Altervorsorge:Zoff um die Riester-Rente

Die Provision und nicht das Kundenwohl entscheidet oft darüber, was Berater empfehlen. Jetzt wollen Verbraucherschützer klagen

Thomas Öchsner

Die Riester-Rente, einst als bürokratisches Monstrum geschmäht, ist mittlerweile eine Erfolgsgeschichte. Mehr als zehn Millionen Deutsche lassen sich die staatliche Förderung der Altersvorsorge nicht entgehen. Und täglich werden es mehr. Doch nach wie vor gilt in der Finanzbranche ein ungeschriebenes Gesetz. Produkte werden mehr verkauft als gekauft.

Gemeint ist damit: Es sind meist nicht die Kunden, die aktiv werden und sich das beste Produkt heraussuchen. Es ist vielmehr der Vertrieb, der auf die Kunden zugeht und sie zum Vertragsabschluss animiert.

Ob Versicherungen oder Fonds - um erfolgreich zu sein, kommt es deshalb nicht vorrangig auf die Qualität des Produktes an. "Das Angebot muss vielmehr in erster Linie dem Vermittler gefallen", sagt Arno Gottschalk, Finanzexperte der Verbraucherzentrale Bremen.

Beispiel DWS

Ein Lehrstück dafür sind die Riester-Angebote der größten deutschen Fondsgesellschaft, der Deutsche-Bank-Tochter DWS.

Deren Vertriebsprovisionen haben nun zu einem Grundsatzstreit zwischen Bundesfinanzministerium und Fondslobby einerseits und dem Bundesverband der Verbraucherzentralen andererseits geführt.

Es geht dabei im Kern um die Frage, ob Anbieter von Riester-Fondssparplänen von den Vorsorgesparern die Abschlusskosten komplett in den ersten Jahren kassieren - und an den Vertrieb weiterreichen dürfen.

Das erste Riester-Angebot der DWS, die DWS Toprente, erhielt von der Stiftung Warentest glänzende Noten. Trotzdem blieb das Produkt ein Ladenhüter: Gerade einmal gut 80.000 Verträge hat die Fondsgesellschaft von dem Top-Produkt in den vergangenen sechs Jahren verkauft. Der Grund: Das Angebot war für die Finanzverkäufer nicht attraktiv, da sie ihre Provision nur stückweise über die Jahre verteilt erhielten.

Selbst in den Filialen der Deutschen Bank priesen die vermeintlichen Berater ihren Kunden lieber Riester-Versicherungen aus dem eigenen Haus an, obwohl sie für die Sparer wohl wenig profitabel sein dürften.

Ganz anders bei dem neuen DWS-Produkt, der "Riester-Rente Premium", das im Frühjahr 2007 auf den Markt kam: Nicht einmal ein Jahr brauchte die DWS, um davon und von zwei weiteren Varianten mehr als 330.000 Verträge unter die Leute zu bringen. Hauptgrund dafür dürfte das neue Provisionsmodell sein: Die Verkäufer bekommen das Honorar für den Verkauf schon in der Anfangsphase des Vertrags, der Kunde zahlt die Provision in den ersten fünf Jahren ab.

Das hat allerdings seinen Preis. "Wenn ein Großteil der Monatsrate für die Vertriebsprovision draufgeht, profitiert der Kunde weniger stark vom Zinseszinseffekt und womöglich steigenden Aktienkursen in den Anfangsjahren", sagt Verbraucherschützer Gottschalk.

Zoff um die Riester-Rente

In der Finanzbranche ist das nichts Ungewöhnliches: Die Verkäufer von klassischen Lebensversicherungen erhielten früher immer ihre Provision nach Vertragsabschluss auf einen Schlag.

Sprengstoff im Gesetz

Nun verpflichtet das neue Versicherungsvertragsgesetz die Assekuranz, die Abschlusskosten auf die ersten fünf Jahre zu verteilen, so wie das bei den Riester-Versicherungen schon seit 2005 gilt. Trotzdem werden jene Kunden, die eine Lebensversicherung vorzeitig kündigen - das sind mehr als die Hälfte -, weiter meist deutlich weniger Geld zurückbekommen, als sie zuvor eingezahlt haben.

Anlass für die jüngste Kontroverse um die Bezahlung von Provisionen ist nun das neue Investmentgesetz, das seit Anfang des Jahres gilt. Dieses enthält einen Passus, der für die gesamte Fondsbranche Sprengstoff ist: Nach Paragraph 125 dürfen Investmentgesellschaften von den Einzahlungen der Kunden im ersten Vertragsjahr nur noch ein Drittel verwenden, um Vertriebsprovisionen an den Verkäufer zu bezahlen.

Das restliche Honorar ist auf die übrigen Jahre zu verteilen. Das ist für Finanzvertriebe nicht gerade ein Verkaufsanreiz. Diese Regelung, die bisher nur für Fonds deutscher Herkunft galt, wurde nun - auf Druck der Verbraucherschützer - auch auf Fonds ausgedehnt, die die Anbieter im Ausland wie zum Beispiel in Luxemburg aufgelegt haben. In der Fondsbranche gilt dies als Killer für den Verkauf von Fondssparplänen - und Verkaufsturbo für die Konkurrenz, die Lebensversicherer.

Der Bundesverband der Verbraucherzentralen (VZBV) ging davon aus, dass dieser Paragraph auch für die staatlich geförderten Riester-Fonds gilt - und erhielt dafür eine Bestätigung von einem Regierungsdirektor des Finanzministeriums.

Daraufhin intervenierte die Fondslobby, der Bundesverband Investment und Asset Management (BVI), in Berlin. Nun ruderte das Ministerium zurück: Der Beamte habe eine falsche Auskunft gegeben, für Riester-Fonds gelte weiter der Grundsatz aus dem Alterszertifizierungsgesetz, hieß es nun. Demnach dürfen die Kunden im voraus mit den Kosten belastet werden.

Juristische Klärung

Die DWS darf ihren Verkaufsschlager Riester-Rente Premium also weiter unter die Leute bringen. Den VZBV stört daran, dass ausgerechnet für die staatlich geförderten Produkte ein schlechterer Verbraucherschutz gelten soll als für die nicht geförderten Fondsangebote. Der Verband will deshalb die DWS abmahnen und juristisch klären lassen, ob die Vorauskosten bei Riester-Fonds zulässig sind.

Der BVI pocht dagegen darauf, alle Riesterprodukte, also gerade Versicherungen und Fonds, weiter gleichgestellt zu lassen. Zugleich hofft die Fondsbranche aber, dass der umstrittene Paragraph 125 einer gerichtlichen Prüfung nicht standhält. "Diese Vorschrift stellt eine rechtswidrige Diskriminierung von Fondssparplänen gegenüber anderen Altersvorsorge-Produkten dar", sagt DWS-Geschäftsführer Thomas Richter.

Das sieht sogar Verbraucherschützer Gottschalk so, schließlich begünstige der Paragraph den Verkauf von klassischen oder fondsgebundenen Lebensversicherungen. Der Experte fordert deshalb eine einheitliche Regelung: "Es kann nicht sein, dass vor allem jene Anbieter ihre Produkte loswerden, die dem Vertrieb am meisten in den Hals stecken. Es muss Waffengleichheit herrschen."

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