Abgeltungsteuer:Neues Schlupfloch für Steuermuffel

Allzweckwaffe Riester: Mit Hilfe der privaten Altersvorsorge können Anleger die Abgeltungsteuer umgehen. Auch Selbständige profitieren.

Thomas Öchsner

Wenn es darum geht, für ihre Kunden Steuersparmodelle zu finden, können Banken und Finanzdienstleister durchaus einfallsreich sein. So ist es auch bei der neuen, 25 Prozent hohen Pauschalsteuer für Kapitaleinkünfte, die von 2009 an gilt. Lebensversicherer, Investmentgesellschaften und Anbieter von Unternehmensbeteiligungen verkaufen seit Monaten bestimmte Anlagen mit dem verlockenden Hinweis "abgeltungsteuerfrei".

Abgeltungsteuer: Mit Hilfe von Riester-Verträgen können Anleger viel Geld sparen.

Mit Hilfe von Riester-Verträgen können Anleger viel Geld sparen.

(Foto: Foto: dpa)

Nun haben Fondsanbieter ein neues Schlupfloch entdeckt: Wer einen Riester-Fondssparplan unterzeichnet, ohne die nach dem früheren Bundesarbeitsminister Walter Riester (SPD) benannte staatliche Förderung nutzen zu können, kann ebenfalls Abgeltungsteuer sparen. Verbraucherschützer warnen allerdings davor, nur wegen möglicher Steuerersparnisse einen langfristigen Vorsorgevertrag abzuschließen.

Millionen von Fondssparern gehören zu den Verlierern der neuen Steuer. Der Branchenverband BVI rechnete Anfang 2008 vor: Investiert ein Sparer 30 Jahre lang 100 Euro monatlich in einen Aktienfonds, beläuft sich die Endsumme bei einer durchschnittlichen Wertentwicklung von derzeit unerreichbaren 8,3 Prozent auf 150.000 Euro. Bei einer von 2009 an eingezahlten Summe von 36.000 Euro (360 x 100) fällt auf 114.000 Euro eine Abgeltungsteuer von 31.920 Euro an (inklusive Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer).

Nach derzeit noch gültigem Recht bekommt der Fiskus von der Auszahlungssumme dagegen nach 30 Jahren gar nichts. Die Abgeltungsteuer macht klassische Fondssparpläne also unattraktiver. Ganz anders sieht die Situation bei Riester-Fondssparplänen aus. Hier sind drei Varianten zu unterscheiden:

Der Normalfall

Wer rentenversicherungspflichtig oder Beamter ist, hat Anspruch auf staatliche Zulagen oder Steuervorteile. Der Sparer zahlt in der Ansparphase während seines Berufslebens Beiträge ein. Weder dafür noch für Zinsen oder Dividenden fallen Steuern an. Im Gegenzug muss er dafür die lebenslange monatliche Riester-Rente am Ende der Laufzeit in voller Höhe versteuern, sofern seine steuerrelevanten Einkünfte über dem Existenzminimum liegen. Im Fachjargon spricht man von der "nachgelagerten Besteuerung". Die Abgeltungsteuer gilt hier nicht.

Der Spezialfall

Der Sparer hat keinen Anspruch auf die Riester-Förderung, etwa weil er selbständig oder Freiberufler ist. Dann kann er trotzdem in ein Riester-Fondsprodukt einzahlen. Er bekommt keine Zulagen oder Steuervorteile, unterliegt damit aber auch nicht der nachgelagerten Besteuerung. Für ihn ist das Recht maßgebend, das auch für nach 2004 abgeschlossene Lebensversicherungen gilt: Die Hälfte seiner Erträge ist steuerfrei, die andere Hälfte mit dem persönlichen Steuersatz zu versteuern (Halbeinkünfteverfahren).

Bei einem Spitzensteuersatz von derzeit 45 Prozent (inclusive drei Prozent Reichensteuer) fallen auf seine Gewinne also maximal 22,5 Prozent Steuer an - also etwas weniger als die 25 Prozent Abgeltungsteuer. Hinzu kommt: In der Ansparphase sind alle Erträge aus Zinsen, Dividenden und Kursgewinnen steuerfrei. Wegen dieser Steuerstundung bleibt mehr Geld übrig, das angelegt werden kann und sich mit zunehmender Laufzeit durch den Zinseszinseffekt vermehrt. Einzige Voraussetzung, um diesen Steuervorteil nutzen zu können: Der Vertrag muss mindestens zwölf Jahre bestehen, und der Sparer muss bei der Auszahlung älter als 60 Jahre sein.

Lesen Sie im zweiten Teil, wie die Lage für Gutverdiener aussieht - und für wen sich diese Art von Investment schließlich lohnt.

Neues Schlupfloch für Steuermuffel

Der Ausnahmefall

Der Sparer hat Anspruch auf die Riester-Förderung, hat aber so viel Geld übrig, dass er mehr als den bisherigen förderfähigen Höchstbetrag von 2100 Euro im Jahr investieren will. Angenommen er zahlt zum Beispiel jährlich 5000 Euro ein. Dann unterliegen in der Auszahlungsphase die Rentenzahlungen, die aus dem Beitrag von jährlich 2100 Euro resultieren, der nachgelagerten Besteuerung. Für den Rententeil, der aus dem restlichen Beitrag von jährlich 2900 Euro stammt, gilt dagegen das Halbeinkünfteverfahren.

Die Union Investment, die Fondsgesellschaft der Volks- und Raiffeisenbanken und Marktführer bei Riester-Fondssparplänen, bietet seit dieser Woche eine Überzahlung der Riester-Verträge bis zu einer Höhe von 40.000 Euro pro Jahr an. Beim Sparkassenanbieter Deka Investment ist nach eigenen Angaben geplant, die Möglichkeit zur Überzahlung einzuführen. Die DWS bietet dies bereits an, aber ohne Obergrenzen wie bei der Union Investment.

"Durch die Möglichkeit der Überzahlung können jetzt auch nicht zulagenberechtigte Personen wie Selbständige oder Freiberufler die Riester-Rente zur Altersvorsorge nutzen", sagt Wolfram Erling, Leiter Zukunftsvorsorge bei der Union Investment. Erling sieht neben dem Steuervorteil drei weitere Vorzüge des Überzahlens: Der Anleger kann davon profitieren, dass zum Ende der Laufzeit zumindest seine eingezahlten Beiträge garantiert sind, so wie dies auch bei normalen Riester-Sparern der Fall ist. Der Anleger kann in der Auszahlungsphase flexibel über das überzahlte Vermögen verfügen.

Außerdem kann er davon profitieren, dass die Fondsgesellschaft automatisch den Aktienfondsanteil in dem angesparten Vermögen reduziert und in sicherere Rentenfonds umschichtet, je näher der Ruhestand rückt. Das soll dazu dienen, erworbene Gewinne vor der Zeit der Auszahlung sicherzustellen. Zusätzliche Kosten für das Umschichten fallen nach Angaben der Union Investment dabei nicht an.

Niels Nauhauser, Finanzexperte der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg, warnt aber grundsätzlich davor, einen Vorsorgevertrag nur aus steuerlichen Gründen abzuschließen. Viele Anleger hätten ohnehin keinen Steuervorteil. Wer zum Beispiel einen persönlichen Steuersatz von unter 25 Prozent habe, könne sich zu viel bezahlte Abgeltungsteuer mit der Steuererklärung zurückholen. Und wer nicht viel Vermögen, Schulden oder etwa sein Eigenkapital in eine Immobilie gesteckt habe, werde in vielen Fällen seinen Sparerfreibetrag dauerhaft nicht überschreiten. Auch dann sei keine Abgeltungsteuer fällig. Nauhauser gibt außerdem zu bedenken, dass bei Riester-Fonds Ausgabeaufschläge (Kaufgebühren) sowie die Kosten für die Verwaltung und Garantie deutlich höher sind als bei Fonds, die einen Aktienindex abbilden.

Fazit

Ein- und Überzahlungen in ungeförderte Riester-Fondssparpläne kommen von 2009 an vor allem für Sparer in Frage, denen drei Dinge wichtig sind: Sie können und wollen auf jeden Fall Abgeltungsteuer sparen. Eine Garantie zum Laufzeitende ist ihnen wichtiger als die Chance auf eine möglichst hohe Rendite. Und sie sind zu bequem oder fühlen sich damit überfordert, ihren Fondssparplan selbst zu managen.

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