Aktien-, Devisen- und Goldmarkt:Kein Kursrückgang, nirgends!

Börse paradox: Egal ob Aktien, Euro oder Gold - alle Notierungen steigen. Der Markt sucht sich ein Ventil für das viele Geld, das die Notenbanken in der Finanzkrise in die Weltwirtschaft gepumpt haben.

Paul Katzenberger

Es ist ein Ausbruch nach oben. Vier Monate lang hüpfte der Deutsche Aktienindex (Dax) ständig in einem 550-Punkte-Korridor zwischen 5800 und 6350 Punkten hin und her - im Endeffekt konnte er sein bisheriges Jahreshoch von 6387 Zählern (am 6. August) aber nie überwinden. Dies glückte ihm erst am Mittwoch, als er mit einem kräftigen Plus von zwei Prozent auf 6435 Punkte zulegte. Am Donnerstag setzte der deutsche Leitindex die Hausse bis zum Abend fort (plus 0,3 Prozent auf 6453 Punkte).

Markets Rise On Strong Earnings Reports

New York Stock Exchange: Die Händler decken sich verstärkt mit Wertpapieren ein, obwohl die amerikanische Wirtschaft keineswegs robust erscheint. Doch genau deswegen will die US-Notenbank Fed ihre ultra-lockere Geldpolitik sogar noch verstärken - und das treibt die Kurse.

(Foto: AFP)

Am Vorabend hatte auch der Dow Jones an der New York Stock Exchange fester geschlossen. Der Weltleitindex verbesserte sich um 0,7 Prozent auf 11.096 Punkte - den höchsten Stand seit fünf Monaten. Am Donnerstag gab der Dow im frühen US-Handel leicht nach und tendierte bei 11.079 Zählern (-0,2 Prozent).

Die Hilfe kam in mehrfacher Hinsicht aus Übersee. Als anhaltend hilfreich erwiesen sich beispielsweise die am Dienstagabend veröffentlichten Protokolle der US-Notenbanksitzung vom 21. September: Aus diesen geht hervor, dass sich die Fed Sorgen um die US-Konjunktur macht. Daher will sie die Notenpresse noch schneller laufen lassen, sie wird also weiter Geld in die Finanzmärkte pumpen. Und das trieb den Dax erstmals seit dem Ausbruch der Finanzkrise im September 2008 über die Marke von 6400 Punkten. Gleichzeitig belastete die Aussicht auf ein fortdauernd niedriges US-Zinsniveau den Dollar. Im Donnerstagshandel stieg er gegenüber dem Euro bis zum Abend auf ein Neun-Monatshoch von knapp 1,41 Dollar/Euro.

Gute US-Quartalsergebnisse

Als weiterern Grund für die Hausse an den Aktienmärkten betrachten die Experten die bislang guten Quartalsergebnisse aus den USA. "Die Zahlen von Intel und JP Morgan haben die Analysten überzeugt", sagte Markus Wallner von der Commerzbank zu sueddeutsche.de.

Überraschend ist allerdings, dass der Wert des Goldes unter dem aufkeimenden Optimismus an den Börsen nicht leidet und der Preis für die Feinunze am Donnerstagmittag auf den neuen Rekordwert von 1383 Dollar stieg, bevor die Notierungen etwas auf 1366 Euro abbröckelten. Denn das gelbe Metall gilt als sicherer Hafen für schwierige Zeiten. Wenn an den Börsen der Optimismus überwiegt, wären Umschichtungen zu Ungunsten von Gold also normal.

Dass dem derzeit nicht so ist, begründet Wallner mit unterschiedlichen Auffassungen der Marktteilnehmer. Nach wie vor gebe es genügend Pessimisten, die beispielsweise mit einem Double Dip rechnen würden. Unter der "doppelten Rezession" verstehen Beobachter derzeit einen zweiten Konjunktureinbruch, der dem scharfen Rückgang des amerikanischen Bruttoinlandsproduktes im Jahr 2009 folgen könnte.

Viel Geld im Markt

Der Goldpreis dürfte den anziehenden Börsen aber auch wegen der weltweit expansiven Geldpolitik widerstehen. "Die derzeit überschüssige Liquidität im Markt sucht sich ein Ventil, was sich mitunter auch im Goldpreis widerspiegelt", sagt Dennis Nacken, Kapitalmarktexperte bei der Allianz Global Investors.

Bei ihren Beratungen habe die Fed angedeutet, dass sie weiter zu unorthodoxen Mitteln für eine lockere Geldpolitik greifen wolle. "Viele rechnen schon mit einem sogenannten quantitative easing, Teil 2", erklärt Nacken. Die japanische Notenbank habe jüngst den Geldhahn weiter aufgedreht, nun könnte es sein, dass die amerikanische Zentralbank Anfang November mit neuen Maßnahmen folgen werde.

Die Fed hat bereits in den vergangenen 18 Monaten unvorstellbar viel Geld in den Markt geschleust. Sie kaufte Anleihen im Wert von rund 1,7 Billionen Dollar am Markt auf - de facto druckte sie also Dollarnoten in diesem Umfang. Für die ab November erwartete Geldmengenerhöhung ist an den Märkten die Rede von 300 Milliarden bis zu einer Billion zusätzlicher Dollar.

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