Abwärtstrend der US-Währung:Dämpfer für den Dollar

Verunsicherung bei den Devisenhändlern: Nach einem Comeback des Dollars in den vergangenen Monaten holen nun Euro und Yen wieder auf. Handelt es sich nur um eine vorübergehende Flaute für die US-Währung?

Helga Einecke

Der Dollar ist nicht mehr gefragt. Das abnehmende Interesse ließ den Wechselkurs des Euro am Dienstag auf 1,47 Dollar steigen, die Schwelle von 1,50 Dollar ist in Sicht. Das bedeutet eine Abwertung von zwei Cent in wenigen Tagen und um zehn Cent in zwei Wochen. Experten misstrauen dem Rettungsplan der USA für faule Kredite im Umfang von 700 Milliarden Dollar.

Abwärtstrend der US-Währung: Doppeldeutig: Der Euro vor dem Dollar.

Doppeldeutig: Der Euro vor dem Dollar.

(Foto: Foto: ddp)

Die Belastungen des US-Staatshaushalts seien nicht absehbar, meinte Stephan Rieke, Stratege der BHF-Bank. In den geplanten Staatsfonds würde Giftmüll gepackt, der am Markt schwer verkäuflich sei. Bisher hätten vor allem asiatische Anleger die Defizite der Amerikaner im Haushalt und in der Leistungsbilanz finanziert. Nun stelle sich die Frage, ob das Ausland dazu weiter bereit sei. "Wenn man sich in Dollar-Papieren engagiert, möchte man sie relativ billig einkaufen", erklärt Rieke den Abwärtstrend der Währung.

Giftmüll im Rettungspaket

Auf einen anderen Aspekt weist Ulrich Leuchtmann hin, Devisenanalyst der Commerzbank. Das umfangreiche Rettungspaket der US-Regierung für die Bankenbranche habe Investoren Appetit auf riskantere Anlagen gemacht, die Nachfrage nach US-Staatsanleihen gedämpft und so den Dollar belastet.

Auch Armin Mekelburg, Analyst von Unicredit, sieht im Rettungspaket die Hauptursache für den Wertverlust des Dollar. Die Aktion werfe mehr Fragen auf, als sie Antworten gebe: Wie hoch wird der Steuerzahler in den USA belastet? Wie stark schwächt das den Konsum? In welchem Umfang leidet die US-Wirtschaft unter dem Abwärtstrend?

Gerade noch Comeback des Dollars

Dabei war es gerade die Erwartung, die Wirtschaft der USA könne schneller an Kraft gewinnen und die in Europa sich eher abschwächen, die im Laufe des Sommers zu einem Comeback des Dollar führte. Mitte Juli - die Europäische Notenbank (EZB) hatte gerade die Leitzinsen auf 4,25 Prozent erhöht - kostete der Euro in der Spitze knapp 1,60 Dollar. US-Notenbankchef Ben Bernanke warnte damals vor den negativen Folgen einer anhaltenden Talfahrt des Dollar.

Das erregte Aufsehen, weil in den USA der Finanzminister beim Wechselkurs das Sagen hat. Bernanke meinte, die schwache Währung habe zu einem Anstieg der Einfuhrpreise und der Lebenshaltungskosten geführt. Sein europäischer Kollege Jean-Claude Trichet griff dies auf und bekräftigte, die USA seien an einem starken Dollar interessiert.

Lesen Sie auf der nächsten Seite: Ein Ausblick auf die mögliche Zukunft des Dollars.

Dämpfer für den Dollar

Eine Weile fielen die Worte der beiden Notenbankpräsidenten auf fruchtbaren Boden. Der Euro wurde am 11. September unter 1,40 Dollar gehandelt, obwohl die Leitzinsen der Europäer eine deutlich höhere Rendite versprechen als jene der Amerikaner.

Erneute Trendwende

Aber die schnelle Abfolge des Zusammenbruchs der Bank Lehman Brothers, der Rettung des Versicherers AIG und der Hypotheken-Zwillinge Fannie Mae und Freddy Mac verunsicherte den Devisenhandel und machte einen Teil der Trendwende zunichte.

"Man ist im Ausnahmezustand", umschreibt Rieke die schwierigeren Wetten auf Währungen. Als am vergangenen Montag selbst Goldman Sachs und Morgan Stanley nicht mehr auf eigenen Beinen stehen konnten und umfirmierten, um an die begehrten Staatshilfen zu kommen, habe der Dollar endgültig an Boden verloren. Doch wo wird er landen? Mekelburg glaubt an einen Stopp bei 1,50 Euro.

Einfluss des Ölpreises

Aber die Unsicherheit sei groß. Die Bewertung der Währung hänge auch von der Entwicklung der Aktienmärkte und vom Ölpreis ab. "Der Dollar hat die Hauptlast zu tragen", meint der Analyst. Er sei bereits in den vergangenen Tagen "flächendeckend gegen alle anderen Währungen" unter Druck geraten. Leuchtmann glaubt dagegen nur an eine kurze Dollarschwäche. Das Rettungspaket verbessere die Konjunkturaussichten Amerikas, was dem Dollar früher oder später zugutekommen dürfte.

Welche Währung könnte von der Finanzkrise profitieren? Rieke hält den japanischen Yen für eine starke Währung im Klub der führenden sieben Industrienationen G 7. Auch am Devisenmarkt wird darüber geredet, dass japanische Banken in der Lage seien, bei ihren amerikanischen Konkurrenten einzusteigen.

Sollten die Zeiten weniger turbulent werden, dürfte die konjunkturelle Entwicklung in den Vordergrund rücken. In Europa weisen Frühindikatoren für den Konsum nach unten. Weitere Aufschlüsse werden vom Ifo-Index sowie von Verbraucherpreisen erwartet. Sollte sich die Konjunktur sichtbar abschwächen, dürfte der politische Druck auf die EZB zunehmen, die Zinsen zu senken.

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