Skandal um Hypo Alpe Adria:Kärntner Klüngel

57 Prozent Rendite: Die Familie des einstigen österreichischen Finanzministers Karl-Heinz Grasser verdiente kräftig mit am fehlgeschlagenen Engagement der BayernLB bei der Hypo Alpe Adria.

Klaus Ott

Für die Milliarden, die Bayerns Landesbank bei der Hypo Alpe Adria in Österreich verloren hat, müssen die Bürger aufkommen. Die Steuerzahler tragen den Schaden, während private Investoren an dem fehlgeschlagenem Engagement der BayernLB bei der Kärntner Bank kräftig verdient haben.

Unter diesen Profiteuren befindet sich auch die Familie des ehemaligen Wiener Finanzministers Karl Heinz Grasser, eines skandalerprobten Politikers. Das belegen Unterlagen, die der Süddeutschen Zeitung und der österreichischen Zeitschrift News vorliegen. Erstmals ist damit ein früherer Spitzenpolitiker persönlich in den Bankenskandal verwickelt.

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Besonders pikant ist zudem der Umstand, dass der aus Kärnten stammende Grasser ein Vertrauter des früheren (2008 verstorbenen) dortigen Landeshauptmanns Jörg Haider war.

Für politische Zwecke benutzt

Haider hatte die Hypo Alpe Adria oft auch für politischen Zwecke benutzt, um sich seinen Wählern als Wohltäter zu präsentieren. Jetzt ist von ganz anderen Wohltaten die Rede. Grassers Familie hat 500.000 Euro in die Hypo Alpe Adria investiert, und dafür nach der Übernahme der Kärntner Bank durch die BayernLB 783.000 Euro zurück bekommen.

Das ergibt eine Rendite von immerhin 56,6 Prozent. Wer als einfacher Kunde der Landesbank dort sein Geld anlegt, bekommt weniger Zinsen.

Grassers Familie war, wie viele andere vermögende Leute, um den Jahreswechsel 2006/2007 bei der Hypo Alpe Adria mit Stammsitz in Kärntens Hauptstadt Klagenfurt eingestiegen und beim Verkauf der Kärntner Bank an die BayernLB wieder mit Gewinn ausgestiegen.

Auf der Investorenliste finden sich viele Industrielle aus Deutschland und Österreich, darunter auch manche prominente Namen, beispielsweise ein Sohn des VW- und Porsche-Großaktionärs Ferdinand Piëch und die Familie Flick.

Abschied aus der Politik

In der Liste taucht auch eine Firma namens Ferint aus der Schweiz auf, und hinter der verbirgt sich die Familie Grasser. Als die Ferint Ende 2006 Anteile an der Hypo Alpe Adria zeichnete, war Grasser noch Finanzminister in Österreich.

Als später, nach dem lukrativen Verkauf dieser und anderer Anteile an die BayernLB, das eingesetzte Geld samt dem satten Gewinn zurückfloss, hatte sich der gelernte Betriebswirt bereits aus der Politik verabschiedet. Dass in der Investorenliste nur die Firma Ferint genannt ist, legt die Vermutung nahe, Grasser habe mit seiner Familie bei dem Geschäft nicht selbst in Erscheinung treten wollen

"Sehr geehrter Herr Minister"

Das hätte wegen seines Regierungsamtes zu unangenehmen Diskussionen führen können. Und auch die Familie, die offiziell kassierte, ist womöglich nur vorgeschoben. Eingefädelt wurde das profitable Engagement bei der Hypo Alpe Adria nämlich von Grasser selbst, ausweislich einer E-Mail vom 22. Dezember 2006.

An diesem Tag ließ die Firma des Vermögensverwalters Tilo Berlin, der das alles geplant und abgewickelt hatte, dem Minister die Unterlagen zukommen. Im Auftrag von Berlin übermittele man hiermit den Zeichnungsschein für die Beteiligung an der Hypo Alpe Adria und den dazugehörigen "Genuss-Schein", schrieb die Vermögensverwaltung.

Kein Kommentar

Grasser möge bitte alles unterschreiben und den vereinbarten Betrag auf das in der E-Mail genannte Konto überweisen. Gerichtet war diese Botschaft nicht an den Privatmann Grasser. Die Anrede lautete vielmehr: "Sehr geehrter Herr Minister."

Grassers Anwalt Manfred Ainedter sagt dazu, seine Mandant habe nicht im eigenen Namen gehandelt, sondern für die Firma Ferint. Auch sei Grasser an diesem Geschäft nicht persönlich beteiligt gewesen, die Firma Ferint sei seinem Mandanten "wirtschaftlich nicht zuzurechnen".

Ainedter will nicht einmal bestätigen, dass Grassers Familie hinter Ferint steht und profitiert hat. "Dazu gebe ich keinen Kommentar ab."

Auch Tilo Berlin und dessen Vermögensverwaltung äußern sich nicht. Gegen Berlin ermittelt die Münchner Staatsanwaltschaft wegen Beihilfe zur Untreue. Die BayernLB soll bei der Übernahme der Hypo Alpe Adria geschädigt worden sein.

Die Staatsanwaltschaft geht dem Verdacht nach, Berlins Investorengruppe hätte bei dieser Übernahme gar nicht dazwischen geschaltet werden müssen. Die dabei angefallenen Gewinne wären somit, zumindest teilweise, illegal gewesen, sollte sich dieser Vorwurf bestätigen. Berlin weist allerdings jeglichen Verdacht zurück und beteuert, er habe alle Vorschriften beachtet und sich nichts zu Schulden kommen lassen.

Wiederholt in Affären verwickelt

Grasser hatte in der FPÖ an der Seite von Parteichef Haider Karriere gemacht und war im Jahr 2000 Finanzminister in Wien geworden. Später trat Grasser aus der FPÖ aus und stand der ÖVP nahe.

Während seiner Amtszeit als Minister war er wiederholt in Affären verwickelt. Anfang 2007 ging er in die Privatwirtschaft. Jetzt wird er, wie alle Beteiligten, von der Vergangenheit eingeholt. Die vielen Altlasten in diesem Bankenskandal lassen niemanden ungeschoren. Die Hypo Alpe Adria gab am Donnerstag ihr Ergebnis für 2009 bekannt: 2,6 Milliarden Euro Verlust.

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