Ärger über Liefertermine:Wenn der Paketdienst vergeblich klingelt

Ärger über Liefertermine: Wie kommt das Paket zum Empfänger?

Wie kommt das Paket zum Empfänger?

(Foto: Imago)

Es ist ein Dilemma: Weil viele Kunden innerhalb der Ladenöffnungszeiten nicht zum Einkaufen kommen, bestellen sie bei Versandhändlern. Doch die Lieferung des Pakets scheitert häufig, weil die Empfänger nicht zu Hause sind. Nun bieten erste Paketdienste an, mit ihren Kunden individuelle Liefertermine zu vereinbaren. Eine Übersicht.

Von Regina Brand

Der Urlaub naht, der Bikini muss in den Koffer. Aber der Bikini liegt im Paketshop und der hat geschlossen. Gekauft, bezahlt, verschickt - und für den Kunden unerreichbar. So geht es umso mehr Käufern, je mehr der Versandhandel boomt. Die Lieferzeiten der Paketdienste passen nicht zum Lebensrhythmus ihrer Kunden. Langsam erkennen die Lieferfirmen diesen Serviceaspekt als Wettbewerbsvorteil - und versuchen sich besser an die Bedürfnisse der Kunden anzupassen.

Seit vergangenem Freitag etwa können Kunden von DHL den Liefertermin ihres Paketes mitbestimmen. Der Empfänger erfährt einen Tag im Voraus, in welchem Zeitfenster von vier Stunden das Paket ankommt. Falls der Zeitpunkt dem Kunden nicht passt, kann er die Lieferung um bis zu vier Tage nach hinten verschieben. Dazu muss er sich bei paket.de registrieren.

Auch die Konkurrenten DPD, Hermes und UPS rüsten auf, um ihren Kunden besseren Service zu bieten. Das Paket soll gleich beim ersten Versuch beim Empfänger landen; das spart Personalkosten, Zeit und vor allem Nerven. Denn sowohl für die Versandfirma als auch für den Empfänger ist es ärgerlich, wenn das Paket tagelang Umwege macht oder beim Nachbarn liegt.

Die Herausforderung ist groß: es wird immer schwieriger dar, Kunden ihr Paket persönlich an der Haustür zu übergeben. Nicht zuletzt, weil es immer mehr Single-Haushalte gibt, in denen tagsüber niemand Zuhause ist. "Der demographische Wandel erfordert, dass wir unsere Zustellservices künftig weiter flexibilisieren", sagt Claudia Schanz, Sprecherin von Hermes.

Denn der Versandhandel mit Privatkunden nimmt immer weiter zu. Nach Angaben des Deutschen Versandhandels ist der E-Commerce-Markt im vergangenen Jahr um mehr als 27 Prozent gewachsen. Für dieses Jahr wird ein weiterer Anstieg um mehr als 20 Prozent vorausgesagt. Paketdienste spielen beim Onlineversand eine zentrale Rolle. Die Zahl der versendeten Pakete ist in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Allein DHL hat 2012 rund 85 Millionen Pakete mehr versendet als im Vorjahr.

Bei vielen Online-Bestellungen hat der Kunde gar keine Wahl, welchen Versandhändler er für die Lieferung seines Paketes nutzen möchte. Der Zusteller Hermes versendet zum Beispiel als Tochtergesellschaft der Otto Group standardmäßig die Pakete des Otto Versands.

Lieferung an einen Paketshop

DPD und Hermes haben ein Netzwerk von Paketshops. Sie haben für Paketlieferungen die gleiche Funktion wie die 13.000 Postfilialen von DHL. Das größte Paketshop-Netz hat Hermes mit bundesweit 14.000 Stellen. DPD-Kunden stehen hingegen nur 4500 Anlaufstellen zur Verfügung. Das Paket kann dort abgegeben oder abgeholt werden. Die Anlaufstationen sind meist Zeitschriftenläden, Getränkeshops oder Tankstellen, die zusätzlich Paketservice anbieten. Sie haben meist lange Öffnungszeiten - bis 20, 22 oder gar 24 Uhr - und sollen vor allem arbeitenden Kunden die Möglichkeit bieten, ihr Paket auch noch nach Feierabend abzuholen. "Der Versand an private Empfänger wird immer wichtiger. Bis Ende 2014 wollen wir die Anzahl der Paketshops auf 8000 verdoppeln", sagt DPD-Sprecher Peter Rey. UPS plant mittlerweile, ebenfalls solche Stellen einzuführen. DHL plant bis Ende nächsten Jahres 20.000 neue Paketannahmestellen zu schaffen. Die neuen Annahmestellen sollen wie die Paketshops der Wettbewerber bei Einzelhändlern eingerichtet werden.

Packstationen nach dem Modell von DHL, die zu jeder Tageszeit für den Kunden zugänglich sind, haben DPD, Hermes und UPS bisher nicht. 2500 Packstationen bietet DHL deutschlandweit an. Noch in diesem Jahr sollen 150 Stationen hinzukommen.

Zustellung nach Hause

Beim Versandunternehmen Hermes klingelt der Paketbote an bis zu vier Tagen hintereinander, um Kunden Pakete zu übergeben. In knapp einem Viertel der Fälle wird das Paket beim Nachbarm abgeliefert, wenn der Empfänger nicht zu Hause ist. "Unsere Kunden können allerdings auch bei der Bestellung angeben, dass sie das Paket nicht ihrem Nachbarn überlassen möchten", sagt Schanz. Wann genau das Paket ankommt, weiß der Hermes-Kunde bisher nicht. Er kann per Code seine Sendung lediglich online nachverfolgen und einsehen, wo sich das Paket gerade befindet.

Derzeit testet Hermes in verschiedenen Bundesländern einen ähnlichen Service, wie DHL ihn nun anbietet: Der Kunde erfährt einen Tag vorher von der Lieferung, Hermes nennt ihm ein Zeitfenster von zwei Stunden. Von nächstem Jahr an plant Hermes, diesen Service flächendeckend einzuführen. Dann soll der Kunde das Paket auch zu einer anderen Adresse umlenken können, während es bereits auf dem Weg ist.

Zusteller von UPS schauen mehrmals beim Empfänger zu Hause vorbei, ohne dass der Kunde den genauen Termin kennt. Erst wenn sie den Empfänger nicht angetroffen haben, kann der eine alternative Adresse angeben oder ein Wunschdatum festlegen.

DPD bietet seit 2011 die sogenannte flexible Zustellung an, die den gleichen Service bietet, den DHL nun als neue Dienstleistung umwirbt. Einen Tag vor Zustelltermin wird der Empfänger per SMS oder E-Mail informiert. Falls er an dem Termin nicht Zuhause ist, kann die Lieferung kurzfristig um bis zu drei aufeinanderfolgende Werktage nach hinten verschoben werden. Am Zustelltag selbst versendet DPD wiederum eine Nachricht, in welchem Zeitfenster von drei Stunden die Anlieferung erfolgen wird. "Eine größere Vorlaufzeit ist uns leider nicht möglich. Der Versandprozess innerhalb von Deutschland dauert bei uns in der Regel nur einen einzigen Tag", sagt Peter Rey, Sprecher von DPD Deutschland.

Pakete umleiten

Was tun, wenn das Paket kurzfristig an eine andere Adresse geschickt werden soll? Für diesen Fall bieten manche Versandhändler an, das Paket umzuleiten. Das kann allerdings erst dann erfolgen, wenn der Bote schon einmal an einer Zulieferung gescheitert ist. Der Kunde kann dann eine neue Adresse angeben, an die das Paket geliefert werden soll; sei es der Arbeitsplatz, ein Nachbar oder Bekannter. Seit fünf Jahren gibt es das DPD-Onlineportal über das die Umleitung beauftragt werden kann. Um ergebnislose erste Zustellversuche zu vermeiden, will DPD in nächster Zeit seinen Zustellservice so erweitern, dass Kunden bereits während der Beförderung, das Paket umleiten können.

Mit Hermes und UPS ist eine Umleitung erst nach einem Zustellversuch möglich. Bei DHL können Absender und Empfänger Umleitungen nur vor der Erstzustellung beauftragen.

In Zukunft wird der Kunde zunehmend über Onlineportale mit den Versandunternehmen kommunizieren, um Lieferort und genauen Termin abzustimmen. Dabei werden die Anbieter darauf drängen, mehr über Gewohnheiten und Tagesabläufe der Kunden herauszubekommen. "Was uns sehr entgegen kommen würde, sind Nutzerprofile, wo Kunden ihre Zustellpräferenzen hinterlegen können. Wenn wir wissen, wann und wo der Empfänger am besten zu Hause erreichbar ist, können wir unseren Service entsprechend anpassen", sagt Hermes- Sprecherin Schanz. Es geht um individuelle Arbeitszeiten oder Wochenend- und Urlaubspläne. Der Handel heißt wie so oft im digitalisiserten Handel: Komfort gegen Daten.

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