Wichtige Kennzahlen:Wie schätze ich eine Aktie richtig ein?

Lehman Brothers

Kennzahlen sind wichtige Kriterien bei der Bewertung von Aktien.

(Foto: Frank Rumpenhorst/dpa)

Aus der Vielzahl von Aktien die mit den größten Chancen und geringsten Risiken herauszufischen, ist eine knifflige Aufgabe. Einige wichtige Kennzahlen können bei der Einschätzung von Aktien helfen.

Von Larissa Holzki

Wer Aktien beurteilen will, muss genau hinauschauen und mehrere Größen im Blick haben. Die wichtigsten Kennzahlen finden Anleger im Kursteil der Tageszeitungen oder auf verschiedenen Portalen im Internet, zum Beispiel hier und hier. Was Kennziffern wie KGV, KBV und Cash-Flow zu bedeuten haben.

Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV)

Welche Aktie ist besonders günstig? Und welche wird derzeit überbewertet? Eine der gebräuchlichsten Kennziffern, um das herauszufinden, ist das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV). Dieser Wert ergibt sich, wenn der Kurs durch den Reingewinn pro Aktie geteilt wird.

Angenommen, der Kurswert einer Aktie beläuft sich auf 25 Euro und das Unternehmen macht pro Aktie zwei Euro Gewinn. Dann ergibt sich ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von 12,5. Im Hinblick auf das gesamte Unternehmen sagt die Kennziffer aus, mit welchem Vielfachen des Jahresgewinns es an der Börse bewertet wird. Anders ausgedrückt, gibt das KGV darüber Auskunft, wie viele Jahre es dauern würde, bis das Unternehmen den Wert seiner Aktien als Gewinn erwirtschaftet hätte.

Grundsätzlich gilt: Je niedriger das KGV, desto besser. Aber Achtung: Bei der Angabe des Gewinns können Unternehmen leicht tricksen. Achten Sie darauf, dass für den Reingewinn Zinsen, Steuern und Abschreibungen abgezogen wurden, also keine EBIT oder Earnings Before Interest and Taxes (Gewinne vor Zinsen und Steuern) die Grundlage der Berechnung bildeten. Außerdem wichtig: Wurde der Gewinn des Vorjahres zur Berechnung verwendet oder der erwartete für das aktuelle? Daten für das vergangene Geschäftsjahr sind zwar gesichert, aber auch veraltet. Aussagekräftiger ist der Gewinn im laufenden Geschäftsjahr. Der ist zu einem frühen Zeitpunkt jedoch nur eine vage Schätzung. Läuft es an der Börse gut, sind die Gewinnerwartungen der Analysten häufig übertrieben. Hilfreich kann ein Blick in die jüngere Unternehmensgeschichte sein. Waren die letzten Jahre profitabel? Lassen Sie sich nicht durch einen einzigen Ausreißer nach oben blenden.

Die Kurs-Gewinn-Verhältnisse unterscheiden sich von Branche zu Branche erheblich. Nur Vergleiche mit direkten Mitbewerbern sind sinnvoll: Wie hoch werden sie bewertet? Wie sind Gewinnaussichten der gesamten Branche? Belasten eventuell laufende Prozesse oder drohende Klagen die Gewinnaussichten eines Unternehmens?

Das KGV wird in vielen Zeitungen im Kursteil angegeben - auch in der Süddeutschen Zeitung. Im angelsächsischen Raum wird es Price-Earnings-Ratio (PER) genannt.

Dividende und Dividendenrendite

Die Dividende ist der Teil des Gewinns, den eine Aktiengesellschaft nach Abzug von Steuern, Zinsen und Abschreibungen einmal im Jahr an die Aktionäre auszahlt. Den Rest behält sie als Rücklagen und für weitere Investitionen. Es gibt die Faustregel: Je innovativer eine Branche ist, je mehr die Unternehmen forschen und neue Technik einsetzen, desto weniger Gewinn wird ausgeschüttet.

Da viele Aktiengesellschaften mehrere Millionen Aktien ausgeben, liegt die Dividende pro Aktie meistens im Cent- oder niedrigen Euro-Bereich. Auf den ersten Blick sind Dividendenzahlungen daher langweiliger als der sich ständig verändernde Aktienkurs und werden von vielen Anlegern unterschätzt. Tatsächlich machen sie häufig fast die Hälfte des Geldes aus, das ein Aktionär an der Börse verdient.

Die Dividendenrendite ist das Verhältnis der Dividende zum Aktienkurs. Je höher diese Kennziffer ist, desto mehr lohnt es sich, die Aktie zu besitzen. Das Problem dabei ist: Die Höhe der Dividende schwankt. Sie wird vom Vorstand der Aktiengesellschaft vorgeschlagen und auf der Hauptversammlung beschlossen. Läuft es gerade nicht so gut, können Unternehmen die Ausschüttungen kürzen oder sogar streichen.

Die Dividenden-Rendite sagt nichts über die Kursentwicklung aus. Unternehmen, die hohe Dividenden ausschütten, können sich schlecht entwickeln und umgekehrt. Besonders verlässlich waren in den vergangenen Jahrzehnten die Dividendenzahlungen von Unternehmen, die Dinge des täglichen Bedarfs herstellten. Wasser, Kaffee und Putzmittel kaufen die Leute auch in wirtschaftlich unsicheren Zeiten (weiter Informationen über die Beziehung zwischen Dividende und Dividendenrendite finden Sie hier).

Wer über Dividendenzahlungen und andere Unternehmensentscheidungen mitbestimmen will, sollte auf Stammaktien setzen. Höhere Dividenden gibt es aber für Vorzugsaktien. Aktionäre mit diesen Wertpapieren verkaufen sozusagen ihr Stimmrecht an das Unternehmen. (Weitere Informationen zu den unterschiedlichen Aktientypen finden Sie hier). Die Ausschüttung der Dividende findet in Deutschland meistens von April bis Juni statt.

Cash-Flow, KBV und KUV

Cash-Flow heißt auf deutsch "Bargeldfluss". Anhand dieser Kennziffer lässt sich sagen, ob ein Unternehmen liquide ist. Sie zeigt die Differenz von Mittelzufluss und Mittelabfluss an. Ist der Cash-Flow positiv, können Kredite getilgt und neue Investitionen aus eigener Kraft getätigt werden. Der Cash-Flow lässt sich bei Unternehmen einer Branche leicht vergleichen. Allerdings schwankt er stark und eignet sich nicht gut, um Vergleiche über Jahre hinweg anzustellen.

Der Cash-Flow lässt sich kaum durch Bilanzierungstricks schönen. Mit dem Aktienkurs ins Verhältnis gesetzt, sagt er aus, mit welchem Faktor die Ertragskraft einer Aktiengesellschaft an der Börse bewertet wird. Das Kurs-Cash-Flow-Verhältnis (KCV) gilt unter Fachleuten als objektiveres Bild als das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV). Auch beim KCV gilt: Je niedriger der Wert, desto günstiger wird die Aktie bewertet.

Das Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV)

Wie wird das Eigenkapital des Unternehmens an der Börse bewertet? Die Antwort auf diese Frage gibt das Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV). Den Buchwert erhält man, wenn man alle immateriellen Vermögensgegenstände, Sach- und Finanzanlagen eines Unternehmens zusammenrechnet. Es kommt aber vor, dass eine Aktiengesellschaft an der Börse unter diesem Wert gehandelt wird. Das lässt zwei Schlüsse zu: Entweder das Unternehmen macht Verluste und verliert Eigenkapital, zum Beispiel durch große Abschreibungen. Dann ist der Abschlag begründet. Oder das Unternehmen wird unterschätzt und hat großes Potenzial (je niedriger das KBV, desto größer die Gewinnaussichten). Häufig schlagen in diesem Fall Finanzinvestoren zu und übernehmen das Unternehmen.

Das Kurs-Umsatz-Verhältnis (KUV)

Besonders bei der Bewertung von jungen Unternehmen sollte das Kurs-Umsatz-Verhältnis (KUV) zu Rate gezogen werden. Viele von ihnen schreiben noch rote Zahlen oder erwirtschaften geringe Gewinne, weshalb das KGV als Kriterium ausscheidet. Das KUV setzt den aktuellen Kurs in Relation zu den Umsätzen. Angenommen, zwei junge Unternehmen entwickeln ein ähnliches Produkt und stehen in direkter Konkurrenz. Eins der Unternehmen weist ein KUV von 5 auf, das andere von 3. Dann ist das zweite günstiger bewertet. Die Faustregel lautet: Je niedriger das KUV, desto preiswerter die Aktie.

Auch bei etablierten Unternehmen ist das Kurs-Umsatz-Verhältnis aufschlussreich. Bei den Umsätzen kann nicht so leicht getrickst werden, wie bei den Gewinnen. Besitzen zwei Unternehmen, die für Ihren Aktienkauf in Frage kommen, das gleiche KGV, kann das KUV ein entscheidendes Kriterium sein.

Eigenkapitalrendite

Anleger sollten wissen, wie rentabel das Eigenkapital einer Aktiengesellschaft arbeitet. Eine Kennzahl, die darüber Aufschluss gibt, ist die Eigenkapitalrendite. Um sie zu errechnen, multipliziert man den Gewinn mit 100 und teilt ihn durch das Eigenkapital. Es ist gut, wenn das Unternehmen mit wenig Geld viel Gewinn macht. Deshalb ist eine höhere Eigenkapitalrendite besser als eine niedrige. Letztere könnte ein Hinweis auf ein überbewertetes Anlagevermögen sein.

Wenn Sie Unternehmen einer Branche vergleichen, achten Sie darauf, dass immer der Gewinn nach Steuern zur Berechnung des Verhältnisses genutzt wurde. Knifflig ist auch die Zuordnung einiger Finanzinstrumente, zum Beispiel Wandelanleihen, die Sie sowohl im Eigen- als auch im Fremdkapital finden können. Achten Sie auch hier darauf, dass die Kennziffern tatsächlich vergleichbar sind.

Zwischen den Branchen variiert die Eigenkapitalrendite stark. Ist die Kennziffer zwar niedrig, steigt aber über die letzten Jahre hinweg stetig an, entwickelt sich das Unternehmen gut.

Wichtig: Egal wie hübsch sich die Bilanz eines Unternehmens mit Blick auf diese Kennziffern auch liest, es ist nicht klug, sämtliche Ersparnisse in einen Konzern zu investieren. Geht das Unternehmen unvorhergesehen in die Pleite, sind Sie Ihr Geld ganz schnell los. Streuen können Sie Ihr Risiko, indem Sie in Aktien verschiedener Branchen und Unternehmen anlegen (lesen Sie dazu auch diesen Ratgeber-Text: Wie vermeide ich größere Verluste an der Börse?)

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