Süddeutsche Zeitung

Abgeltungsteuer:Ein Viertel ist weg - einfach so

Ab 2009 kassieren die Finanzämter 25 Prozent aller Kapitalerträge ein - stärker werden Anleger nirgends in Europa belastet: Alle wichtigen Antworten zur neuen Steuer.

Catherine Hoffmann

1. Wann kommt die Abgeltungsteuer? Am 1. Januar 2009 wird sie eingeführt.

2. Wie hoch ist die Abgeltungsteuer? Die meisten Kapitalerträge werden einheitlich mit 25 Prozent besteuert. Mit Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer klettert die Steuer auf 28,5 Prozent und damit auf europäisches Spitzenniveau.

3. Welche Erträge fallen unter die Steuer? Betroffen sind Kursgewinne, Spekulationsgewinne, Dividenden, Zinserträge, Bonuszahlungen und Währungsgewinne. Kursgewinne müssen beim Verkauf oder bei Fälligkeit des Wertpapiers versteuert werden. Dividenden und Zinserträge versteuern Sparer zu dem Zeitpunkt, an dem sie ihnen gutgeschrieben werden.

4. Bleibt noch Zeit zu handeln? Wer vor dem Jahreswechsel noch Wertpapiere kauft, bleibt in aller Regel von der neuen Steuer verschont - zumindest, was die Kursgewinne angeht. Die Ausnahme bilden Zertifikate: Sie fallen meist auch dann unter die Abgeltungsteuerpflicht, wenn sie vor 2009 erworben wurden. Für Aktien und Aktienfonds, die vor 2009 angeschafft wurden, gilt: Die Kursgewinne sind weiter steuerfrei, wenn Anleger die Papiere länger als ein Jahr gehalten haben.

5. Was wird aus der Spekulationsfrist? Derzeit sind Kursgewinne nur steuerfrei, wenn die Papiere länger als ein Jahr gehalten werden. Alle Wertpapiere, die binnen kürzerer Frist verkauft werden, müssen Anleger mit ihrem persönlichen Einkommensteuersatz versteuern. Diese Regel fällt durch die Abgeltungsteuer weg: Es ist egal, wie lange ein Wertpapier im Depot liegt - beim Verkauf werden immer 25 Prozent plus Soli und Kirchensteuer auf die Gewinne fällig, aber eben auch nicht mehr.

6. Gibt es gar keine Spekulationsgewinne mehr? Doch: Für Immobilien gilt nach wie vor eine Spekulationsfrist von zehn Jahren. Für Gold, Antiquitäten und Kunst gilt die alte Spekulationsfrist von einem Jahr.

7. Was gilt für Finanzinnovationen? Hier ist die neue Regelung anlegerfreundlich: Bislang müssen die Kursgewinne auf Garantiezertifikate und Zerobonds mit dem vollen Einkommensteuersatz versteuert werden. "Künftig werden sie mit der niedrigeren Abgeltungsteuer belegt - auch wenn sie vor dem Jahr 2009 gekauft worden sind", sagt Markus Zschaber, Vermögensverwalter und Autor eines Buches über die Abgeltungsteuer.

8. Wie kommt der Fiskus ans Geld? Die Bank oder Fondsgesellschaft führt die Abgeltungsteuer direkt ans Finanzamt ab. Deshalb sprechen Fachleute hier von einer "Quellensteuer", die sofort an der Quelle erhoben wird.

9. Was wird aus dem Sparerfreibetrag? Er lebt in abgewandelter Form weiter: als Sparerpauschbetrag. Bisher müssen Zinseinkünfte bis zu einer Höhe von 750 Euro (1500 Euro für Ehepaare) überhaupt nicht versteuert werden. Zudem dürfen Sparer Werbungskosten geltend machen beziehungsweise eine Werbungskostenpauschale von 51 (102) Euro absetzen. Künftig werden beide zusammengelegt und heißen Sparerpauschbetrag. Die Höhe bleibt gleich, nämlich 801 (1602 Euro). Was sich ändert: Der neue Sparerpauschbetrag gilt nicht nur für Zinseinkünfte und Dividenden, sondern auch für andere Kapitalerträge, beispielsweise für Kursgewinne.

10. Bleibt der Freistellungsauftrag erhalten? Ja, es gibt ihn weiterhin. Damit die Bank von Einkünften, die unter dem Sparerpauschbetrag liegen, erst gar keine Steuern ans Finanzamt abführt, muss bei der Bank ein Formular ausgefüllt werden.

11. Müssen Kinder Abgeltungsteuer zahlen? Wenn die Einkünfte so gering sind, dass sie gar nicht zur Steuer veranlagt werden, zahlen Kinder keine Abgeltungsteuer - auch wenn sie ein eigenes Konto oder Depot haben. Eltern lassen sich wie bisher vom Finanzamt eine Nichtveranlagungsbescheinigung ausstellen. Die bekommt jeder, der keine Einkommensteuer zahlen muss, weil sein Verdienst so gering ist. Wer sie bei der Bank vorlegt, spart auch die Abgeltungsteuer. Das gilt ebenso für Studenten und Rentner.

12. Können Werbungskosten in voller Höhe abgesetzt werden? Nein, sie können künftig nur noch im Rahmen des Steuerpauschbetrags geltend gemacht werden. Entscheidend ist die Pauschale, die tatsächlichen Kosten spielen keine Rolle.

Auf der nächsten Seite: Was ist, wenn der persönliche Steuersatz unter 25 Prozent liegt?

13. Was ist mit Kapitalerträgen aus dem Ausland? Auch auf Kapitalerträge aus dem Ausland wird ab 2009 die Abgeltungsteuer fällig. Haben Anleger ihr Konto oder Depot bei einer inländischen Bank, führt diese die Steuer automatisch ab. Wer im Ausland Bankkunde ist, muss die Erträge in seiner Steuererklärung selbst angeben, weil im Ausland die Abgeltungsteuer nicht einbehalten wird.

14. Muss man für Kapitalerträge eine Steuererklärung machen? In der Regel nicht. Liegt der persönliche Steuersatz allerdings unter 25 Prozent, können sich Anleger Geld vom Finanzamt zurückholen. Denn sie haben das Recht, ihre Kapitaleinkünfte mit dem niedrigeren persönlichen Einkommensteuersatz zu versteuern. In diesem Fall entscheiden sich Sparer in der Steuererklärung für die "Veranlagungsoption zum individuellen Steuersatz".

15. Können künftig Verluste mit Gewinnen verrechnet werden? Ja, dazu addiert die Bank alle Verluste aus einem Jahr und verrechnet sie mit den Gewinnen aus dem gleichen Jahr. Bleiben danach nur Verluste übrig, werden diese ins nächste Jahr übertragen. Allerdings dürfen nicht alle Verluste aus Kapitalerträgen mit allen Gewinnen verrechnet werden. So dürfen Kursverluste aus Aktiengeschäften nur mit Kursgewinnen aus Aktiengeschäften verrechnet werden, nicht aber mit Dividenden und Zinseinkünften.

16. Und was ist mit alten Verlusten aus den Jahren bis 2008? "Diese können steuerlich in Folgejahre vorgetragen werden", sagt Zschaber, "allerdings nur bis zum Jahr 2013."

17. Wie hart trifft die neue Steuer Aktionäre? Ganz klar: Besitzer von Aktien werden künftig in aller Regel schlechter dastehen. Lediglich Zocker, die Papiere nur kurzfristig halten, dürften sich über die Abgeltungsteuer freuen. Für langfristige Investoren wird es teuer - sie müssen Kursgewinne ab 2009 einheitlich mit 25 Prozent versteuern - egal wie lange sie die Papiere gehalten haben. Bisher sind Kursgewinne komplett steuerfrei, wenn die Aktien länger als ein Jahr im Depot gehalten wurden.

18. Was ist mit Dividenden? Bei Dividenden entfällt das Halbeinkünfteverfahren. Statt dessen zahlen Anleger auch auf Ausschüttungen 25 Prozent. Das gilt übrigens auch für Aktien, die Anleger schon vor 2009 gekauft haben.

19. Wie werden Sparbriefe, Fest- und Tagesgelder behandelt? Wer sein Geld festverzinslich anlegt - egal in welcher Form - wird von der Abgeltungsteuer profitieren. Denn Zinsen werden bislang mit dem persönlichen Einkommensteuersatz versteuert. Weil nicht jeder Bürger seine Zinsanlagen brav in der Steuererklärung gemeldet hat, wurden die Banken verpflichtet, 30 Prozent aller Zinszahlungen als Zinsabschlagsteuer direkt ans Finanzamt abzuführen. Verschont bleiben nur Beträge, die unter dem Sparerfreibetrag von 801 (1602) Euro liegen. Künftig werden Zinsen nur mit dem 25 Prozent besteuert - und damit meist geringer.

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20. Was bedeutet die Steuer für Anleihen und Schatzbriefe? Für Staats- und Unternehmensanleihen gilt praktisch das Gleiche wie für Sparbriefe und Tagesgeldkonten - und zwar unabhängig davon, ob die Zinsen fest oder variabel sind. "In der Regel ist die Abgeltungsteuer bei Anleihen günstiger als die bisherige Steuerregeln", sagt Josef Möst, Direktor beim Bankhaus Metzler. Einen Unterschied zu Zinskonten gibt es allerdings: Die Gewinne bestehen nicht nur aus dem Kupon, oft kommen auch Kursgewinne hinzu - die werden bisher außerhalb der Spekulationsfrist nicht versteuert, künftig schon, und zwar mit 25 Prozent.

21. Welches sind die Gewinner unter den Investmentfonds? "Aktien- oder Mischfonds mit hohem Aktienanteil sind Verlierer der Abgeltungsteuer", sagt Portfoliomanager Zschaber. "Rentenfonds oder defensive Mischfonds profitieren dagegen von den neuen Regeln." Für alle ab 2009 erworbenen Fondsanteile gilt: Zwischengewinne, Dividenden, Zinserträge und Kursgewinne werden mit dem Abgeltungsteuersatz versteuert. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Fonds die Erträge ausschütten oder thesaurieren, also einbehalten und wieder anlegen.

22. Wie steht es mit Fondssparplänen? Für Fondssparpläne gilt im Prinzip nichts anderes als für Investmentfonds. Bei Anteilen, die Anleger bis Ende 2008 gekauft haben, bleiben die Kursgewinne außerhalb der Spekulationsfrist steuerfrei. Anteile, die vom 1. Januar 2009 an erworben werden, unterliegen der Abgeltungsteuer.

23. Wie werden offene Immobilienfonds behandelt? Mieterträge aus inländischen Immobilien sind künftig von der Abgeltungsteuer betroffen. Mieterträge aus dem Ausland, die Anlegern auf Fondsebene zufließen, müssen in Deutschland auch künftig nicht versteuert werden, weil meist schon im Ausland Steuern darauf bezahlt werden mussten. Gewinne aus dem Verkauf inländischer Immobilien sind künftig mit 25 Prozent zu versteuern, auch wenn diese nicht ausgeschüttet werden. Veräußerungsgewinne aus dem Verkauf ausländischer Immobilien werden hierzulande nicht besteuert. Deshalb gelten offene Immobilienfonds, die ihre Erträge vor allem mit ausländischen Immobilien erwirtschaften, als Gewinner der Abgeltungsteuer. Für Fonds, die Anleger bis zum Jahresende gekauft haben, gelten bei Immobilienverkäufen die alten Regeln: Sie sind außerhalb der zehnjährigen Spekulationsfrist steuerfrei, ansonsten müssen Anteilseigner Gewinne mit ihrem Einkommensteuersatz versteuern.

24. Wie werden Kunst, Edelmetalle und Antiquitäten besteuert? Diese Investments werden auch nach der Jahreswende nicht anders besteuert als heute: Die Gewinne - beispielsweise aus dem Verkauf von Gold - bleiben steuerfrei, solange das Investment länger als ein Jahr gehalten wurde. Wer vorher verkauft, zahlt seinen Einkommensteuersatz.

25. Welche Regeln gelten künftig für Immobilien? Auch Immobilien fallen nicht unter die Abgeltungsteuer. Gewinne, die durch einen Verkauf entstehen, bleiben nach Ablauf der Spekulationsfrist steuerfrei. Die Frist beträgt zehn Jahre für Wohnungen und Häuser, die nicht selbst genutzt werden. Die Verkaufsgewinne aus selbstgenutzten Immobilien müssen nicht versteuert werden, wenn die Eigentümer sie im Jahr des Verkaufs und den beiden vorangegangenen Jahren bewohnt haben.

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Quelle:
SZ vom 06.09.2008/hgn
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