Aktionstag:Bühne für Projekte

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Ob die Umwandlung von Brachen oder Denkmalschutz: Am Samstag stellen viele Kommunen die Programme der Städtebauförderung vor.

Von Ingrid Weidner

Schön und nützlich - aber kaum einer merkt's. So ergeht es auch vielen Programmen der Städtebauförderung. 1971 ins Leben gerufen, veränderte das Förderprogramm in den vergangenen 44 Jahren das Erscheinungsbild von vielen Städten und Gemeinden. Zwar von Fachleuten und Kommunen geschätzt, wissen aber nur wenige Bürger, dass es das Programm überhaupt gibt. Das soll sich mit dem "Tag der Städtebauförderung"‟ jetzt ändern. Erstmals am 9. Mai präsentieren mehr als 570 Akteure aus ganz Deutschland ihre Projekte. Mit Grundsteinlegungen, Besichtigungstouren oder der Einweihung von neuen Räumen, Brücken und Gebäuden möchten die Initiatoren zeigen, wie sie die Lebensqualität verbessern.

Inszenierungen von Städten und Gemeinden gibt es viele. Beispielsweise lockt der "Tag des offenen Denkmals"‟ im September seit Jahren Besucher an. Auch Architekturliebhaber schwirren jedes Jahr zu festen Terminen aus, etwa, um Ende Juni während der "Architektouren"‟ einen Blick hinter sonst verschlossene Türen zu werfen und mehr über die Gebäude und ihre Eigentümer zu erfahren. Jetzt kommt noch ein weiteres Datum für die Städtebauförderung hinzu. Braucht es das? Zumal der gewählte Termin, der 9. Mai, gerade in diesem Jahr, 70 Jahre nach Kriegsende, mit dem 8. Mai fast kollidiert. Doch föderale Ferienkalender schränkten den Spielraum sehr ein, ist zu hören, zumal im Mai schönes Wetter wahrscheinlicher ist als im trüben November. Die Akteure verständigten sich bundesweit daher darauf, jedes Jahr am zweiten Samstag im Mai diesen Aktionstag abzuhalten.

Auf dem Programm für den Tag stehen zum Beispiel Rundgänge durch Berlin-Moabit, die Besichtigung des Speicherquartiers in Lüneburg, eine Veranstaltung im Husumer Rathaus oder eine Radtour durch Ahlen. "Der Tag soll kein reines Event sein, sondern die Fördergebiete der Gemeinden und die aktuellen Projekte vorstellen", sagt Armin Keller, Leiter der Städtebauförderung der Obersten Baubehörde im Bayerischen Innenministerium in München. "Bürgerbeteiligung ist nämlich ein fester Bestandteil der Fördermaßnahmen und Programme." Kommunale Verbände klagen schon lange, dass ihre Erfolge zu wenig wahrgenommen werden. In manchen Kommunen bleibt der Dialog mit den Bürgern ein frommer Wunsch, die Umsetzung ist oft mühsam. "Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements"‟ klingt zwar modern, doch oft kommen die immer gleichen Anwohner zu Workshops und Planungswerkstätten, äußern ihre Bedenken oder protestieren gegen das Vorhaben.

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(Foto: Martin Schutt/dpa)

In ganz Deutschland werden mit der Städtebauförderung kommunale Programme finanziert, zum Beispiel in Schmalkalden in Thüringen,...

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(Foto: Architekten Holzinger Eberl)

...im mittelfränkischen Wassertrüdingen,...

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(Foto: Martin Schutt/dpa)

...in Erfurt oder...

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(Foto: SEP Baur-Deby)

...in Rosenheim.

Die Veranstaltung scheint den Nerv der Kommunen zu treffen. Mehr als 570 Anmeldungen gibt es. Auch in Bayern kommt die Idee gut an. "Wir haben mit etwa 20 Bewerbungen gerechnet und sind überrascht, dass sich mehr als 100 bayerische Kommunen beteiligen", sagt Keller. Nürnberg nutzt den Schwung des dort gedrehten Krimis und lädt zum "Tatort Stadterneuerung"‟ ein. Oberbürgermeister, Minister und Staatssekretäre lassen sich vielerorts als Zugpferde einspannen.

Mit dem Aktionstag möchte die Initiative breite Bevölkerungsschichten ansprechen. Doch nicht jede Gemeinde kann ein windschiefes Fachwerkhaus präsentieren, das mit Fördergeldern in ein schmuckes Gemeindezentrum verwandelt wurde, vor dem sich Politiker gerne fotografieren lassen. Die Programme des Stadtumbaus beschäftigen sich häufig mit schwierigen und oft komplexen Themen. Wenn es um Industriebrachen, Abbruch und Rückbau in schrumpfenden Regionen geht, sehen die Fotos weniger einladend aus. Doch auch das sind wichtige Aufgaben der Städtebauförderung.

Dass die Gemeinden hinter der Idee stehen, zeigen die vielen Anmeldungen. Seit vergangenen Dezember betreut die von Bundesministerium für Umwelt, Natur, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) beauftragte Agentur "Schulten Stadt- und Raumentwicklung"‟ aus Dortmund das Projekt. Auf der Website finden die Gemeinden ein Handbuch für ihre Planungen. Eine eigens eingerichtete Website präsentiert inzwischen alle beteiligten Gemeinden und ihre geplanten Aktionen in einer interaktiven Deutschlandkarte.

In den mehr als 40 Jahren Städtebauförderung veränderten sich auch die Themen. Drehte sich in den Anfangsjahren noch viel um bauliche Missstände, Verkehrsplanung und fehlende Grünflächen, so verschob sich der Fokus im Laufe der Jahre. Mit der Wiedervereinigung vergrößerte sich das Fördergebiet, in den Neunzigerjahren flossen viele Mittel nach Ostdeutschland. Heute beschäftigen sich die Städteplaner mit Themen wie dem demografischen Wandel, Barrierefreiheit von öffentlichen Gebäuden oder auch Leerständen. "Der Klimaschutz kam als weiterer Aspekt hinzu. Auch mit kleineren Maßnahmen lässt sich viel erreichen", sagt Keller. Nicht immer ist die Kommune Bauherr. "Auch private Eigentümer können von der Förderung profitieren", merkt Keller an.

Finanziert werden alle Projekte der Städtebauförderung nach einem ähnlichen Muster. Der Bund stellt 30 Prozent der Mittel zur Verfügung, das Bundesland weitere 30 Prozent, und 40 Prozent der Investitionskosten trägt die Kommune. Längst nicht alle Gemeinden können diese Summen stemmen. In Bayern gibt es beispielsweise seit einigen Jahren einen sogenannten Struktur- und Härtefonds. Die Kommune muss dann nur 20 Prozent aufbringen, in Ausnahmefällen reduziert sich die Summe auf zehn Prozent. "Der Eigenanteil der Kommunen trägt zum Erfolg der Programme bei. Denn wer sich mit eigenen Mitteln engagiert, steht auch hinter einem Projekt und sichert eine wirtschaftliche Umsetzung, das ist unsere Erfahrung", sagt Keller. Vielleicht haben die Kommunen auch deshalb so ein großes Interesse daran, den Bürgern erfolgreiche Projekte zu präsentieren.

© SZ vom 08.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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