Alte Gemäuer:Wohnen wie ein König

Alte Gemäuer: Einfach märchenhaft: das Schloss Ramholz im hessischen Schlüchtern. Es war seit 1883 im Besitz der Industriellenfamilie Stumm und wurde 2014 an einen chinesischen Unternehmer verkauft.

Einfach märchenhaft: das Schloss Ramholz im hessischen Schlüchtern. Es war seit 1883 im Besitz der Industriellenfamilie Stumm und wurde 2014 an einen chinesischen Unternehmer verkauft.

(Foto: Rainer Lippert/CC BY-SA 3.0)

Deutsche Burgen und Schlösser werden bei Superreichen immer beliebter. Seit Kurzem gehören auch Chinesen zum Kundenkreis. Die gelten als besonders schwierig.

Von Bärbel Brockmann

Unter reichen Chinesen, Arabern oder Russen gilt es schon länger als besonders chic, neben einem Luxusapartment in London auch ein Weingut in Frankreich zu besitzen. Neuerdings geraten immer häufiger auch deutsche Burgen und Schlösser in den Fokus der Superreichen. An solchen historischen Gemäuern ist hierzulande kein Mangel. Die Deutsche Burgenvereinigung schätzt, dass es allein etwa 25 000 Burgen gibt, also befestigte Wohnsitze von Adeligen, die bis etwa ins Jahr 1500 gebaut wurden. Zwei Drittel davon sind allerdings Ruinen und kommen für Käufer daher kaum in Betracht. "Unter Dach" und damit geeignet für einen Verkauf sind etwa 5000.

Die Zahl der seit dem 17. Jahrhundert entstandenen Schlösser ist deutlich höher, nicht zuletzt eine Folge der deutschen Geschichte, die über lange Zeit von einer kaum überschaubaren Menge von Zwergstaaten gekennzeichnet war. Die Vermarktung von Burgen und Schlössern ist heute ein Nischenmarkt, aber groß genug, dass sich gleich mehrere Makler ganz auf ihn spezialisiert haben. Dabei hilft ihnen das Internet. Man kann heutzutage überall auf der Welt ohne großen Aufwand Werbung für Objekte machen. "Wir sind erkennbarer. Unsere Kundenklientel ist dadurch internationaler geworden", sagt Tobias Schulze von Sotheby's International Realty. Auch die Nähe zum Auktionshaus Sotheby's hilft, potente Kunden zu finden.

"Für viele ist es unverständlich, dass es ein Baurecht gibt, an das man sich halten muss."

Die meisten Käufer treibt der Wunsch nach Prestigegewinn an. Sie wollen ihre Objekte auf Fotos herzeigen, vielleicht auch gelegentlich mit Gästen für ein paar Tage vorbeischauen. Die Geschichte ihrer Burgen ist dabei oft unwichtig. Auch gibt es keine grundsätzlichen Präferenzen für Standorte. Wichtig ist aber eine gute Erreichbarkeit, also die Nähe zu einem großen Flughafen oder wenigstens die Möglichkeit, mit einem Hubschrauber ganz in der Nähe landen zu können.

Während Araber und Russen schon länger zu den Interessenten für altes deutsches Gemäuer zählen, sind Chinesen erst seit einigen Jahren dabei. Sie gehören aber auch zu den schwierigsten Kunden. Vertragsverhandlungen dauern meistens lange, oft verlaufen sie im Sande. Und dann scheitert ein Kauf manchmal auch, weil sich chinesische Reiche nicht vorstellen können, dass man mit Geld nicht alles kaufen kann. "Für viele ist es unverständlich, dass es ein Baurecht gibt, an das man sich unbedingt halten muss, dass man zum Beispiel in ein Naturschutzgebiet keine Galopprennbahn mit Stallungen bauen darf", sagt Sotheby's-Experte Schulze.

Dabei ist vieles schon möglich. Ein neuer Schlossherr ließ ein olympiataugliches Schwimmbecken unter seinem Schloss bauen, ein anderer eine Tiefgarage mit 50 Stellplätzen.

Aber nicht immer geht es um die Darstellung von Protz und Prunk. Manche wollen auch nur ihre Leidenschaft für das Mittelalter oder die Romantik auf einer eigenen Burg ausleben. Ganz so wie Ludwig II. auf Schloss Neuschwanstein. Da muss bei der Renovierung alles baujahrgerecht sein, nur historische Materialien werden genutzt. "Diese Käufer wollen den ursprünglichen Zustand auch unter immensem finanziellen Aufwand wiederherstellen", sagt Schulze. Meist fielen Amerikaner in diese Kategorie, es gebe aber auch ein paar deutsche Mittelalterfreaks.

Dazu gehört Lambert Lensing-Wolff nicht. Dennoch hat der Verleger aus Dortmund 2014 die Burg Reichenstein am Rhein nahe Bingen gekauft. "Die Burg war für uns ein bedeutender Familienplatz. Deshalb wollten wir sie wiederhaben", sagt er. Seine Vorfahren, die Puricelli, waren im 18. Jahrhundert aus der Gegend um Como in Norditalien an den Rhein gekommen. Als Wohnsitz war die Burg 1936 aufgegeben worden. Seither hatte sie wechselnde Eigentümer. Lensing-Wolff hat viel Geld in die Burg gesteckt. 2016 wurde ein Hotel eröffnet, ein Restaurant hatte es vorher schon gegeben. Eine kleine Wohnung auf der Burg wird heute nur von der Familie genutzt. "Jede Burg, die belebt ist, sei es von einer Familie oder durch einen Betrieb, bleibt erhalten. Deswegen wünscht man sich für jede Burg eine Initiative", sagt Lensing-Wolff.

Der größte Teil der Burgen und Schlösser ist heute in Privatbesitz. Oft wohnen dort noch immer Adelige. Einige können ihren Besitz auf eine kaiserliche Schenkung aus dem frühen Mittelalter zurückverfolgen. Zunehmend aber stellen sie die Burgen zum Verkauf. "Viele Adelige verkaufen, weil ihre Kinder nicht auf einem Schloss oder einer Burg leben wollen", sagt Bernd Neuhäuser, Geschäftsführer des Maklerbüros Vermittlung historischer Immobilien. Zwei Drittel seiner Kunden sind schon über 70 Jahre alt, darunter viele Barone und Grafen.

Die Gebäude zu unterhalten, ist teuer - Besitzer zahlen bis zu 40 000 Euro im Monat

Aber nicht nur die Aussicht, weitab vom Schuss zu leben, stößt bei den Jüngeren auf Ablehnung. Es sind oft auch die hohen Unterhaltskosten, die immer schwerer aufzubringen sind, vor allem, wenn eine Burg keine gewerbliche Nutzung hat. In früheren Zeiten gehörte viel Land zu den Burgen und Schlössern. Darauf wirtschafteten Pächter, von deren Pacht die Kosten bestritten werden konnten. Diese Zeiten sind lange vorbei. "Die Unterhaltskosten liegen teilweise bei bis zu 40 000 Euro im Monat", erklärt Schulze von Sotheby's. Aber auch bei kleineren Burgen fallen schnell mehrere Tausend Euro an. Das liegt nicht nur an der alten Bausubstanz, sondern oft auch an den Auflagen des Denkmalschutzes. "Für alles braucht man ein Gutachten, auch wenn man nur eine Holztür streicht. Das wird schnell so teuer, dass es kein normaler Privater mehr macht", sagt Lensing-Wolff aus Erfahrung.

Über den aus ihrer Sicht strengen Denkmalschutz klagen vor allem Eigentümer, die nicht im Geld schwimmen wie Käufer aus Fernost. In manchen Fällen führt es dazu, dass ein Objekt gar nicht renoviert wird und verfällt. Neuhäuser schildert einen Fall nahe Magdeburg. Ein kasachischer Geschäftsmann wollte ein Schloss kaufen und daraus ein Hotel machen. Das Schloss gehörte einer Kommune und stand seit 1945 leer. "Kurz vor Vertragsunterzeichnung sagten die Denkmalschützer, dass der Grundriss nicht verändert werden dürfe, weil er von einem berühmten Architekten stamme. Damit ging der Plan des Geschäftsmanns nicht auf. Das Kuriose ist nur, dass der Plan schon früher einmal verändert worden war", sagt Neuhäuser.

Gerade für Kommunen, die manchmal mehrere alte Immobilienobjekte besitzen, wird das schnell zum Problem. "Stehen ihre Objekte unter Denkmalschutz, entsteht daraus eine Verpflichtung zur Instandhaltung. Das kann den Haushalt einer Kommune erheblich belasten", sagt Schulze. Für reiche Kunden aus dem Ausland spielt Geld dagegen oft keine Rolle. Deshalb findet Gerhard Wagner, Geschäftsführer der Deutschen Burgenvereinigung, auch gar nichts gegen sie zu sagen. "Wenn ein Reicher einsteigt, sichert das den Fortbestand der Burg oder des Schlosses. Für viele Burgen könnte das die Rettung sein."

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