Anlageberatung:Schutz mit Löchern

Von wegen Anlegerschutz: Obwohl Banken verpflichtet sind, ihre Kunden über Gefahren bei Geldanlagen zu informieren, ist die Beratung miserabel. Doch nicht nur die Politik ist gefordert.

Alexander Hagelüken

Es gibt Fälle, in denen Frührentner ihre gesamten Ersparnisse in Lehman-Zertifikate steckten - und verloren. Es gibt Fälle, in denen Selbständige von ihrer Bank eine sichere Anlage wünschten - und riskante Papiere empfohlen bekamen, die ihnen hohe Verluste bescherten.

Skyline von Frankfurt/M bei Nacht

Auch der Kunde sollte sich informieren. Schließlich steht viel Geld auf dem Spiel.

(Foto: ag.dpa)

So darf es nicht weitergehen, schimpften Politiker, als diese Fälle in der Finanzkrise bekannt wurden. Und flugs beschloss die (damals noch große) Koalition neue Paragrafen zum Schutz der Anleger. Zum Beispiel sollen Bankberater in einem Protokoll festhalten, was sie ihren Kunden warum andienen. Seit Anfang des Jahres sollen sich die Deutschen besser geschützt fühlen, wenn sie sich von ihrer Bank beraten lassen.

Ist das wirklich so? Die Realität sieht offenbar anders aus. Verbraucherschützer haben Testkunden in die Filialen geschickt und kommen zu einem verheerenden Ergebnis: Die Beratung sei noch schlechter als vor dem neuen Gesetz, urteilen die selbst ernannten Richter von Stiftung Warentest. Viele Bankmitarbeiter versäumen es, Kunden nach Einkommen oder Schulden zu fragen - was die Basis für jede sachgerechte Empfehlung wäre. Viele Kunden bekommen kein Beratungsprotokoll ausgehändigt, obwohl dies Pflicht wäre.

Nur die Bank profitiert

Und außerdem dienen die Banker ihren Klienten weiterhin gerne riskante Zertifikate, unflexible Versicherungen oder altmodische Bausparverträge an. Das sind Produkte, die vor allem eines gemeinsam haben: Ihr Nutzen für den Kunden ist umstritten, die Provision aber ist hoch, die die Bank vom Erfinder des Finanzprodukts bekommt. Von wegen mehr Anlegerschutz: Das neue Gesetz hat den Deutschen bisher wenig gebracht.

Die Bundesregierung sollte völlig neu nachdenken, wenn sie die Bürger wirklich besser schützen will. Am konsequentesten wäre es, Provisionen für den Verkauf von Geldanlagen zu verbieten. Ein Zahnarzt lebt ja auch nicht davon, dass ihm Produzenten von Goldfüllungen Provisionen bezahlen. Wäre das so, würde es vermutlich im Mund der meisten Deutschen blinken, obwohl viele gar keine Goldfüllungen benötigen. Genauso ist es bei der Geldanlage: Die Depots der Deutschen sind voller Produkte, die vor allem der Bank hohe Provisionen einbrachten.

Auch die Kunden müssen handeln

Was sollte die Regierung tun? Den Bekundungen der Banken, sie wollten nach der Finanzkrise alles besser machen, ist nur eingeschränkt zu trauen. Die sinnvolle Pflicht zum Beratungsprotokoll muss im Alltag durchgesetzt werden. Es reicht nicht aus, ein solches Gebot ins Gesetz aufzunehmen. Wer dagegen verstößt, sollte eine Strafe erhalten.

Anlageberatung: Anlageberatung der Banken - Bewertung in Schulnoten

Anlageberatung der Banken - Bewertung in Schulnoten

(Foto: online.sdewirtschaft)

Auch der Kunde muss etwas tun

Politisches Handeln ist also nötig. Auch die Banken täten gut daran, ihr angeschlagenes Image aufzupolieren, indem sie ihre eigenen Ankündigungen besserer Beratung selbst ernst nehmen. All das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch die Kunden selbst etwas zu leisten haben.

Viele Deutsche beschäftigen sich nicht mit Geldanlage, erwarten aber ein optimales Ergebnis beim Sparen. Das kann kaum funktionieren. Wenn die Deutschen auch nur halb so viel Energie in die Prüfung ihrer Anlagen investieren würden, wie sie bei der Auswahl eines neuen Fernsehers oder neuen Autos aufwenden, wäre schon viel getan. Kein Gesetz zum Anlegerschutz kann lückenlos sein.

Jede politische Anstrengung ist nur so gut wie die Bürger, die die Ausführung neuer Paragrafen kritisch verfolgen. Nach der Finanzkrise waren die Zeitungen voll von Anlegern, die schlecht beraten, abgezockt und ausgetrickst wurden. Das sollte den Deutschen eine Lehre sein, sich vor einem Beratungsgespräch zu informieren, was auf dem Spiel steht.

Dazu gehört auch das Basiswissen um die Gefährlichkeit von Anlagen, um das Verhältnis von Risiko und Rendite. Wer zehn Prozent Gewinn erwartet, muss wissen, dass er dabei ein Risiko eingeht. Es wäre wie immer falsch, von der Politik die Lösung aller individuellen Probleme zu erwarten.

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