Allergien:Attacke vom Gummibaum

Allergien: Ficus-Arten wie die Birkenfeige enthalten einen Milchsaft, der allergische Reaktionen auslösen kann.

Ficus-Arten wie die Birkenfeige enthalten einen Milchsaft, der allergische Reaktionen auslösen kann.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Augenjucken oder Hustenattacken beim Versorgen des Ficus? Es könnte eine Allergie sein.

Von Felicitas Witte

Ihre Augen jucken ständig und sind rot, sie wird von Hustenattacken geplagt. Ob sie wohl Heuschnupfen hat? Unwahrscheinlich, sagt der Allergologe, denn die 25-Jährige leide ja das ganze Jahr darunter. Er denkt eher an Hausstaubmilben, aber auf die weist er nur eine leichte Allergie nach. Erstaunt ist die Frau, als der Arzt fragt, ob sie Pflanzen in der Wohnung habe. Ja, die Beschwerden seien in der Tat immer dann besonders schlimm, wenn sie sich in der Nähe ihrer drei Ficus benjamini aufhalte. Einmal habe sie beim Abschneiden von Blättern einen so heftigen Asthmaanfall bekommen, dass sie kaum noch atmen konnte. Haut- und Bluttest beweisen: Die Frau hat eine starke Ficus-Allergie. "Allergien gegen Zimmerpflanzen sind zwar selten, aber man muss daran denken", sagt Tilo Biedermann, Chef-Allergologe an der TU München. "Ein guter Arzt fragt bei Heuschnupfen-Beschwerden immer, ob der Betroffene Pflanzen zu Hause hat."

Das Immunsystem reagiert überempfindlich auf Stoffe (Allergene) in den Pflanzen, was eine Abwehrreaktion mit Schnupfen, verstopfter Nase, juckenden Augen und Husten auslöst. Die Allergene befinden sich im weißen Pflanzensaft, dem Latex, und werden beim Schneiden von Blättern oder Ästen freigesetzt. "Einige davon gelangen auch auf die Blattoberfläche, wo sie sich mit Staubpartikeln verbinden und so über die Luft verbreitet werden können", sagt Stefan Wöhrl, Allergologe in Wien. "Das löst die typischen Symptome aus, was bis zum Asthmaanfall gehen kann." Oft kribbelt es im Mund, wenn die Betroffenen Feigen essen. "Stoffe in den Feigen ähneln den Allergenen im Ficus so, dass der Körper sie ebenfalls für fremd hält und eine Abwehrreaktion einleitet", erklärt Peter Schmid-Grendelmeier, Chef-Allergologe an der Uniklinik in Zürich. Auch bei Kiwi, Banane, Papaya oder Latex können solche Kreuzreaktionen auftreten.

Ein anderes Beispiel: Eine Frau topft ihre Pflanze um, die Lippen schwellen an, es juckt im Gesicht und am Oberkörper. Die Frau bekommt keine Luft mehr. Ihr ganzer Körper reagiert allergisch auf ihre Gottesblumen. Die Therapie ist natürlich einfach: die Pflanzen entsorgen. Auch die 40-Jährige muss sich von ihrer weißen Friedenslilie trennen, weil sie beim Beschneiden der Pflanze einen allergischen Anfall bekam. Man kann noch auf diverse Zimmerpflanzen reagieren, etwa Flamingobaum, Yucca, Strahlenaralien oder Dattelpalmen. Auch am Muttertag gebe es immer wieder heftige Reaktionen, erzählt Wöhrl. Die Betroffenen haben eine Allergie gegen Beifuß-pollen und reagieren auch auf Sonnenblumen, Margeriten, Kornblumen oder andere Korbblütler heftig. "Eine meiner Patientinnen, eine Blumenbinderin, ist sogar berufsunfähig geworden, weil sie sofort bei Betreten ihres Geschäfts Asthmaanfälle bekam."

Es könne aber immer auch eine Allergie auf Schimmelpilze dahinterstecken, die in der Topferde oder auf den Pflanzen wachsen, sagt Allergologe Biedermann. "Das muss man mit Haut- und Bluttests abklären." Im akuten Anfall helfen allergie-bremsende Medikamente und Asthma-Spray. "Leider können wir diese Allergie nicht heilen", sagt Schmid-Grendelmeier. "Auch, wenn es einem schwerfällt: Man muss sich halt von den grünen Hausgenossen trennen."

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