Absprachen unter Banken:Das Libor-Komplott

Eine Bank leiht einer anderen Bank Geld. Die Konditionen hierzu bestimmt der Libor-Zins. Doch diesen sollen nun mehrere Banken durch Absprachen manipuliert haben. Auch die WestLB wird verdächtigt.

Moritz Koch

Die Ermittler wähnen sich auf den Spuren einer gewaltigen Verschwörung. Mehrere Großbanken, so glauben sie, könnten einen Referenzwert des globalen Finanzsystems manipuliert haben - den sogenannten Libor-Zins. Zum Kreis der Verdächtigen gehört auch die WestLB.

WestLB

Auch die WestLB steht unter Verdacht, den Libor-Zins manipuliert zu haben.

(Foto: dpa)

Die Ermittlungen laufen schon seit mehr als einem Jahr, wurden aber erst jetzt bekannt. Die US-Börsenaufsicht SEC habe bereits Angestellte von Großkonzernen wie der Bank of America, Citigroup und Barclays einbestellt, berichten US-Medien. Bisher wollen sich die Banken dazu nicht äußern. Einzig die Schweizer UBS hat eingeräumt, eine Vorladung erhalten zu haben.

Offenbar liegen neben den amerikanischen auch den britischen und japanischen Aufsichtsbehörden Hinweise vor, dass die Banken auf dem Höhepunkt der Finanzkrise versucht haben, den Libor zu drücken, um Zinskosten zu senken und das Ausmaß ihrer Probleme zu verschleiern.

Der Libor, kurz für London Interbank Offered Rate, ist der Zinssatz, den sich Banken in Rechnung stellen, wenn sie sich gegenseitig Geld leihen. Er wird in zehn verschiedenen Währungen angegeben und für 15 unterschiedliche Zeitfenster berechnet, angefangen bei Übernachtgeschäften bis hin zu Krediten mit einer Laufzeit von einem Jahr.

Die British Banker's Association (BBA) ist dafür zuständig, den Libor zu bestimmen. Jeden Tag befragt sie die weltweit wichtigsten Geldhäuser nach ihren Zinskosten. Der Libor ist der Richtwert für ein breites Spektrum von Finanzprodukten, angefangen bei einfachen Hypotheken bis hin zu hochkomplexen Derivaten. Insgesamt beeinflusst der Libor einen Markt mit einem Volumen von 350.000 Milliarden Dollar - eine kaum vorstellbare Summe.

Eine Manipulation des Libor ist einfach

Während der Finanzkrise war der Libor in die Höhe geschossen. Ein Zeichen für die Panik und das Misstrauen, das die Märkte beherrschte. Trotz seiner enormen Bedeutung ist es verblüffend einfach, den Libor zu manipulieren. Banken können der BBA einfach einen niedrigeren Zinssatz melden als jenen, den sie ihren Geschäftspartnern tatsächlich zahlen müssen. Daher steht er schon länger in der Kritik.

Die einzige Schutzvorrichtung der BBA gegen Betrugsversuche ist, dass sie den jeweils niedrigsten und höchsten gemeldeten Zinssatz streicht und nur aus den übrig gebliebenen Angaben einen Durchschnittswert errechnet. Wenn jedoch mehrere Banken gleichzeitig falsche Angaben machen, versagt das System.

Es drohen hohe Strafen

Eine geringfügige Veränderung des Libor-Satzes reicht aus, um die Zinskosten der Finanzkonzerne erheblich zu beeinflussen. Gerade das macht den Verdacht der Ermittler so schwerwiegend - und die drohende Strafe so empfindlich, sollte er sich bewahrheiten.

Vor allem die WestLB ist bedroht, hat sie sich doch bis heute nicht von ihren Verlusten während der Krise erholt. Doch selbst Großkonzerne wie die Bank of America und die Citigroup könnten in Schwierigkeiten geraten, sollten die Ermittler sie als Libor-Betrüger entlarven.

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