Abzocke bei Hausbesitzern:Von Asphalt-Haien und Schimmel-Hunden

Dubiose Firmen bieten an, die Einfahrt zu asphaltieren, das Dach zu decken und den Keller zu sanieren. Sie nehmen ihre Opfer gnadenlos aus.

Marco Völklein

Als Werner Klein die ersten Berichte von Bürgern auf den Tisch bekam, wurde der Bauberater der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg sofort hellhörig.

Abzocke bei Hausbesitzern: Ein Straßenarbeiter trägt heißen Asphalt auf eine Straße auf.

Ein Straßenarbeiter trägt heißen Asphalt auf eine Straße auf.

(Foto: Foto: ddp)

Eine Firma, offenbar aus Großbritannien, schickt derzeit Bautrupps in niederländischen Fahrzeugen durchs Land. Die Handwerker halten Ausschau nach unbefestigten Flächen auf Privatgrundstücken. Vielleicht ist der Besitzer ja daran interessiert, die Fläche asphaltieren zu lassen - als Zufahrt zur Garage oder als Abstellplatz für den Wohnwagen. Dann klingeln die Trupps oder sprechen die Besitzer am Gartentor an. Und erzählen haarsträubende Geschichten.

Gerade habe man in einem Nachbarort eine große Fläche asphaltiert, heißt es dann. Und nun habe man einen Überschuss an Baumaterial. Den könne man doch gleich auf dem Grundstück verbauen, zu einem günstigen Preis.

"Ich warne davor, sich auf solche Angebote einzulassen", sagt Bauberater Klein. Bereits mehrere Beschwerden gingen bei der Verbraucherzentrale in Stuttgart ein. Die Arbeit, die die Trupps schließlich abliefern, sei nicht gerade von hoher Qualität.

Ärgernis fehlende Anschrift

In einem Fall berechneten die Gauner 3000 Euro. Das Geld wurde bar kassiert; die Quittung enthielt keine Anschrift der Firma. Lediglich eine Handynummer war aufgeführt. Kurz, nachdem die Arbeiter die Baustelle verlassen hatten, stellte sich heraus, dass sie mehr Quadratmeter berechneten, als tatsächlich asphaltiert wurden.

"In anderen Fällen war es so, dass das Gefälle nicht sauber angelegt wurde und sich Pfützen in der Einfahrt bildeten", erzählt Evelyn Keßler von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Unklar ist, ob die Flächen überhaupt den ersten Frost überstehen und nicht der Asphalt "bereits im Winter wieder wegbröselt", sagt Keßler.

Die "Asphalt-Haie", so nennt Bauberater Klein die Gauner, sind dann allerdings längst über alle Berge. Und der Kunde kann sein Recht auf Gewährleistung, das er in solchen Fällen nach Auskunft der Verbraucherzentrale fünf Jahre lang hat, nicht geltend machen, wenn ihm keine Anschrift des Unternehmens vorliegt.

Von Asphalt-Haien und Schimmel-Hunden

Den Begriff "Asphalt-Haie" hat Verbraucherschützer Klein übrigens dem Ausdruck "Dach-Haie" entlehnt, die bereits seit mehreren Jahren durch die Republik touren. Immer wieder gehen Beschwerden von geprellten Hausbesitzern bei Verbraucherzentralen und Handwerkskammern ein.

"Das geht ruckizucki"

Dachdecker-Trupps durchkämmen besonders nach Unwettern ganze Landstriche auf der Suche nach Opfern. Oben am First gebe es einen Schaden, versuchen sie verunsicherten Hausbesitzern einzureden. Ein Arbeiter bietet eine "unverbindliche Inspektion" an und steigt dem Haus aufs Dach - "manchmal auch mit einer Flasche Wasser versteckt in der Tasche", so Keßler - und findet auch umgehend eine undichte Stelle. Nicht wenige Verbraucher willigten danach in den sofortigen Baubeginn ein. Keßler: "Das geht ruckizucki, und das Dach ist abgedeckt."

Oft entdecken die Handwerker weitere angebliche Schäden, zum Beispiel an Dachbalken oder an Streben, und treiben so den Auftragswert in die Höhe. "Das Dach ist ja bereits abgedeckt, und die Ziegel liegen im Garten - so werden die Hausbesitzer unter Druck gesetzt", berichtet Keßler. Bei einigen Verbrauchern seien auf diese Weise Rechnungsbeträge von über 10 000 Euro zusammengekommen.

Ähnlich gehen auch die "Schimmel-Hunde" vor, auf die die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz hinweist. Auch hier ziehen die Handwerker von Haustür zu Haustür. Im Gespräch berichten sie von angeblichen Feuchtigkeitsschäden in Nachbarhäusern und bieten eine kostenlose Feuchtigkeitsmessung des Kellers an.

Dabei stellen sie dann tatsächlich nasse Flächen im Haus fest und beschreiben Horrorszenarien, wie der Schimmelbefall die Gesundheit der Bewohner gefährde. Die Schimmelsporen könne der selbsternannte "Schimmel-Hund" sogar riechen. Viele Hausbesitzer erteilen dann umgehend den Auftrag zur Sanierung des Kellers.

Von Asphalt-Haien und Schimmel-Hunden

Die Unternehmen vermitteln dabei gern den Eindruck, als würden beim Entfernen des Altputzes und beim Auftragen eines Sanierputzes ganz spezielle Putze und Methoden angewendet, so die Verbraucherzentrale. "Tatsächlich handelt es sich aber um handelsübliche Sanierputze und das ganz normale, fachgerechte Vorgehen." Nach Angaben der Bauexperten wird die Ursache der Durchfeuchtung mit dieser Methode nicht bekämpft. "Ein Erfolg kann so nicht von Dauer sein."

Grundsätzlich raten die Verbraucherzentralen daher davon ab, scheinbar günstige Handwerker spontan an der Haustür mit einer Sanierungsarbeit zu beauftragen. "Für Arbeiten an Haus und Grundstück sollten Festpreisangebote von mehreren Unternehmen eingeholt und verglichen werden", sagt Evelyn Keßler von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg.

Bei Unternehmen aus der näheren Umgebung bestehe zudem die Möglichkeit, sich bei den Handwerkskammern und bei Referenzkunden in der Nachbarschaft zu erkundigen.

Mögliche Feuchtigkeitsschäden im Gebäude sollten unbedingt unabhängige Fachleute, etwa Bausachverständige, in Augenschein nehmen, rät außerdem die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. Diese könnten bei der Entscheidung beraten, ob eine grundsätzliche Sanierung notwendig ist.

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