Nachfolger von Strauss-Kahn beim IWF:Konkurrenz für Lagarde

Die Schwellenländer bereiten ihre Gegenkandidatur für die IWF-Nachfolge vor. Sie wollen nicht akzeptieren, dass die Europäer und die Amerikaner den Posten unter sich aushandeln. Nun bringt sich ein Kandidat ins Rennen, der den bisherigen Proporz ziemlich durcheinander bringen könnte.

Nikolaus Piper

Die französische Finanzministerin Christine Lagarde könnte Konkurrenz bekommen bei ihrer Kandidatur für das Amt des Generaldirektors des Internationalen Währungsfonds (IWF). Nach amerikanischen Medienberichten versucht der Präsident der mexikanischen Zentralbank, Agustin Carstens, derzeit möglichst viele Entwicklungs- und Schwellenländer hinter sich zu bringen.

Bank of Israel Governor Stanley Fischer enters his office for an interview with Reuters in Jerusalem

Stanley Fischer in seinem Büro in Jerusalem.

(Foto: REUTERS)

Als Kandidat gilt weiter der südafrikanische Ex-Finanzminister Trevor Manuel. Als Kompromisskandidat halte sich der Präsident der Zentralbank von Israel, Stanley Fischer, bereit, schreibt das Wall Street Journal. Der Posten an der Spitze des IWF war nach dem Rücktritt des Amtsinhabers Dominique Strauss-Kahn frei geworden. Der französische Politiker wird in New York wegen der versuchten Vergewaltigung eines Zimmermädchens angeklagt.

Nach den ungeschriebenen Regeln des Fonds steht das Amt des IWF-Direktors immer einem Europäer zu, während der Präsident der Weltbank aus den Vereinigten Staaten kommen muss. Die meisten Mitglieder des Fonds halten diese Absprache für überholt und fordern ein offenes Auswahlverfahren, bei dem auch Kandidaten aus Entwicklungs- und Schwellenländer eine Chance haben. Trotzdem versuchen die Europäer jetzt mit der allgemein anerkannten Politikerin Christine Lagarde noch einmal ihre Position zu wahren.

Die westeuropäischen Mitglieder haben im Verwaltungsrat des IWF zusammen ein Stimmgewicht von 35 Prozent. Sie sind auf die Unterstützung der USA angewiesen, wenn sie Lagarde durchbringen wollen. Die Kandidaten Agostin Carstens und Manuel Trevor genießen international hohes Ansehen. Wichtig wird sein, wie viele Länder sie im Vorlauf der Abstimmung hinter sich bringen können. Eine Sonderrolle spielt dabei der Kandidat Stanley Fischer aus Israel.

Fischer gilt als einer der erfahrensten Zentralbanker und Ökonomen der Welt. Von 1994 bis 2001 war er bereits Vizechef des IWF und verantwortete dabei die umstrittene Politik des Fonds in der Asienkrise. Zuvor arbeitete er als Chefökonom der Weltbank. Würde Fischer nach Washington zurückkehren, stünde er für einen Rechtsruck, weil er sich, anders als Strauss-Kahn, eher an die orthodoxen Regeln des Fonds halten würde.

Fischer hat zwei Probleme: Er ist bereits 67 Jahre - der Direktor soll laut Statut aber bei Amtsantritt nicht älter als 65 sein. Und dann ist er geographisch nicht so klar einzuordnen. Geboren wurde er in Afrika, im heutigen Zambia, er ist Israeli, hat aber auch, was die Sache kompliziert macht, einen amerikanischen Pass. Damit würde er jeden Proporz in Washington stören.

Die Kandidaten müssen ihre Bewerbung vom Fonds bis zum 10. Juni abgegeben haben. Dann erstellt der Fonds eine "Short List" mit drei Namen, die dann zu Interviews eingeladen werden. Die endgültige Abstimmung, bei der dann die Anteile der 187 Mitglieder am Kapital des Fonds entscheidend sind, findet am 30. Juni statt.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: