreditkartenunternehmen Mastercard, Visa und American Express geben.

Seit dies am Montag bekannt wurde, ist das Geraune in der Branche groß. Wird Apple nun die nächste technologische Revolution herbeiführen, diesmal im Zahlungsverkehr? Werden dann alle nur noch mit dem Smartphone bezahlen und Bargeld bald der Vergangenheit angehören?

Ganz so schnell wird es wohl nicht gehen, gerade in Deutschland. Es gibt hierzulande einige Besonderheiten beim Umgang der Bürger mit dem Geld und dem Bezahlen. Diese dürften Apple und den Kreditkartenunternehmen den Durchmarsch erschweren.

Da ist zunächst die Liebe zum Bargeld, die kaum irgendwo so innig ist wie in Deutschland. Während Amerikaner oder Briten fast alles, bis hin zum Croissant, per Kreditkarte zahlen, dominieren bei den Bundesbürgern immer noch Scheine und Münzen. 54 Prozent aller Zahlungen werden bar abgewickelt. Die Zahl ist seit Jahren konstant - trotz großer Bemühungen von Banken, Kreditkartenunternehmen und Einzelhandel, die Deutschen zum bargeldlosen Zahlen zu bewegen. Die einen könnten damit Gebühren einnehmen, die anderen würden Kosten sparen, da das Ausgeben und Einsammeln von Barem teuer ist. Doch die Deutschen lassen es sich nicht abgewöhnen. Die Abhängigkeit wird auch dadurch gefördert, dass es fast an jeder Ecke einen Geldautomaten gibt.

Was Kreditkarten betrifft, ist Deutschland ein Entwicklungsland. Nur jede 20. Transaktion wird so abgewickelt, nur jeder dritte Bundesbürger verfügt überhaupt über eine Kreditkarte. Schon allein deshalb dürfte Apple Probleme haben, sein System flächendeckend zu verbreiten.

Beim bargeldlosen Bezahlen dominiert mit weitem Abstand die Girocard, die früher EC-Karte hieß. 40 Prozent aller Einkäufe werden damit bezahlt, meist von Kunden der Sparkassen und Genossenschaftsbanken. Diese starteten im letzten Jahr einen Feldversuch in einigen Regionen mit dem kontaktlosen Bezahlen, "Girogo" genannt. Dabei befindet sich auf der Karte ein sogenannter NFC-Chip, der nur in die Nähe des Lesegeräts beim Händler gehalten werden muss (dieselbe Technik will Apple in seinen iPhones verwenden). Bei Beträgen bis 20 oder 25 Euro wird das Geld, das vorher aufgeladen wurde, automatisch abgebucht; darüber ist aus Sicherheitsgründen weiter eine PIN erforderlich.

Die Erfahrungen mit Girogo sind gemischt. Die Volks- und Raiffeisenbanken zum Beispiel wollen das Abbuchen von Kleinbeträgen ohne PIN nicht fortführen. "Es ist von den Kunden nicht so akzeptiert worden, wie wir gehofft haben, das vorherige Aufladen stellt offensichtlich ein zu großes Hindernis dar", heißt es beim Bundesverband. Die Sparkassen wollen Girogo zwar im vollen Umfang fortführen. Ein reibungsloser Feldversuch sieht trotzdem anders aus.

Der Einzelhandel wünscht sich zwar weniger Bargeld, weil es für ihn hohe Kosten verursacht. Mit der Einführung eines einheitlichen Systems hat er aber auch seine Probleme. Bei Aldi und Lidl kann man zum Beispiel immer noch nicht mit Kreditkarte bezahlen - den Discountern sind die Gebühren von Visa & Co. zu hoch.

In den nächsten Wochen wollen Banken und Sparkassen eine Lösung für das elektronische Bezahlen bieten. Sie begegnen damit der zunehmenden Konkurrenz durch Dienstleister wie Paypal, die sie anfangs offensichtlich nicht ernst genug genommen haben. Dabei geht es in erster Linie um Einkäufe im Internet. Das bargeldlose Bezahlen in den Läden aber bleibt in Deutschland ein Kapitel für sich. Das dürfte selbst der Wunderkonzern Apple zu spüren bekommen.

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