Wohnen und Arbeiten:Wenn sich der Nachbar beschwert, ist Schluss

Homeoffice

Immer mehr Menschen arbeiten in den eigenen vier Wänden. Gegen ruhige Bürojobs wird kaum jemand etwas haben. Schwierig wird es, wenn die Tätigkeit zu Hause mit Kundenbesuch verbunden ist.

(Foto: Daniel Naupold/dpa)

Viele Beschäftigte üben ihren Beruf auch zu Hause aus. Das kann Ärger mit dem Vermieter geben. Denn Wohnungen sind in erster Linie zum Wohnen da, wie die Gerichte entschieden.

Die Zeiten ändern sich und mit ihnen auch die Arbeitsgewohnheiten. Onlineshop, Crowdworking, Home- Office, Nähstube - viele, die geschäftlich noch am Anfang stehen oder die Familie und Beruf unter einen Hut bekommen wollen, arbeiten von zu Hause aus. Die Wohnung wird dann nicht mehr nur zum Wohnen genutzt, sondern auch teilgewerblich. Doch ist das zulässig? Wichtige Fragen und Antworten:

Ist berufliche Nutzung erlaubt?

Prinzipiell nein. "Wird eine Wohnung zu Wohnzwecken gemietet, ist eine berufliche oder gewerbliche Nutzung grundsätzlich nicht gestattet", stellt Jutta Hartmann, Justiziarin des Deutschen Mieterbunds (DMB) in Berlin, klar. Aber keine Regel ohne Ausnahme - bestimmte Tätigkeiten sind doch erlaubt. Die Grenzen bestimmen im Streitfall die Gerichte, weil es keine gesetzlichen Regeln gibt.

Was darf alles erledigt werden?

Zunächst einmal das, was weder Krach macht, noch Gerüche hinterlässt noch Nachbarn stören könnte. Klassiker des Erlaubten ist der Lehrer, der am heimischen Schreibtisch Klausuren korrigiert und den Unterricht vorbereitet. Auch telearbeitende Angestellte, Journalisten, Schriftsteller, Gutachter und Übersetzer dürfen daheim in die Tasten und zum Telefon greifen. Gelegentliche Büroarbeiten am Abend oder am Wochenende und ein Home-Office ließen die Landgerichte Frankfurt und Stuttgart ebenfalls durchgehen (Az.: 311 S 203/91 und 16 S 327/91). Für solche Tätigkeiten brauchen Mieter keine Zustimmung des Vermieters. Das Einrichten eines häuslichen Arbeitszimmers ist daher auch erlaubt. Um es aber von der Steuer abzusetzen, muss es weitestgehend für berufliche oder betriebliche Zwecke genutzt werden. Darunter versteht der Bundesfinanzhof unter anderem organisatorische, schriftliche und Verwaltungsaufgaben.

Wo sind die Grenzen?

Kritisch wird es, wenn "mit der Tätigkeit eine Außenwirkung verbunden ist", sagt der Rechtsanwalt Rainer Burbulla aus Düsseldorf. Dazu gehören Laufkundschaft sowie Besuche von Patienten und Mandanten genauso wie der häufig im Haus auftauchende Paketdienst für den aus dem Wohnzimmer heraus betriebenen Onlineshop. Schon ein Schild an Tür, Briefkasten oder Balkon kann dem Vermieter mit Hinweis auf die Außenwirkung reichen, um die teilgewerbliche Nutzung in der Wohnung zu verbieten. Dabei hat der Eigentümer den Bundesgerichtshof (BGH) auf seiner Seite. Der entschied 2009, dass der Vermieter freiberufliche oder gewerbliche Aktivitäten des Mieters, die nach außen hin bemerkbar sind, "mangels entsprechender Vereinbarung im Mietvertrag nicht in der Wohnung dulden muss" (Az.: VIII ZR 165/08). Jutta Hartmann erläutert: "Der Vermieter kann abmahnen, den Mieter auf Unterlassung der vertragswidrigen Nutzung verklagen oder ihm kündigen." Im schlimmsten Fall darf er den Mieter fristlos vor die Tür setzen (BGH, Az.: VIII ZR 213/12). Sicherheitshalber sollten Mieter daher immer vorab ihren Eigentümer fragen, ob er mit solchen Aktivitäten einverstanden ist. Das gilt auch für Nutzungen wie Musikunterricht. Denn spätestens, wenn sich die Nachbarn beschweren, ist Schluss, und der Rausschmiss kann anstehen. Das betrifft außerdem Klagen über Parkplatz blockierende Besucher und rege frequentierte Ingenieurbüros und Kosmetikstudios in der Wohnung (Landgericht Schwerin, Az.: 6 S 96/94). Tagesmütter sollten ebenfalls aufpassen: Die entgeltliche Betreuung von fünf fremden Kindern in der Wohnung ging dem BGH zu weit (Az.: V ZR 204/11).

Die Erlaubnis im Mietvertrag?

Das geht. Fachleute sprechen dann von einem Mischmietverhältnis. Im Vertrag kann beispielsweise der Betrieb eines Partyservice oder ein Tagesmütterdienst festgeschrieben sein. Vorteil des Vertrags: Der Mieter ist auf der sicheren Seite. Gibt es Ärger mit den Nachbarn, "hat der Vermieter das Problem", sagt Rainer Burbulla. Denkbar sei außerdem, die teilgewerbliche Nutzung zu verbieten und gleichzeitig einen Erlaubnisvorbehalt des Vermieters vorzusehen. Das verpflichtet ihn zur Zustimmung, wenn weder eine Belästigung Dritter zu befürchten ist, noch die Beschaffenheit der Wohnung verändert wird oder die Gefahr droht, dass die Wohnung beschädigt wird.

Und in der Eigentumswohnung?

Wenn die Räume in der Teilungserklärung als Wohnung definiert sind, sind sie einerseits zum Wohnen da. Andererseits ist es nicht möglich, "eine teilgewerbliche Nutzung generell zu verbieten, weil jeder mit seinem Eigentum machen kann, was er will", sagt Sabine Feuersänger vom Verband Wohnen im Eigentum mit Sitz in Bonn. Um Streit zu vermeiden, schlägt sie vor, in der Gemeinschaftsordnung zu verankern, was wie zulässig sein soll - bis hin zu Details wie dem Anbringen von Hinweisschildern. Zudem könne festgelegt werden, dass der Verwalter einer teilgewerblichen Nutzung zustimmen muss, und es können Gründe für eine Ablehnung genannt sein. Das, was in der Gemeinschaftsordnung steht, bindet über den Mietvertrag auch Mieter, sagt die Expertin. Voraussetzung ist, dass der vermietende Eigentümer die betreffenden Passagen in den Vertrag übernimmt.

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