Aktiencheck Lufthansa:Warten auf den Start

Der Kurs der Fluggesellschaft hat wenig Auftrieb - die meisten Analysten meinen, dass sich dies ändern wird.

Jens Flottau

Für den Finanzchef der Lufthansa, Stephan Gemkow, war es kürzlich nach eigenen Worten "ein reines Vergnügen", das wirtschaftliche Ergebnis des Konzerns vorzustellen.

Das Dax-Mitglied hat im ersten Halbjahr 992 Millionen Euro netto verdient, nach nur 85 Millionen im Vorjahr, und die Prognose für den operativen Gewinn im Jahr 2007 auf über 1,2 Milliarden Euro angehoben. Fast alle Geschäftsfelder laufen gut - einem Finanzchef kann es schlimmer ergehen.

Für Lufthansa-Aktionäre waren die letzten drei Monate allerdings eher weniger erfreulich. Seit Anfang Mai sank der Kurs der Lufthansa-Aktie per Saldo leicht.

Allgemeine Verunsicherung an den Märkten

Für diese flaue Wertentwicklung gibt es wohl keine unternehmensspezifischen Gründe, eher mag die allgemeine Verunsicherung an den Märkten schuld sein.

Darüber hinaus sind Luftfahrt-Aktien allgemein im Jahr 2007 nicht besonders gut gelaufen; manche Analysten warnen bereits davor, dass die zyklisch verlaufende Konjunktur in der Branche sich langsam aber sicher ihrem Höhepunkt nähert und sich bald abschwächen könnte.

Das Lufthansa-Papier sehen die meisten Analysten dennoch weiterhin positiv. Von den 26 Branchenanalysten, die der Finanz-Nachrichtendienst Reuters verzeichnet, raten 21 zum Kauf der Aktie; lediglich fünf empfehlen ein Halten, kein einziger einen Verkauf.

Zu den Optimisten zählt Unicredit-Analyst Uwe Weinreich, der als Kursziel einen Wert von 24,80 Euro ausgegeben hat - mehr als 20 Prozent über dem aktuellen Stand.

"Bewertungsspielraum"

"Die hohe Nettoliquidität eröffnet Bewertungsspielraum", schreibt Weinreich in einer aktuellen Lufthansa-Studie. Außerdem gebe das gute Netto-Ergebnis "Spielräume für höhere Shareholder Returns (Dividende)".

Er lobt die "exzellente operative Geschäftsentwicklung" und hebt hervor, dass auch einstige Problembereiche wie die Cateringsparte LSG Skychefs wieder schwarze Zahlen schreiben. Lufthansa profitiert zudem von der erstaunlich schnellen Sanierung ihrer Tochter Swiss International Air Lines, die in diesem Jahr erstmals voll konsolidiert wird.

Weinreich bemängelt allerdings, es sei schwer nachzuvollziehen, warum die Lufthansa "zugunsten eines höheren Umsatzes und einer höheren Auslastung den Fokus auf die Yield-Kontrolle vorübergehend aufgibt".

Beim Yield handelt es sich um den durchschnittlich erzielten Preis pro verkauftem Sitzkilometer - ein Maß für steigende oder sinkende Preise.

Problematisches Frachtgeschäft

Weinreich verweist zudem auf das derzeit problematische Frachtgeschäft: Wegen des großen Wettbewerbs auf den Asienstrecken seien die durchschnittlichen Erlöse hier im ersten Halbjahr um 8,5 Prozent zurückgegangen.

Die SEB Bank hat als Kursziel für Lufthansa sogar 25 Euro ausgegeben. Die Fluggesellschaft sollte SEB-Analystin Karina Gundermann zufolge weiter von einer wachsenden Konsumbereitschaft profitieren und deswegen auch Rekordergebnisse erzielen können.

Gundermann hebt hervor, dass das Unternehmen einen operativen Gewinn von einer Milliarde Euro ursprünglich erst für das Geschäftsjahr 2008 angepeilt hatte, nun aber bereits ein Jahr früher Vollzug melden könne. Gundermann erwartet zudem weitere interne Schritte, durch die das wirtschaftliche Ergebnis verbessert werden kann.

"Moderates Bewertungsniveau"

Christian Hamann, Analyst der Hamburger Sparkasse, hat die Lufthansa-Aktie von Halten auf Kaufen heraufgestuft. Die guten Ergebnisse und das "moderate Bewertungsniveau" seien eine gute Grundlage dafür, dass der Kurs steige.

Wegen der verspäteten Auslieferung des Airbus A380 an "aggressiv auftretende Wettbewerber", beispielsweise die Fluggesellschaft Emirates, könnten diese ihre Kapazität nicht einmal halb so schnell ausbauen wie geplant. Dies werde das Erlösniveau der Lufthansa noch bis 2009 stützen.

Obwohl die Lufthansa über genügend finanzielle Mittel verfüge, sei nicht mit "wertzerstörenden Maßnahmen zu rechnen", so Hamann. Er spielt damit auf mögliche Übernahmepläne für die Fluggesellschaften Alitalia und Iberia an.

Die Lufthansa hatte einen Einstieg bei der defizitären Alitalia unter den aktuellen Bedingungen ausgeschlossen. An Iberia hat sie grundsätzlich Interesse geäußert, bezeichnet das Unternehmen aber als derzeit an der Börse überbewertet.

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