Krisenbank WestLB:Geier über Düsseldorf

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Wende kurz vor Fristende: Offenbar gibt es doch noch einen Kaufinteressenten für die angeschlagene WestLB. Wie sind die Interessen der Beteiligten? Ein Überblick.

B. Dörries, H. Einecke, M. Hesse und C. Hulverscheidt

Ein halbes Jahr ist es her, da halste sich Friedrich Merz eine Aufgabe auf, die mancher als unlösbar ansieht. Er wurde Veräußerungsbeauftragter für die WestLB. Jetzt schlägt für Merz die Stunde der Wahrheit. Interessenten für die schwer angeschlagene Landesbank sollten bis Montag ihre Angebote vorlegen - und es gab eine Überraschung: Merz teilte mit, es sei "eine Reihe von Angeboten zum Erwerb der Bank eingegangen".

Wie geht es weiter mit der WestLB? Noch ist deren Zukunft offen. (Foto: dapd)

Nähere Angaben machte Merz nicht, nach Informationen der Süddeutschen Zeitung aus Finanzkreisen gibt es jedoch sowohl Interessenten für Teile, als auch für die gesamte Bank. Noch am Wochenende hatte es geheißen, ein Komplettverkauf sei nahezu aussichtslos. Neue Milliardenauflagen der EU machten eine Übernahme der WestLB unattraktiv. Brüssel fordert von der Bank, sie müsse 3,4 Milliarden Euro an Beihilfen zurückzahlen oder ein Konzept vorlegen, das ihr Überleben in deutlich geschrumpfter Form sichert.

Merz hatte sich deshalb darauf eingestellt, die WestLB in Teilen verkaufen zu müssen. Dies wollte er den im Lenkungsausschuss der Bank vertretenen Eigentümern, also dem Land Nordrhein-Westfalen, den NRW-Sparkassen sowie dem Bund, am Montagnachmittag in Düsseldorf erklären.

Zudem wurde diskutiert, wie die Bank für die Übergangszeit bis zur Zerschlagung oder dem Verkauf abgesichert werden kann. Eine weitere Krisensitzung des Ausschusses findet am Donnerstag statt, er soll dann die Angebote auswerten. Doch die Interessen der Beteiligten gehen auseinander. Hier ein Überblick.

Die Landesregierung

Wenn man bei der Düsseldorfer Landesregierung offiziell nachfragt, was man sich denn vorstelle für die Zukunft der WestLB, wird immer noch auf den Koalitionsvertrag verwiesen, so als ob sich die Wirklichkeit danach zu richten habe. In der rot-grünen Vereinbarung vom vergangenen Sommer steht, dass die Fusion oder Integration der WestLB mit oder in eine anderen Landesbank höchste Priorität genieße.

Die Hoffnung darauf war aber schon vor einem halben Jahr sehr gering, und mittlerweile gibt es in der Landesregierung kaum noch jemanden, der wirklich daran glaubt. Auch rechnet niemand mehr damit, dass noch ein Investor aus dem Nichts auftaucht.

Vielmehr wächst die Sorge, dass sich die WestLB zu einer größeren Baustelle dieser bisher noch recht reibungsarm agierenden Minderheitsregierung entwickelt. Sie hat in den Nachtragshaushalt 2010 eine Rücklage von 1,3 Milliarden Euro eingestellt, für die Risiken der WestLB. Was eine Zerschlagung kosten würde, an Geld und an Arbeitsplätzen, wagt man bisher kaum zu rechnen. Letzte Hoffnung der Landesregierung ist deshalb ein Engagement der Sparkassen bei der WestLB.

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:"Wer es nicht schafft, wird fertig gemacht"

Die Bank als Drückerkolonne: Immer häufiger werden Banker offenbar gedrängt, bestimmte Produkte zu verkaufen. Berichte aus der "Vertriebshölle".

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Die NRW-Sparkassen

Die 108 Sparkassen in Nordrhein Westfalen brauchen definitiv eine Landesbank. Deshalb favorisieren sie den Verbleib der WestLB im Landesbanken-Sektor, also den Teilverkauf an andere Landesbanken oder deren Eigentümer. Die für sie wichtige Kernbank soll eine Bilanzsumme von 60 Milliarden Euro umfassen, knapp ein Drittel der aktuellen Bank. Eine Abwicklung der übrigen Teile durch den Rettungsfonds Soffin wird von den Realos der Sparkassenszene nicht ausgeschlossen, falls es keine Interessenten gibt.

Die Bundesregierung

Der Bundesregierung geht es in den Verhandlungen vor allem darum, dass sie möglichst keine weiteren finanziellen Verpflichtungen übernehmen muss und dass der Finanzplatz Deutschland insgesamt keinen Schaden nimmt. "Uns interessiert weniger der Weg, den die WestLB-Eigentümer wählen, als vielmehr das Ergebnis", hieß es in Regierungskreisen. Notfalls kann man sich in Berlin auch eine Abwicklung kleinerer Geschäftsbereiche vorstellen, solange diese nicht für das Funktionieren des gesamten Finanzsystems notwendig sind und sich kein Käufer für sie findet.

Der deutsche Sparkassenverbund

Der Verbund hält sich im Poker um die WestLB offiziell bedeckt. Die Düsseldorfer Landesbank könne ein Teil der Sparkassen-Finanzgruppe bleiben, wenn sie mit anderen Landesbanken fusioniere oder in Teilen verkauft werde, ist zu hören. Bei einem kompletten Verkauf sei eine Trennung die logische Folge.

Die Bieter

Die Chance auf ein Schnäppchen hat offenbar kurz vor Toresschluss doch noch Kaufinteressenten für die Düsseldorfer Landesbank angelockt. Bisher hatte es nur geheißen, Finanzinvestoren wie Blackstone seien am Kauf der Tochter Westimmo interessiert. Auch die Aareal Bank galt als Interessent dafür, hatte aber im Herbst abgewunken. Nun sind aber offenbar zumindest zwei Angebote für die gesamte WestLB eingegangen. Unklar war bis zuletzt, ob es sich um Finanzinvestoren handelt oder um ausländische Banken. Inländische Bieter galten als unwahrscheinlich.

© SZ vom 11.01.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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