Süddeutsche Zeitung

Aktienmarkt bricht ein:Dax fällt zeitweise unter 5000 Punkte

Helle Aufregung an der Börse: Der Deutsche Aktienindex bricht um fast vier Prozent ein - zeitweise sackt das Börsenbarometer gar unter die psychologisch wichtige Marke von 5000 Zählern. Auch im übrigen Europa geht es abwärts: Dramatische Kursverluste gibt es vor allem bei Frankreichs Banken.

Der deutsche Leitindex Dax ist erstmals seit mehr als zwei Jahren unter die 5000-Punkte-Marke gefallen. Zwischenzeitlich lag er bei 4965 Punkten und damit knapp vier Prozent im Minus.

Die Lage entspannte sich zwar vorübergehend als die US-Börsen den Handel aufnahmen, doch die Erleichterung dauerte nur kurz. Am Ende schloss der Dax mit 2,2 Prozent im Minus bei 5076 Zählern.

Besonders die Papiere der Banken verloren stark - neue Spekulationen über die Lage der französischen Kreditinstitute sorgten für Unruhe. Größter Verlierer im Dax waren denn auch die Titel der Deutschen Bank und der Commerzbank. Deutsche Bank verloren knapp sieben Prozent, Commerzbank gut acht Prozent.

An der Pariser Börse brachen die Aktien der Großbanken Société Générale, BNP Paribas und Credit Agricole noch dramatischer ein - sie verloren zwischen zehn und 13 Prozent.

Pleite durchgerechnet

Die Institute sind umfangreich in Griechenland engagiert. Eine von den nationalen Medien als Option ins Spiel gebrachte Teil-Nationalisierung der Geldinstitute wurde aber am Montag von Industrieminister Eric Besson zurückgewiesen.

"So eine These heute anzusprechen erscheint mir nicht nur völlig verfrüht, sondern auch am Ziel vorbeizuschießen", erklärte er dem TV-Sender BFM. Zudem verdichten sich die Anzeichen, dass Frankreichs Banken in dieser Woche von der Ratingagentur Moody's weiter herabgestuft werden könnten.

In Mailand wurden die Unicredit-Papiere wegen starker Verluste vom Handel ausgesetzt.

Der Einbruch an den Aktienmärkten belegt einmal mehr, dass alle Schritte zur Lösung der Krise die Anleger bislang nicht überzeugen können. Offenbar laufen im Bundesfinanzministerium denn auch bereits Planspiele, wie ein Bankrott Griechenlands beherrscht werden könnte. "Das sind alles andere als beruhigende Nachrichten", kommentierte ein Händler.

Das Nachrichtenmagazin Spiegel hatte berichtet, Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) stelle sich auf eine Insolvenz Griechenlands ein. Seine Beamten spielten sämtliche Szenarien durch, die sich im Falle eines Zahlungsausfalls des Landes ergeben könnten. Demnach gibt es grundsätzlich zwei Varianten einer Griechenland-Pleite. In der ersten bleibt das Land in der Währungsunion, in der anderen gibt es den Euro als Zahlungsmittel auf und führt die Drachme wieder ein.

Auch das Treffen der G7-Staaten in Marseille enttäuschte die Anleger. Auch danach waren keine konkreten neuen Lösungen für die europäische Staatsschuldenkrise im Gespräch.

Für Verunsicherung sorgt überdies weiterhin der Abgang von EZB-Chefvolkswirt Jürgen Stark. Der hatte am Freitag überraschend seinen Rücktritt angekündigt. Grund für Starks Abgang soll ein Zerwürfnis über die vor allem in Deutschland umstrittenen Staatsanleihenkäufe der EZB sein. Der Vorstoß Schäubles, Finanzstaatssekretär Jörg Asmussen als Nachfolger zu schicken, beruhigte die Märkte nicht.

Aus einem ganz anderen Grund schmierten die Aktienkurse der deutschen Atomkonzerne ab. Nachdem ein Unfall in einer Atomanlage im französischen Marcoule bekannt wurde, sackten die Papiere von Eon und RWE zwischenzeitlich auf Jahrestiefstände. Beide verloren mehr als fünf Prozent. Die großen Stromversorger sind ohnehin wegen des Atomausstiegs angeschlagen.

Es kommen also mehrere Faktoren zusammen, deretwegen die Kurse abstürzen, sagte Allianz-Ökonom Rolf Schneider: "Es gibt zu viele Baustellen, die Unsicherheiten erzeugen." Deshalb blickten Anleger voller Angst in die Zukunft.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.1141798
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
sueddeutsche.de/dapd/Reuters/hgn/jab
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.