Sparkasse Köln-Bonn in der Krise:Unter Freunden

Kölscher Klüngel: Die Sparkasse Köln-Bonn ist schwer angeschlagen - doch nicht nur wegen der Finanzkrise, sondern in erster Linie durch ihre Hilfsdienste für die Politiker vor Ort.

Caspar Dohmen

Wer von der Autobahn 57 in Pulheim abfährt, gelangt nach wenigen Kilometern zum Golfclub Gut Lärchenhof, er liegt hinter Büschen in der flachen rheinischen Landschaft versteckt. "Zutritt nur für Mitglieder + Restaurantbesucher", steht auf dem Klingelschild an dem Tor.

Sparkasse Köln-Bonn in der Krise: Gemeinsam golfen - die Sparkasse Köln-Bonn hielt für ihre besten Kunden einen Golfplatz vor.

Gemeinsam golfen - die Sparkasse Köln-Bonn hielt für ihre besten Kunden einen Golfplatz vor.

(Foto: Foto: dpa)

Golfplatz für wenige

So ist gewöhnlich der Zugang zu exklusiven Clubs geregelt. Doch dieses Gelände gehört der Sparkasse Köln-Bonn, deren rote Flagge neben der Einfahrt weht. Und eine Sparkasse ist doch bekanntlich für alle Bürger da.

Die Geschichte des Golfplatzes zeigt die dünne Grenze zwischen gewünschter regionaler Wirtschaftsförderung durch eine Sparkasse und einer Geschäftspolitik, die man mit dem Begriff "Kölschen Klüngel" umschreiben könnte - hier sind mal Unternehmer, mal Politiker und mal die Sparkasse beteiligt. "Echte Fründe ston zesamme", so besingt die Kölner Kultband "Höhner" diese rheinische Lebensart.

Geld hat die Sparkasse mit dem Platz nicht verdient

Die Idee für den Golfplatz habe der Rechtsanwalt Bernd Klasmeyer gehabt, ein guter Kunde der Sparkasse, erinnert sich ein Manager des Instituts. Die Sparkasse half und gründete Anfang der 90er-Jahre mit dem Anwalt die Golf Club Lärchenhof GmbH. 2003 übernahm die Sparkasse die Anlage dann komplett - Kaufpreis unbekannt. Noch 2007 musste das gemeinwohlorientierte Institut 10,5 Millionen Euro auf die Anlage abschreiben. Geld verdient hat die Kasse mit dem Golfplatz bis heute nicht.

Angesichts einer Bilanzsumme von 28 Milliarden Euro könnte die Sparkasse diese Belastung leicht wegstecken. Sie hatte jedoch auch der nordrhein-westfälischen Landesregierung beim Bau von Europas größtem Fernsehproduktionsstudio Magic Music Company (MMC) geholfen, ebenso der Stadt Köln, als der Fernsehsender RTL mit Abwanderung drohte.

Alle Sparkassen haften füreinander

Für diese drei Projekte musste die Sparkasse 2007 ganze 143 Millionen Euro abschreiben. Dazu kamen hohe Belastungen aus der WestLB-Beteiligung und eigenen Finanzanlagen. Genau weiß man darüber erst Bescheid, seitdem Dietmar Binkowska der Sparkasse führt - der parteilose ehemalige Commerzbanker wollte politikferner agieren.

Kurz nach seiner Amtsübernahme geriet die Sparkasse im Sommer 2007 in eine Krise, die bis heute anhält. "Das Ende ist nicht in Sicht", heißt es in Verwaltungsratskreisen des Instituts, das seit der Fusion 2005 zu 70 Prozent der Köln und zu 30 Prozent Bonn gehört. "Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Sparkasse weitere Millionensummen abschreiben muss", heißt es in Finanzkreisen. Andere Sparkassen beobachten das Geschehen genau, schließlich könnte eine Verschlimmerung der Situation beim größten kommunalen Schwester-Institut für sie teuer werden.

Denn alle Sparkassen haften füreinander. Um früh genug über Risiken informiert zu werden, gibt es ein Ampelsystem: Köln-Bonn steht schon lange auf der Alarmstufe rot. In der Sprache der Sparkassen heißt das, "es liegen konkrete Merkmale einer besonderen Risikolage des Instituts vor". Nun arbeiten Köln und Bonn an einer Finanzspritze von 300 Millionen Euro. Die Verzinsung muss marktüblich sein, sonst droht Ärger von den Wettbewerbshütern der EU.

Unstrittig ist, dass die Sparkasse den Strukturwandel von Köln zur Medienmetropole vorangetrieben hat. Sie holte in den 80er-Jahren RTL an den Rhein - sie knüpfte die Kontakte und räumte selbstgenutzte Immobilien. Weitere Sender wie Vox, Viva, Super RTL oder der Umzug des Nachrichtensenders n-tv von der Spree an den Rhein folgten. Mal beteiligte sich die Sparkasse - wie bei Vox, mal schob sie den Börsengang an - bei Viva, mal half sie bei der Vermittlung von Fördergeld - im Fall n-tv. Im Sog der Sender folgten weitere Unternehmen, denen die Kasse half. Davon profitierte die Stadt, in der große Industrieunternehmen geschrumpft oder weggebrochen waren.

Pläne für ein Bollywood am Rhein

Ganz anders war es im Fall MMC. Der Bau der Studios war ein Wunschprojekt der Landesregierung. Der damalige Sparkassenchef Gustav Adolf Schröder, ein SPD-Mitglied und heute Vorstand der Stiftung Ruhrkohle, pflegte gute Kontakte in die Düsseldorfer Staatskanzlei, in der damals ebenfalls die SPD regierte. Hier entstand die Idee für das Großprojekt Coloneum. Mit dem Bau eines Bollywood am Rhein sollte Köln in die Topliga der europäischen Film- und Fernsehproduktionsstandorte aufrücken.

1991 begann der Betrieb der ersten Studios, in denen derzeit unter anderem RTL "Deutschland sucht den Superstar" produziert. Bis heute hat die Sparkasse hier Geld versenkt. Profitiert hat der Erbauer der Studios, die Oppenheim-Esch-Holding. Bei mehreren Großprojekten haben die Sparkasse und die Holding zusammengearbeitet, welche die Privatbank Sal. Oppenheim und der Bauunternehmer Josef Esch gemeinsam betreiben.

Die Sparkasse geriet mit der allgemeinen Medienkrise 2004 unter Druck. Da kam die Fusion mit der Sparkasse Bonn gerade recht. Das Institut war vermögend. Allerdings waren die Lokalpolitiker der Bundesstadt ein wenig neidisch auf die aktive Rolle der Kölner. "Dies war ein wichtiger Grund, weshalb wir der Fusion zugestimmt haben", sagt ein Bonner Kommunalpolitiker rückblickend. Erst einmal lief auch alles nach Plan.

Erneute Millionenkosten für Sparkasse

So stieg die neue Metropolsparkasse als Kreditgeber beim Neubau des Kongresszentrums ein - ein Bonner Prestigeobjekt. "Das Projekt hätte die Bonner Sparkasse nicht alleine stemmen können", sagt ein Kenner. Doch mit der Freude über den Zusammenschluss ist es vorbei, seitdem die Folgekosten von alten politischen Engagements bei der Sparkasse drastisch angestiegen sind. Nun knirscht es gewaltig zwischen den beiden kommunalen Eigentümer.

Selbst der Kölsche Klüngel scheint nicht mehr reibungslos zu funktionieren. Als die Stadt dem Sender RTL in einer Nacht- und Nebelaktion im Jahr 2003 die Rheinhallen in Köln-Deutz angeboten hat, damit der wichtige Gewerbesteuerzahler nicht ins Umland abwandert, gab es zuerst eine typisch kölsche Lösung. Die Sparkasse ging ins Risiko bei dem Umbau der Hallen, in die auch der Versicherer HDI einziehen soll.

"Deswegen sollte sie freie Hand bei der Nutzung des alten RTL-Grundstücks haben", sagte ein Beteiligter. Doch als die Sparkasse kürzlich ihre Baupläne mit einer erweiterten Nutzung vorlegte, genehmigte die Stadt Köln diese überraschend nicht. "Dies kostet die Sparkasse erneut Millionen", klagt ein Bonner Lokalpolitiker. Dabei ist die Rechnung für die Sparkasse noch deutlich höher ausgefallen, da sich die Fertigstellung bis 2009 verzögert und Vertragsstrafen fällig wurden.

Unklar ist, wer die Sparkasse aus dem Schlamassel führen soll, nachdem Binkowska überraschend gekündigt hat, um zur landeseigenen NRW-Bank zu gehen. Laut dem Fusionsvertrag haben die Kölner das Vorschlagsrecht. Gute Chancen hat mit Ulrich Gröschel dennoch ein Bonner. Er ist ein Sparkassengewächs und kennt sich als Finanzvorstand hervorragend mit dem Zahlenwerk des Instituts aus. Einen Privatbanker wollen die kommunalen Eigentümer nach dem kurzen Gastspiel von Binkowska nicht mehr holen. Wann der zur NRW-Bank wechseln darf, entscheidet der Verwaltungsrat der Sparkasse am 5. August.

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