ABC der Finanzen:Fonds und Zertifikate - Die Gefahr der großen Auswahl

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Fonds und Zertifikate sind so etwas wie die Alleskönner auf dem Anlagemarkt. Bei Tausenden Angeboten ist für fast jeden Anleger ein passendes Produkt dabei - er muss es nur finden.

Christina Amann

Egal, ob Geld langfristig und sicher für die Altersvorsorge angelegt oder kurzfristig geparkt werden soll - für fast jedes Anlageziel gibt es unter Fonds und Zertifikaten ein Angebot. Die Auswahl des passenden Produktes kann deshalb aber schwierig sein.

Die Auswahl an Fonds und Zertifikaten ist riesig: Es lohnt sich daher, genau hinzusehen. (Foto: Foto: dpa)

Mehr als 12.000 Fonds werden derzeit in Deutschland angeboten. Knapp 550 Milliarden Euro haben deutsche Anleger dort investiert, am meisten in Aktienfonds, bei denen gut 170 Milliarden Euro liegen, gefolgt von Rentenfonds mit 160 Milliarden Euro.

Etwas weniger Geld ist in Derivate investiert; gerade wurde nach Angaben des Derivate-Forums die Schwelle von 100 Milliarden Euro überschritten. Allerdings ist die Zahl der Derivate mit geschätzten 100.000 noch unüberschaubarer als die der Fonds. Die meisten Derivate gehören zur Gruppe der Zertifikate.

"Von sicher bis riskant"

,,Mit Fonds kann man alle Anlagewünsche abbilden, von sicher bis riskant'', sagt Thomas Bieler von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Noch breiter sei das Spektrum der Zertifikate. Das richtige Produkt zu finden, ist die Herausforderung.

Entscheidend ist, wie lange sich das investierte Geld entbehren lässt und wie viel Risiko der Anleger akzeptiert. Geklärt werden muss auch, ob der Betrag auf einen Schlag investiert oder ob monatlich gespart werden soll.

,,Privatanleger sollten sich einen guten Berater suchen, sonst ist die Suche nach dem richtigen Produkt sehr mühsam'', sagt Björn Drescher von der Fondsberatung Drescher & Cie.

Nur Fonds haben Manager

Fonds gibt es in Deutschland seit 1950. Fondsgesellschaften sammeln Geld von Anlegern und lassen es von einem Manager innerhalb eines Rahmens in wechselnde Wertpapiere oder Immobilien investieren.

Bei den Wertpapieren wählen sie meist Aktien oder Rentenpapiere (also Papiere mit fest vereinbartem Zins) oder eine Mischung aus beidem. Die Anlage in Fonds ermöglicht es, kleine Summen zu streuen und mit ihnen auch in Vermögensklassen wie Immobilien zu investieren, die sonst verschlossen sind.

Durch die Streuung sind Fonds meist wertstabiler als eine einzelne Aktie. Allerdings kann auch ihr Wert beunruhigend stark schwanken. Bei Branchenfonds, die etwa nur in spekulative Werte wie Biotechnologieaktien investieren, geht es meist deutlich mehr auf und ab als etwa bei Fonds, die weltweit in Großunternehmen investieren.

,,Je kleiner und schwankungsanfälliger der Markt ist, in den der Fonds investiert, desto geringer sollte auch der Anteil dieses Fonds am Portfolio sein'', sagt Holger Bufe vom Geldanlage Centrum.

Zusätzlich gilt: Um einen Verkauf mit Verlust zu vermeiden, sollte man der Investition Zeit geben können. ,,Wenn man in einen Aktienfonds investiert, sollte man einen Anlagehorizont von mindestens acht bis zehn Jahren haben'', sagt ein Sprecher des Bundesverbandes Investment und Asset Management (BVI).

,,Je kürzer er ist, desto schwankungsärmer muss die Anlage sein'', sagt Bufe. Zu den wertstabileren Fonds gehören Renten- und Immobilienfonds. Verluste sind aber auch hier nicht ausgeschlossen. Momentan kämpfen viele Rentenfonds mit Kursrückgängen bei Anleihen wegen der Zinserhöhungen.

Sondervermögen

Bei einer Pleite der Fondsgesellschaft ist das eigene Geld sicher, denn Fonds gehören zum so genannten Sondervermögen einer Gesellschaft.

Zertifikate gibt es in Deutschland seit 1990. Sie werden von Banken herausgegeben und folgen stur der Wertentwicklung eines Basiswertes, zum Beispiel einer oder mehrerer Aktien. Während beim Fonds ein Manager immer wieder prüft, wie das Geld innerhalb des vorgegebenen Spektrums weiterinvestiert wird, bleibt die Streuung beim Zertifikat gleich.

Anleger müssen sich deswegen noch präziser informieren, bevor sie investieren. ,,Die Zertifikate sind eine Anlageform, bei der man verstehen muss, was man kauft'', sagt Bieler. Experten warnen vor den komplizierten Konstrukten, die angeboten werden. ,,Vieles ist bewusst nebulös konstruiert'', sagt Drescher.

Einfacheres Gebilde

Zu den einfachsten Gebilden gehören Indexzertifikate, die den zugrunde liegenden Index wie etwa den deutschen Leitindex Dax abbilden.

Discountzertifikate und Bonuszertifikate ermöglichen eine Investition mit Rabatt und eignen sich für risikoscheue Investoren, die allerdings mit begrenzten Gewinnchancen leben müssen. Hebelprodukte ermöglichen extrem hohe Gewinne, bergen aber das Risiko eines Totalverlusts und sind deswegen nur für Spielernaturen geeignet.

Mit Zertifikaten kann man auf so gut wie jede Börsenentwicklung wetten: Manche Zertifikate erwirtschaften Gewinne nur bei fallenden Kursen, andere eignen sich besonders für Phasen, in denen sich die Kurse kaum bewegen. Zertifikate seien somit zielgerichtet als Beimischung geeignet. ,,Man braucht aber eine klare Meinung über den Markt'', sagt Bieler - und man trägt alleine die Konsequenzen, wenn die Meinung klar falsch war.

Auf Zahlungsfähigkeit achten

Weil Zertifikate rechtlich Schuldverschreibungen der ausgebenden Bank sind, ist das Geld bei einer Insolvenz der Bank weg. Anleger müssen deshalb auf deren Zahlungsfähigkeit achten.

Ob Fonds oder Zertifikat - jedes Portfolio muss regelmäßig geprüft werden. Ein Fonds muss nicht sofort verkauft werden, wenn er ins Minus gerät - aber er sollte verkauft werden, wenn er nicht mehr zum eigenen Risikoprofil passt, sei es, weil sich die persönliche Situation geändert hat oder weil der Markt, in den er investiert, riskanter geworden ist.

© SZ vom 31.08.06 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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