Ackermann greift die Politik an:Warnschuss in Richtung Merkel

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Die Regierungen wollen die Banken durch Finanzreformen an die Kette legen. Deutsche-Bank-Chef Ackermann keilt zurück.

Catherine Hoffmann

Der Chef der Deutschen Bank, Josef Ackermann, hat die Regierungen eindringlich davor gewarnt, mit ihren Finanzreformen zu weit zu gehen. Der Bankmanager geißelte von Berlin aus die Politik als "interventionistisch". US-Präsident Barack Obama schimpfte in Washington über die "Bonzen an der Wall Street".

Der Tonfall wird rauer: Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann (links) und Bundeskanzlerin Angela Merkel. (Foto: Foto: AP)

Der Konflikt zwischen Politikern und Bankern wird schärfer. Während die großen Banken schon wieder Gewinne machen, wurde ihre Rettung durch die öffentlichen Haushalte mit Hunderten Milliarden Euro ermöglicht. Regierungschefs fordern deshalb immer lauter, die Banken an die Kette zu legen.

Die Bankchefs wehren sich auf ihre Art. Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann gab am Wochenende einen Warnschuss in Richtung Bundesregierung ab: "In den neunziger Jahren schlug das Pendel zugunsten der wirtschaftlichen Freiheit aus. Heute schlägt das Pendel ins andere Extrem: in Richtung interventionistischer Politik." Wenn man nun "zu weit" gehe mit den Reformen, koste dies Wachstum.

Gut gewählter Ort

Ackermann hatte den Ort seiner Attacke gut gewählt: In der Hauptstadtrepräsentanz der Bank trafen sich am Freitagabend Nobelpreisträger wie Robert Mundell und Edmund Phelps, Ikonen der Geldpolitik wie der frühere US-Notenbankchef Paul Volcker sowie der ehemalige Bundesbankpräsident Karl Otto Pöhl.

Eingeladen hatte das Center on Capitalism and Society der Columbia University - und das Publikum, das sich im vier Stockwerke hohen Atrium des Bankhauses zum Dinner versammelt hatte, war wie geschaffen für Ackermanns Angriff auf die Politik. Es steht nicht im Verdacht, freien Märkten und Banken feindlich gesinnt zu sein.

"Der Staat übernimmt sich gerade", sagte Ackermann und verwies darauf, dass Defizite und Schulden anschwellen. Er fürchtet, dass nicht alle Maßnahmen der Regierungen temporärer Natur sind und mit dem Ende der Krise verschwinden.

"Rückwärtsgewandte Ansatz"

Der Staat weite seinen Einfluss gerade über Gebühr aus. "Regierungen entscheiden heute darüber, welche Firma überlebt und welche fällt", kritisierte der Bankchef. In einer globalen Welt aber sei dieser "rückwärtsgewandte Ansatz" nicht angemessen. Es sei nicht Aufgabe der Politiker, die nationalen Champions zu retten.

Das kann auch als Antwort auf Bundeskanzlerin Angela Merkel verstanden werden, die jüngst bei einer SZ-Konferenz sagte, dass "manch einer, der im Finanzsektor arbeitet, schon wieder - lax gesagt - eine ziemlich dicke Lippe riskiert".

Der Tonfall wird härter. Dies ist offenbar kein akademischer Diskurs über das Verhältnis von Markt und Staat mehr, es ist ein Kampf um Macht und Geld zwischen Regierungen und Banken, zwischen Merkel und Ackermann. Es geht um Bonusregeln, Kreditklemme und Notfallfonds, um das schwierige Verhältnis von Freiheit und Gerechtigkeit - und um Steuermilliarden.

Auch die Wissenschaftler, die in Berlin über die richtige Anti-Krisen-Politik diskutierten, sind uneins, ob die Banken scharf reguliert werden müssen oder ob der Markt schon alles richten wird.

Strikte Regeln "schlicht Müll"

Wirtschaftsnobelpreisträger Mundell hält das Gerede darüber, dass man jetzt dringend strikte Regeln brauche, um den Kapitalismus zu bändigen, "schlicht für Müll". Sein Kollege Phelps, der ebenfalls nichts auf die Marktwirtschaft kommen lässt, hegt dagegen Sympathien für gezielte staatliche Eingriffe: Er schlägt niedrige Steuern vor, wenn sich Banken kurzfristig verschulden.

US-Ökonom Amar Bhidé wünscht sich dagegen die "Rückkehr zum altmodischen Bankgeschäft", in dem kleine Banken die Einlagen der Kunden als Darlehen vergeben, aber selbst keine Kredite für Spekulationsgeschäfte aufnehmen dürfen.

Der ehemalige US-Notenbankchef Volcker, der während Ackermanns Rede mit den Füßen auf dem makellos weißen Marmorboden scharrte, erwiderte dem Bankmanager: "Ununterbrochen höre ich: 'Mischt euch nicht ein, reguliert nicht zu viel.' Dagegen müssen wir kämpfen."

Volcker, der heute zum Beraterstab des US-Präsidenten Barack Obama zählt, glaubt nicht, dass die Banken mit ihren innovativen Produkten in den vergangenen Jahren Wohlstand geschaffen haben: "Ich denke, das Gegenteil ist richtig."

"Das Problem verursacht"

Der US-Präsident fand am Wochenende ebenfalls starke Worte auf die Ankündigung der US-Banken, sie wollten ihre Manager ab sofort wieder wie gewohnt mit Boni belohnen. "Ihr nehmt zehn, zwanzig Millionen Dollar an Boni in Anspruch, nachdem Amerika das schwerste Wirtschaftsjahr seit Jahrzehnten durchgemacht hat - und ihr das Problem verursacht habt."

© SZ vom 14.12.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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