Altersvorsorge:Die umgekehrte Hypothek

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In Ländern wie den USA oder Großbritannien ist das Modell etabliert, hier wird dafür nun ebenfalls stark geworben. Doch was raten Experten? Ist es sinnvoll, mit der eigenen Immobilie die Rente aufzubessern?

Von Monika Hillemacher/dpa

Ob Umkehrhypothek, Renten-Hypothek, Immobilienverzehrkredit: Wer im Alter Geld braucht, kann sein Haus zu Geld machen.

Die klassische Umkehrhypothek funktioniert so: Der Eigentümer bekommt meist von einer Bank oder Versicherung ein Darlehen - in Monatsraten oder als Einmalbetrag ausbezahlt. Dafür lässt sich der Geldgeber eine Grundschuld auf Haus oder Eigentumswohnung eintragen. Im Unterschied zum üblichen Baukredit zahlt der Kreditnehmer weder Zinsen noch Tilgung, beides wird aber aufaddiert. "Die Schuld steigt durch die Zinslast", erklärt Brigitte Mayer von der Verbraucherzentrale Hessen. Aus diesem Effekt leitet sich der Name Umkehrhypothek ab. Abgelöst wird der Kredit meist erst beim Tod des Eigentümers. Danach verkauft der Geldgeber die Immobilie üblicherweise. Der Erlös soll das Darlehen tilgen sowie möglichst einen Gewinn abwerfen.

Für den Eigentümer bedeutet die Umkehrhypothek eine regelmäßige Finanzspritze. Meist wird ein Auszahlungsplan vereinbart, der neben den Zahlungskonditionen auch Angaben zu Zins und Laufzeit enthält. Wie viel Geld Eigentümer erwarten können, hängt von deren Alter und dem geschätzten Wert des Objekts ab. "Die Bank darf aus ihrer Sicht nur eine Immobilie nehmen, die sich hinterher gut verkaufen lässt", sagt Mayer. Toplagen in Ballungsgebieten kommen daher eher infrage als ländliche Anwesen. Außerdem sollte das Haus schuldenfrei sein.

In Großbritannien und in den USA ist die "Reverse Mortgage" Teil der Altersvorsorge

Häufig liegt das gewährte Darlehen unterhalb des tatsächlichen Objektwerts, kritisiert Mayer. Das hängt mit den Risiken zusammen, die die Kreditgeber tragen - etwa wenn sie die Lebenserwartung des Rentners kalkulieren müssen oder die Frage, wie viel Geld beim Verkauf der Immobilie in zehn oder 20 Jahren herausspringt. Das abzuschätzen, komme einem Blick in die Glaskugel gleich, sagt Reif. Die Anbieter setzen deshalb hohe Sicherheitsabschläge an; zum Teil kommen nur monatliche Zusatzrenten im unteren dreistelligen Bereich zusammen. Das ist oft enttäuschend für stolze Eigentümer. Deshalb rät Mayer, die Immobilie über einen Makler zu verkaufen, "da haben Sie mehr von."

Die Idee stammt aus dem angelsächsischen Raum. In Großbritannien und in den USA ist die "Reverse Mortgage" Teil der Altersvorsorge. In den USA fängt sogar der Staat das "Risiko" ab, dass der Hausbesitzer lang lebt. Hierzulande seien die Sicherheitsabschläge relativ hoch, somit komme weniger dabei raus, erklärt Stefan Lutter, Sprecher des Direktversicherers Hannoversche. Der Versicherer zählte bis vor einiger Zeit zu den wenigen Anbietern, die in Deutschland ein ähnliches Produkt im Programm hatten. Aber solche Produkte seien hier bei Banken und Versicherern genauso unbeliebt wie bei Verbrauchern. Hausbesitzer erschrecke die Schuldenhöhe, die auflaufe, berichtet Mayer aus ihrer Beratungsarbeit in der Verbraucherzentrale.

Die Kreditbranche begründet den Mangel an Angebot mit dem Hinweis auf die europäische Wohnimmobilienkreditrichtlinie. Sie wurde im März 2016 in deutsches Recht umgesetzt. Seitdem sei der ohnehin schon schwache Markt tot, heißt es beim Direktversicherer Hannoversche. Das deckt sich mit Beobachtungen des Bundesverbands der Volks- und Raiffeisenbanken. Aus dem Wortlaut der Richtlinie leiten Banken ab, dass eine Hypothek am Lebensende des Kreditnehmers abbezahlt sein muss. Das würde dem Gedanken der Umkehrhypothek widersprechen.

© SZ vom 30.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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